Die Störche sind zurück in Kenzingen. Allerdings ist es ein neues Storchenpaar, das derzeit das Nest auf dem Kenzinger Narrenmuseum nutzt. Foto: Hoffmann

Tierwelt: In Kenzingen brütet seit Kurzem ein Paar, Abriss eines Schornsteins hatte für Wirbel gesorgt

Kenzingen - Das dürfte viele Kenzinger freuen: Es brüten wieder Störche in der Üsenbergerstadt. Doch es ist nicht das altbekannte Storchenpaar, das sich aktuell auf dem Narrenmuseum niedergelassen hat. Jahrelang hatten auf dem Fabrikschornstein des ehemaligen Coats-MEZ-Gelände ("Kaiserhöfe") Störche gebrütet. Unter dem malerischen Namen "Im Storchengarten", mit dem die "Unmüssig Bauträgergesellschaft Baden" wirbt, sollen dort nun neue Wohnungen entstehen. Dafür musste allerdings der Schornstein samt Nest weichen, was aus Sicht vieler Kenzinger nicht ganz optimal abgelaufen ist. Eigentlich hatte die Stadt zur Auflage gemacht, dass dieser erst abgerissen werden dürfte, wenn ein Ersatzstandort in der Nähe aufgestellt worden wäre. Die Baugesellschaft hatte daraufhin jedoch beim Regierungspräsidium eine Ausnahmegenehmigung erwirkt. So war der Turm bereits Mitte September vergangenen Jahres abgerissen worden, das Ersatznest hatte jedoch erst bis Februar stehen müssen.

Beim Abriss waren bei vielen Kenzingern, vor allem bei den "Nachbarn der Störche", die Emotionen hochgeschlagen, als sie gesehen hatten, wie "ihr" Storch zuerst mit Wasser vom Nest aufgescheucht worden war, bevor der Schornstein abgerissen wurde. Storchenexperte Wolfgang Hoffmann hatte jedoch damals schon beruhigt: Die Störche benötigten ihr Nest erst wieder im Frühjahr zur Aufzucht ihrer Jungen. Sollte bis dahin der Ersatzstandort stehen, wären die Chancen also gut, dass die Störche wieder kommen würden. Tatsächlich wurde den Störchen fristgerecht an anderer Stelle des Baugebiets ein Mast mit einer Konstruktion fürs Nest angeboten. Für diesen hatten einige örtliche Vogelschützer unter Leitung von Richard Krogull-Raub und Hoffmann eine Nisthilfe vorbereitet.

Allerdings gingen die Meinungen, wie schön die neue Nisthilfe war, bei dem zurückgekehrten Storchenmännchen und seiner Partnerin offensichtlich auseinander. Seine Partnerin kam später an, als er, und schien mit der neuen Nisthilfe auch ganz zufrieden. Doch das Männchen, das in der Region überwintert hatte, hatte aber bei seinen Erkundungsflügen bereits einen neuen Standort ins Auge gefasst. Er hatte eine der höchsten Kuppeln der östlichen Altstadt als neues Zuhause auserkoren: den Dachfirst der Oberrheinischen Narrenschau.

Nicht ganz unpassend, hatte die Welle-Bengel-Narrenzunft doch den Klapperstorch im diesjährigen Fastnachtsmotto "Dr’ Schtorch isch weg, welch böses Ome, jetz fehlt uns ball dr’ Narresome", für ihre Nachwuchssorgen zur Verantwortung gezogen. Als der Storch dann auf dem Narrenmuseum zu bauen begann, war damit der Standort-Streit zwischen den Storchenpartnern entschieden und die Partnerin zog mit.

Weibchen trägt fanzösischen Ring

Dann passierte es: Das Männchen landete am 9. März beim Sägewerk an der Bahnlinie auf einem Strommast mit nicht isolierten Leitungen, verursachte einen Kurzschluss und war tot. So eine Änderung wird von anderen Störchen sehr schnell bemerkt – und ein anderes Paar nutzte die Chance, das nun freie Nest auf dem Narrenmuseum zu besiedeln. Ein Storch mit grünem Ring war schon Tage zuvor beobachtet worden.

Am 13. März fotografierte der Ettenheimer Storchenbetreuer Wolfgang Hoffmann dann zwei Störche kopulierend auf dem Nest auf dem Narrenmuseum. Dabei konnte er auch die Ringnummern ablesen. Das Weibchen trägt einen französischen, grünen Ring. Es ist also ein neues Weibchen. Es sei das erste Mal, dass er einen solchen Ring sehe, erklärte Hoffmann im Gespräch mit unserer Zeitung. Zwar seien französische Störche in der Region keine Seltenheit. Die grünen Ringe würden jedoch ausschließlich von einer speziellen Gruppierung rund um Kinzheim verwendet.

Zuletzt brütete das Weibchen vergangenes Jahr auf der Kirche in Riegel, auch im Jahr zuvor war es bereits in der Region gesichtet worden, wo genau es sich zuvor aufgehalten habe, sei aber ungeklärt. Das neue Männchen trägt einen schwarzen Ring, der es als 2015 in Legelshurst geschlüpft identifiziert.

Was aus dem alten Weibchen geworden ist, ist unklar. Bislang hat es Hoffmann noch nicht wiedergesichtet. Er geht jedoch davon aus, dass es sich gerade auf Partnersuche befindet. Vielleicht wird man es also bald wieder sehen.

Unterwegs mit dem Teleobjektiv

Strochenbetreuer Wolfgang Hoffmann ist zurzeit mit seiner Kamera mit Teleobjektiv unterwegs, um alle Brutpaare und deren Ringnummern in seinem Betreuungsgebiet vom nördlichen Breisgau bis Lahr zu erfassen. So hat er auch festgestellt, dass das Paar, das seit wenigen Wochen auf dem Lahrer Storchenturm zu beobachten ist, dasselbe ist wie im vergangenen Jahr (wir berichteten). Gewissheit gibt es zumindest beim Männchen. Denn es trägt einen Identifizierungring, der ihm einst als Jungvogel in Griesheim angelegt wurde. Das Weibchen trug vergangenes wie auch dieses Jahr wieder keinen Ring; trotzdem geht Hoffmann davon aus, dass auch das Weibchen dasselbe ist wie 2019. Denn die Fachleute sagen: Die Nestbindung ist stärker als die Partnerbindung. So finden die Partner wieder zusammen, auch wenn sie im Winter getrennte Wege geflogen sind.