Die Vorlage immer vor Augen: Gerhard Rieder legt letzte Hand an eine Narrenmaske. Foto: Schnabl Foto: Lahrer Zeitung

Porträt: Gerhard Rieder schnitzt Narrenmasken / 77-jähriger Kenzinger ist ein Meister seines Fachs

Ein Besuch bei Gerhard Rieder, pensionierter Lehrer und passionierter Maskenschnitzer, ist beeindruckend. Einmal das Treppenhaus hoch und runter – und der Besucher wird von einer Vielzahl meisterhafter Masken angestarrt.

Kenzingen. Insgesamt sogar mehr als 1000 Larven hat Rieder bisher in seiner Werkstatt angefertigt. Und die Anfragen werden nicht weniger. Hauptabnehmer sind die Zünfte. "So um die 25 Auftraggeber werden es schon sein", sagt er, während er einen Rohling in die Hobelbank einspannt. Bereitwillig erzählt er über den Entstehungsprozess vom kantigen Lindenklotz bis zur fertigen, grimmig dreinschauenden Narrenmaske.

Rieder berichtet, dass er das Maskenschnitzen auch erst lernen musste. 1973 sei ihm zum Beispiel bei einem Auftrag der Endinger Jockele ein Fauxpas unterlaufen. Rieder schwingt den Holzhammer und deutet sein damaliges Malheur an: Quer zur Holzmaserung verunstaltete der Meisel das Erstlingswerk, das anschließend im Ofen entsorgt wurde. Indes – der Fehlschlag motivierte, Rieder lernte hinzu und avancierte vom Anfänger zum Profi. Auf 70 verschiedene Entwürfe beansprucht er mittlerweile das Copyright.

Noch wirkt der Quader wie ein Stück Holz. Mit dem sogenannten Schnitzbeitel bearbeitet der Könner das eingespannte Gehölz, bis es eine furchterregenden Fratze zeigt. Vom Hohlblock bis zum letzten Farbtupfer liegen um die zwölf Stunden Arbeit.

Eine daumengroße Warze muss auf die Stirn, auch ein tief unter dem Auge liegendes Muttermal unterstreicht die "gruselige" Wirkung der Maske. Je mehr Wangenfalten, desto grässlicher – und das Kinn darf ruhig extrem spitz ausfallen. Rieder schert sich nicht um die Knigge’schen Benimmregeln: Er bohrt bewusst in der Nase, denn der Maskenträger braucht bei seinem Treiben Luft zum Atmen. Auch das Gebiss erfordert seine ganze Aufmerksamkeit: Das Beißwerkzeug der Maske gestaltet er lückenhaft und brüchig bis in die hinteren Kieferpartien.

Je mehr das Konterfei abschreckt, desto mehr sieht der 77-Jährige seine Arbeit als gelungen an. Doch er gestaltet natürlich auch Narrenmasken mit freundlicher Anmutung – ganz, wie es gewünscht wird.

Die letzten Nuancen werden durch die Farbgebung erzielt. Dazu wird aufgeschwemmte Pulverfarbe mit offenporigem Schutzmittel vermengt und aufgebracht. Das kostet Zeit, die Farbe soll aber auch nicht zu schnell trocknen, damit noch Korrekturen im Teint möglich sind.

Eine gebrochene Nase heilt schnell mit Leim

Derzeit hat Rieder Fastnachtsferien – bis in den September. Doch die Zeit nutzt er für Reparaturen von Masken. Eine gebrochene Nase heilt schnell mit Leim, der Riss im Kopf auch. Das schüttere Haar bekommt Rosshaar eingebohrt, während die Augenpartie geschwärzt wird.

Das läuft in der Üsenbergstraße alles nebenbei. Zur Abwechslung geht Rieder beim Gegenstand seiner Arbeit auch mal fremd. Ein Duzend Schaukelpferdchen stehen in seinem "Stall", von denen er kürzlich wieder eines der neuen Kindertagesstätte Franziskanergarten vermacht hat. Auch Reliefarbeiten führt er in seinem Sortiment. Im Auftrag des Flurbereinigungsamts hat er außerdem Wander- und Orientierungstafeln bis zu einer Größe von zwei auf zwei Meter gefertigt.

Auf die Frage, ob bei so viel akribischer wie zeitintensiver Arbeit noch Zeit bleibt, selbst die Welle-Bengel-Fasnet mitzuerleben, lächelt Gerhard Rieder. Den Kappenabend lässt er sich ebenso nicht entgehen wie den örtlichen Umzug. Die aktive Fasentteilnahme überlässt Rieder seiner Frau Mathilde, die bei den Schnurrwiebern mitmischt.