Freigängerkatzen müssen kastriert werden, hat der Lahrer Gemeinderat am Montag beschlossen. Foto: Pixabay

Der Gemeinderat hat eine Katzenschutzverordnung für Lahr beschlossen. Dadurch werden Halter zur Kennzeichnung und Kas-tration von Freigängertieren verpflichtet. Das soll das Tierheim entlasten, dessen Katzenhaus aus allen Nähten platzt.

Lahr - Während glückliche Tierhalter Fotos und Videos von ihren Lieblingen in sozialen Netzwerken posten, leiden freilebende Streunerkatzen, die auf sich allein gestellt sind. Sie sind häufig krank und abgemagert, dabei weder geimpft noch kastriert. Vergrößert wird das Leid der Tiere durch ihre hohe Fortpflanzungsrate. Das weiß niemand besser als Martin Spirgatis. Der Vorsitzende des Tierschutzvereins nahm als Zuhörer an der Ratssitzung teil und freute sich über die beschlossene Verordnung, von der er sich auch eine Entlastung des Tierheims erhofft.

2019 wurden insgesamt 315 zugelaufene oder gefundene Katzen ins Tierheim gebracht, nur 29 konnten wieder an ihre Halter zurückgegeben werden. 2021 wurden bis Ende August 254 Katzen in der Einrichtung aufgenommen, wovon lediglich 15 wieder an ihre Halter zurückgegeben werden konnten. 138 der übrigen 239 Katzen wurden als herrenlose Tiere eingestuft, wie die Verwaltung in der Vorlage für den Gemeinderat informierte.

Verordnung soll unkontrollierte Fortpflanzung der Katzen verhindern

Doch nicht nur die stetig steigende Zahl an Katzen sei ein Problem, sondern auch ihr schlechter Gesundheitszustand. Da viele der aufgefundenen kranken Katzen im Tierheim abgegeben werden, könne man dort außerdem seit Jahren zur Urlaubszeit keine Hauskatzen mehr aufnehmen. "Dafür stehen keine freien Plätze mehr zur Verfügung", so die Stadt. Auch Katzen, die aus anderen Gründen von ihren Haltern abgegeben werden, würden nur noch in Ausnahmefällen einen Platz im Tierheim finden. Deshalb würden viele Tiere einfach ausgesetzt, was die Zahl der verwilderten Katzen dann noch weiter ansteigen lasse. Die neue Verordnung soll die unkontrollierte Vermehrung wildlebender Katzen verhindern, da die Halter dann verpflichtet sind, freilaufende Katzen zu kastrieren und zu kennzeichnen.

Der Beschluss ist nicht der erste Anlauf der Stadt, das Problem in den Griff zu bekommen. 2019 und 2020 war versucht worden, die Halter durch Auszahlung eines Zuschusses (Katze: 40 Euro, Kater: 20 Euro) zur Kastration ihrer Lieblinge zu bewegen. Der Erfolg war bescheiden, nur 29 Personen meldeten sich.

Doch wie soll die neue Verordnung in der Praxis umgesetzt werden? "Es werden keine Katzenjäger in der Stadt unterwegs sein, definitiv nicht", versicherte OB Markus Ibert bei einem Gespräch mit unserer Redaktion. Vielmehr gehe es in erster Linie um Kolonien freilebender Katzen – hier sollen der KOD oder auch ehrenamtliche Tierschützer dann eingreifen und Katzen zum Kastrieren bringen dürfen. Privatgrundstücke sollen nur in Ausnahmefällen betreten werden. "Ich habe selbst zwei Katzen, die kastriert und gekennzeichnet sind, und möchte auch nicht, dass ihretwegen jemand bei mir auf der Terrasse steht", so Ibert.

Bei Verstößen gegen die neue Lahrer Katzenschutzverordnung können laut Stadtverwaltung übrigens keine Bußgelder verhängt werden. Für die Halter bedeutet das, dass sie dann nur die Kastration des Tieres nachzuholen oder zu bezahlen haben, falls diese bereits vom das Tierheim veranlasst wurde. Strafzahlungen werden allerdings nicht fällig.

Info: Lahr Vorreiter im Ortenaukreis

Seit 2013 gibt es eine Regelung im Tierschutzgesetz, die es ermöglicht, den freien Auslauf fortpflanzungsfähiger Katzen zu beschränken, wenn das "zur Verhütung erheblicher Schmerzen, Leiden oder Schäden bei verwilderten Katzengruppen notwendig und sinnvoll ist". Das Recht, Maßnahmen bis hin zu Kastrationsgeboten zu erlassen, hat die Landesregierung auf die Kommunen übertragen. Lahr ist jetzt die 19. Stadt in Baden-Württemberg und die erste im Ortenaukreis, die Gebrauch von dieser Möglichkeit macht. Angeregt worden war die Verordnung, der alle Fraktionen zustimmten, von der Fraktion Linke Liste Lahr/Tierschutzpartei. Sie soll im Juli in Kraft treten.