Innenminister Thomas Strobl (Mitte) bekam für die Aufnahme französischer Corona-Patienten von Jean Rottner, Präsident der Region Grand Est (rechts), eine an Ministerpräsident Kretschmann adressierte Dankesurkunde. Foto: Armbruster/Braun

Die Straßburger Tram fährt seit Montag wieder bis zum Kehler Rathaus.

Kehl - Drei Monate lang blieb für viele nur der Blick über den Rhein – nun ist die Grenze wieder offen. Vor allem in Kehl ist die Erleichterung groß: Innenminister Thomas Strobl und französische Kollegen machten sich direkt vor Ort ein Bild.

Der Alltag scheint ganz schnell wieder in die Grenzstadt einzuziehen: Die Tram fährt in enger Taktung, über die Rheinbrücken strömen wieder Menschen und die Parkplätze der Einkaufsläden sind voller Autos mit französischen Kennzeichen. Doch einfach so, als wäre nichts gewesen, ist es nicht: Es werde kein Alltag nach Corona, "sondern ein Alltag mit Corona sein", mahnt der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl am Montagnachmittag. "Wir haben es dank schwieriger und harter Maßnahmen geschafft, die Pandemie ein Stück zurück zu drängen." Der Virus sei jedoch noch nicht besiegt, es handele sich nur um ein Etappenziel. Die Maßnahmen seien eine harte Belastungsprobe für Deutsche und Franzosen gewesen.

"Die Schlagbäume zerstörten Freundschaften und Beziehungen", bekennt der Minister, die Grenzschließung sei aber nötig gewesen. Denn "mit diesen Maßnahmen haben wir Leben gerettet." Trotzdem, der Schmerz über die zunächst einseitige Grenzschließung ist noch nicht vergessen. So kam der Minister um die ein oder andere scharfe Nachfrage französischer Medienvertreter auch nicht herum: "Machen Sie die Grenzen wieder zu, sobald wir wieder eine Pandemie haben?", wollte die Vertreterin einer großen Tageszeitung wissen. Eine klare Antwort blieb der Minister schuldig.

Jetzt müsse man schauen, dass die Infektionszahlen niedrig bleiben. Andere wollten wissen, weshalb die Grenze so lange geschlossen blieb, jemand störte sich an Strobls "harten Worten" bezüglich des Einkaufsverbots für Pendler. Für Kehls OB Toni Vetrano sind Straßburg und seine Stadt sowieso längst zusammengewachsen: "Wir sind keine Nachbarn mehr, wir haben uns längst einen gemeinsamen Lebensraum geschaffen!", betont der Rathauschef trotz aller Dankbarkeit für das offene Ohr der Landesregierung in der Krise. Für ihn sei die Zusammenarbeit mit den französischen Kollegen lange nicht mehr grenzüberschreitend, sondern nur rheinübergreifend gewesen. "Das Schließen der Grenze war für uns undenkbar geworden und doch geschah es", brachte es Vetranos Straßburger Kollege Roland Ries auf den Punkt. "Wir treffen uns heute, um zu sagen, dass wir angesichts von Widrigkeiten niemals wieder nationalistischen Reflexen nachgeben dürfen", so der scheidende Straßburger Rathauschef.

Die Straßburger Tram fährt seit Montag wieder bis zum Kehler Rathaus und kehrt – nach drei Monaten – zu ihrem Normalbetrieb aus Vor-Corona-Zeiten zurück. Vom 15. Juni an dürfen wieder alle Sitze in der Tram genutzt werden; die Abstandsmarkierungen auf dem Boden dienen nur noch der Orientierung der Fahrgäste, teilt die Stadt Kehl mit. Die Maskenpflicht bleibt jedoch bestehen; in Straßburg gilt sie auch auf den Bahnsteigen. Nachdem der Betrieb der Tram von der Grenzschließung am 16. März bis zum 26. Mai komplett eingestellt war, konnte sie danach wieder bis zum Bahnhof fahren.