Seit 2015 weiden die urigen Salers-Rinder im Taubergießen. Das Fleisch war bislang sehr begehrt. Foto: Thomas Kaiser

Wirtschaft: Erzeugnisse der Kappeler Salers-Rinder sind aktuell wenig nachgefragt / Die Zeit drängt

Kappel - Bio boomt: Lebensmittel aus ökologischem Anbau werden zunehmend nachgefragt. Bislang galt das auch für das Fleisch der Kappeler Taubergießen-Rinder. Doch aktuell stockt der Verkauf. Daran könnte indirekt auch Corona schuld sein.

Zum ersten Mal ist die Nachfrage bei den Vorbestellungen mau

Es ist ein Umweltprojekt, das nicht nur hierzulande seinesgleichen sucht: Auf einer Fläche von gut 100 Hektar fressen seit fünf Jahren mehr als 40 Salers-Rinder für den Naturschutz. Das ganze Jahr über, ganz ohne Eingriffe durch den Menschen, nur in harten Wintern wird Heu zugefüttert.

Die Idee, mit der natürlichen Hilfe von Tieren, die Landschaft offenzuhalten und gleichzeitig für eine größere Artenvielfalt zu sorgen, machte von sich reden – drang sogar bis zu den Vereinten Nationen vor. Die verliehen den Verantwortlichen um Kappel-Grafenhausens Bürgermeister Jochen Paleit im vergangenen Sommer ein Bio-Siegel erster Güte. Der bisherige Höhepunkt der "Wilden Weiden Taubergießen". Doch nun hat sich in den Freudenkelch ein Wermutstropfen gemischt.

Der Landschaftserhaltungsverband Ortenaukreis (LEV) ist Inhaber der Marke "Wilde Weiden". Er vermarktet das "Nebenprodukt" des lebendigen Naturschutzes: das Fleisch. Dabei arbeitet der LEV mit einer Metzgerei aus dem Glottertal zusammen. "Zweimal im Jahr wird geschlachtet, zuletzt im Sommer", berichtet LEV-Geschäftsführerin Regina Ostermann im Gespräch mit der LZ.

Am heutigen Freitag ist es wieder soweit. Dann lassen drei der robust-urigen Rindviecher ihr Leben, um zu Fleisch und Wurst verarbeitet zu werden. "Zum ersten Mal ist die Nachfrage bei den Vorbestellungen mau", klagt Ostermann. Waren sie in den vergangenen Jahren stets ein Verkaufsschlager, laufen Rumpsteak und Co. von Kühen und Bullen aus dem Taubergießen nun Gefahr, zum Ladenhüter zu werden.

Verkauft werden sogenannte Fleischpakete – mit dem Besten vom Rind, vom Ragout über Hack und Burger bis zum Entrecôte. Insgesamt 14,5 Kilo für 229 Euro. "Das sind 1,58 Euro pro 100 Gramm, ein echter Top-Preis für solch hervorragende Ware", wirbt Ostermann: "Freilandhaltung, keine Mast, keine Antibiotika." Die Menge könne im ersten Moment abschreckend wirken, räumt die LEV-Geschäftsführerin ein. "Ich habe mit meiner Familie aber die Erfahrung gemacht, dass es sich nach mehr anhört, als es ist. Bei uns war alles schnell ratzeputz weg, weil es auch wirklich lecker ist."

Doch warum ist das Taubergießen-Fleisch dann jetzt nicht mehr so gefragt wie früher? Eine echte Erklärung hat Ostermann nicht parat. "Ein Faktor ist sicher, dass wir nicht so stark werben konnten wie gewohnt." Zwar seien ordentlich Flyer gedruckt worden – rund 10 000 Stück –, doch wegen Corona hätten diese möglicherweise an Reichweite eingebüßt: "Über den Verwandten- und Freundeskreis unserer Vereinsmitglieder kamen wir nicht hinaus."

Verband verdient kein Geld am Verkauf

Die Rinder bei mangelnder Nachfrage nicht zu schlachten und einfach auf den Weiden zu lassen, ist keine Option, macht Ostermann deutlich: "Es ist naturschutzrechtlich vorgegeben, wie viele Tiere sich gleichzeitig auf der Fläche befinden dürfen." Durch eine Obergrenze werde sichergestellt, dass immer genügend Futter vorhanden ist. Denn die Zahl der Rinder wachse dank der neugeborenen Kälbchen kontinuierlich. Außerdem müssten die Tiere getrennt werden, um Machtkämpfe zwischen den Bullen und Inzucht zu vermeiden.

Deshalb drängt die Zeit. Weil es sich um Frischware handelt, sind Bestellungen nur befristet möglich – bis zum 9. November. Wenige Tage später wird die Ware versandt oder vom Kunden abgeholt. Laut Ostermann verdient der LEV, "abgesehen von einem kleinen Obolus für die Markennutzung", kein Geld am Verkauf. Doch darum gehe es auch nicht. Wichtig, betont die Geschäftsführerin, sei, dass sich noch genügend Feinschmecker finden, "damit das gute Fleisch nicht verdirbt."

Per Post in der Kühltasche

Fleischpakete können online unter www.fleischpakete.com oder unter Telefon 07684/2 40 bestellt werden. Sie werden auf Wunsch per Post in einer Kühltasche geliefert, für einen Aufpreis von 20 Euro. "Kappel-Grafenhausener werden sogar frei Haus beliefert", sagt Ostermann. Alternativ ist eine Abholung bei der Metzgerei Reichenbach in Glottertal (In den Engematten 9) möglich. Abholtage sind am 13. und 14. November. Versandt wird das Fleisch am 12. November.