Der Bauhof verlegte vor gut vier Wochen sechs Pflasterquader vor dem Rathaus. Oben schimmert rötlich der vermeintliche Favorit beim Bürger-Voting, die Nummer sechs. Foto: Schnabl Foto: Lahrer Zeitung

Straßenbelag: Denkmalpflege-Beauftragter sieht das neue Pflaster als Bedrohung für die historische Altstadt

Die Innenstadt Kenzingens soll im Rahmen einer umfänglichen Sanierung mit Natur- oder Betonsteinpflaster ausgestattet werden. Doch es gibt auch Stimmen, die sich grundsätzlich gegen den einen solchen "dimensionalen Eingriff" wehren.

Kenzingen. Sechs Muster platzierten Bauhof-Mitarbeiter vor dem Rathaus-Portal. Der Gemeinderat begutachtete die Vierecke, deren Materialien aus Steinbrüchen Portugals und Polens stammen. Allesamt eignen sie sich für die Fahrbahndecke und die Gehwege, betonte Bürgermeister Matthias Guderjan. Die Pflaster sind aus Beton mit Natursteinvorsatz und aus Granit. Um ein völlig wertfreies Meinungsbild sicherzustellen, wurden lediglich Vorzüge und Beschaffenheit bekannt gegeben. Preise hingegen wurden nicht veröffentlicht. Neben dem Gemeinderat hatte die Verwaltung auch die Bürger Kenzingens an der Entscheidung beteiligt. Diese konnten ihr Votum im Internet abgegeben. Mehr als 300 Rückmeldungen gingen ein.

Hans-Jürgen van Akkeren jedoch blickt mit Sorge auf das Geschehen ums neue Pflaster. Er ist ehrenamtlicher Beauftragter der archäologischen Denkmalpflege in Baden-Württemberg und sieht das Altstadtbild Kenzingens durch das neue Pflaster gefährdet.

Kenzingen genießt im Bundesland einen Sonderstatus, ist eine von zehn Städten, deren Altstadt komplett unter Denkmalschutz steht. Ein solches Privileg sollte man nicht leichtfertig auf Spiel setzen, gibt van Akkeren zu bedenken und verweist auf die Bestimmungen der Satzung. Es gibt eindeutige Vorschriften für Eigentümer von Privatgrundstücken zur Gestaltung und Erhaltung des Altstadtbildes. Daraus, dass für das neue Pflaster auch Beton zur Auswahl steht, lässt sich für van Akkeren jedoch die Vermutung ableiten, dass der Stadtverwaltung wenig am Erhalt des Altstadtbilds liegt.

Der Charakter der historischen Einmaligkeit gehe gänzlich verloren, kritisiert der Hobby-Archäologe und verweist auf einen Passus in der Satzung, der unter anderem von Rücksicht auf den historischen Baubestand die Rede ist sowie von heimischen Gestaltungsmerkmalen und -regeln, die die Besonderheit und Atmosphäre der Altstadt prägen sollen.

Bauamtsleiter widerspricht Vorwürfen

Kenzingens Bauamtsleiter Wolfram Müller widerspricht diesen Vorwürfen van Akkerns jedoch heftig: "Der Pflasterbelag ist noch gar nicht festgelegt, neben Betonsteinen steht etwa auch gefegter Granit als Naturstein zur Auswahl – und es gibt auch durchaus Stimmen im Gemeinderat, die andere Pflasterbeläge als Beton bevorzugen. Gemeinderat und Bauamt sind sich durchaus der Verantwortung und der Verpflichtung bewusst, die sie gegenüber historische Altstadt haben", erklärte er gegenüber unserer Zeitung. Müller betonte zudem, dass man wegen dem neuen Pflaster zudem mit der Denkmalschutzbehörde Rücksprache halte.

Für den 12. Juli hat Bürgermeister Matthias Guderjan eine Sondersitzung des Gemeinderats einberufen, in der über das neue Pflaster diskutiert werden soll. Bereits bei der Klausurtagung in Bombach hatte sich der Rat eingehend damit befasst.

Die Umfrageergebnisse der Bürger im Internet waren breit gestreut. Jedes der sechs Modelle konnte mehr als zehn Prozent auf sich vereinen. In der Gunst der Bürger lag die Variante sechs, ein rötlicher Naturstein mit anthrazitfarbener Einfassung vorn, der mehr als ein Viertel aller Stimmen auf sich vereinigte. Die Alternativen, das alte Pflaster wiederzuverwenden oder keines der Muster zu wählen, spielten keine Rolle bei der Sondierung.