Bei der Gedenkveranstaltung in Kippenheim sang der Chor der Großen Synagoge von Straßburg. Foto: Decoux-Lone Foto: Lahrer Zeitung

Gedenkveranstaltung: Rund 130 Teilnehmer in Kippenheim / Warnung vor neuem Antisemitismus

Die Botschaft der Reden bei der ersten grenzüberschreitenden Gedenkveranstaltung für die Opfer der Shoah (hebräisches Wort für Holocaust) in Schmieheim und Kippenheim war eindeutig: Erinnerungskultur ist heute mehr denn je vonnöten.

Kippenheim. Die zweistündigen Gedenkveranstaltung hätte eigentlich zur Gänze auf dem jüdischen Friedhof in Schmieheim stattfinden sollen. Dort konnten wegen des Regens aber nur die Namen der Konzentrationslager, in denen Menschen jüdischen Glaubens ermordet wurden, verlesen und das Kaddisch als Gebet zum Gedenken an die Opfer der Shoah gesprochen werden. Der überwiegende Teil des Programms fand in der ehemaligen Synagoge in Kippenheim statt.

Gekommen waren zahlreiche Mitglieder und offizielle Repräsentanten von Religion und Politik auf beiden Seiten des Rheins. Es war ein bunt gemischtes Bild, das die Mitglieder der verschiedenen Gemeinschaften boten. Zu sehen waren zum Beispiel Männer im traditionellen religiösen Habit mit hohem Hut und schwarzem Anzug, Frauen und Männer in Alltagskleidung sowie Mitglieder und Vertreter der egalitären Bewegung – vereinzelt sah man Frauen als Vertreter der letztgenannten mit Kippa auf dem Kopf; das Tragen der Kopfbedeckung ist sonst nur Männern vorbehalten. Nicht alle der rund 130 Besucher fanden in der ehemaligen Synagoge einen Sitzplatz.

Warum Juden aus Straßburg und dem Gebiet Oberrhein zur Gedenkveranstaltung nach Kippenheim und Schmieheim gekommen waren, liegt auch in persönlichen und verwandtschaftlichen Beziehungen begründet. Viele Juden, die sich vor 200 bis 300 Jahren in der Region niederließen, kamen aus dem Elsass. Einen geschichtlichen Abriss jüdischen Lebens auf beiden Seiten des Oberrheins gab der Erste Landesbeamte des Ortenaukreises, Nicolas Stoermer, der auf die enge Verbindung jüdischer Gemeinden aus der Ortenau und dem Elsass hinwies.

Bitte, die Namen der Opfer zu ergänzen

Francis Levy etwa fühlt sich mit der Region "persönlich verbunden", Vorfahren von ihm sind in Schmieheim begraben. Dort ruhen nicht nur Verstorbene aus Kippenheim, sondern auch aus Rust, Ettenheim, Lahr und Altdorf. Deshalb bat er darum, die Gedenktafel an der ehemaligen Synagoge in Kippenheim mit den Namen der jüdischen Opfer aus Kippenheim um die der Ermordeten aus den genannten Gemeinden zu erweitern.

Oberrabiner Fiszon von Metz und Moselle/Elsass kann sich gut vorstellen, wie in Kippenheim früher Gottesdienste gefeiert wurden, und vermisste schmerzlich diejenigen, die der Shoah zum Opfer fielen. Bürgermeister Matthias Gutbrod erinnerte daran, wie man in Kippenheim gut 40 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs begann, sich mit der Geschichte auseinanderzusetzen. "Wir haben unser Erbe angenommen", sagte er mit Verweis auf den Friedhof, die Restaurierung des früheren Gotteshauses, Besuche ehemaliger jüdischer Bürger sowie dem Verlegen von Stolpersteinen. Im Oktober sollen Nachfahren von Fanny und May Valfer, die am 20. Oktober 1940 nach Gurs deportiert wurden, in Kippenheim auf Spurensuche gehen.

"Innehalten und sich erinnern" bedeutet für die deutsche Konsulin Marianne Therre-Mano die ehemalige Synagoge. Was früher in Deutschland passierte, dürfe nie wieder vorkommen. Es würden aber wieder Hetzreden gegen Juden gehalten und Menschen auf der Straße angepöbelt. Es gelte, wachsam zu sein und Werte zu verteidigen, so die Konsulin. "Wir müssen der Jugend klarmachen, was damals geschah", sagte Bruno Fiszon.

Krais: Gebäude als Mahnung

Für Gutbrod war das Gedenken am Sonntag auch ein Zeichen des Zusammenstehens von Deutschen, Franzosen, Juden, Christen und Muslimen gegen Antisemitismus und Rassenwahn.

Erinnerungskultur und die Arbeit daran bezog der stellvertretende Vorsitzende des Deutsch-Israelischen Arbeitskreises, Robert Krais, in seiner Rede nach der Gedenkveranstaltung auch konkret auf die ehemalige Synagoge. "Dieses Gebäude soll uns auf den neu aufkommenden Antisemitismus aufmerksam machen."

Organisiert wurde die Gedenkveranstaltung von Patrick Blum, Präsident der Gesellschaft zur Erhaltung des jüdischen Friedhofs in Ettendorf, und Francis Levy, Ehrenpräsident des Konsistoriums Straßburg und Oberrhein, beide aus Straßburg. Involviert waren auch die Gemeinde Kippenheim, der Deutsch-Israelische Arbeitskreis und der Förderverein der ehemaligen Synagoge. Mitwirkende am Sonntag waren Kantor Jonathan Blum und der Chors der Großen Synagoge von Straßburg, die das Gedenken musikalisch begleiteten.