Die Trainingsklasse für verhaltensauffällige Schüler ist (noch) der Ferdinand-Ruska-Schule in Grafenhausen angegliedert. Ihre Zukunft ist mehr als fraglich. Dabei zeigten sich die Verantwortlichen im April vergangenen Jahres zuversichtlich: Damals wurden neue Unterrichtsräume und die Ohlebusch-Gruppe als neuer Partner bei der Schulsozialarbeit vorgestellt. Archivfotos: Ehrlich/Masson Foto: Lahrer Zeitung

Bildung: Land zieht sich aus Förderung verhaltensauffälliger Schüler zurück / Brief von Kreis und Kommunen

Von allen Seiten gibt es Lob und doch droht der Trainingsklasse in Grafenhausen zum Ende des Schuljahres das Aus – weil sich das Land aus der Finanzierung zurückzieht. Beim Kreis hat man die Hoffnung auf eine Rettung (fast) aufgegeben.

Südliche Ortenau. Die Hiobsbotschaft kam kurz vor Weihnachten: Wie berichtet, teilte das Schulamt in Offenburg am 19. Dezember mit, dass es ab dem kommenden Schuljahr keine Deputatsstunden mehr für die "Trainingsklasse Ortenau" (früher: "Mobile") einplanen werde. Als Grund nannte die Behörde den allgemeinen Lehrermangel im Land. Die knappen vorhandenen Ressourcen müssten vordringlich an den öffentlichen Schulen eingesetzt werden, hieß es. Kurz gesagt: Die Kür fällt dem Pflichtprogramm zum Opfer.

Verwaltung: "Nicht der Ausfallbürge des Landes"

In der südlichen Ortenau nahm man diese Nachricht mit größtmöglichem Bedauern zur Kenntnis. Das Modellprojekt Trainingsklasse wurde 2010 auf Initiative der Schulträger Kappel-Grafenhausen, Ettenheim, Ringsheim, Rust und Mahlberg gemeinsam mit dem Kreis und dem Schulamt aus der Taufe gehoben. Ziel war und ist es, verhaltensauffällige Schüler der Klassen zwei bis sieben mithilfe von Schulsozialarbeiten eine Zeit lang gesondert zu betreuen, um sie anschließend wieder in den Regelunterricht zu integrieren. Ein Konzept, das aufging: Nach Angaben der Kreisverwaltung kehrten 70 der rund 100 Schüler, die seit dem Start vor zehn Jahren die Trainingsklasse besuchten, in den regulären Unterricht zurück. "Nur wenige Einzelfälle mündeten im Wechsel an ein Sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum (SBBZ)." Lehrer seien vom Konzept überzeugt, die Akzeptanz bei den Eltern sei groß, resümiert die Verwaltung. Und rein inhaltlich habe auch das Schulamt nichts auszusetzen.

All das sind Gründe, weshalb man die Trainingsklasse, die an die Grafenhausener Ferdinand-Ruska-Schule angegliedert ist, nicht kampflos aufgeben will. "Nach den bisherigen Gesprächen war das vorrangige Ziel insbesondere aus Sicht der beteiligten Schulen das Fortbestehen des niedrigschwelligen Angebots in der jetzigen Form", heißt es aus dem Landratsamt – freilich nicht ohne zu verhehlen, dass dies ohne die (finanzielle) Unterstützung des Landes schwierig bis unmöglich wird.

Bislang trägt der Ortenaukreis die Kosten für die sozialpädagogischen Fachkräfte in Höhe von rund 78 000 Euro, die beteiligten Gemeinden steuern 23 000 Euro für die Sachkosten bei, während das Schulamt die Lehrer zur Verfügung stellt. Die 30 Deputatsstunden werden mit 90 000 Euro beziffert. Die Möglichkeit, die Trainingsklasse zu retten, indem diese Summe künftig ebenfalls intern gestemmt wird, sieht die Verwaltung nicht: "Die Übernahme des Anteils durch den Ortenaukreis ist ausgeschlossen, da es keine Refinanzierungsgrundlage gibt und der Kreis nicht als Ausfallbürge für das Land fungiert." Ohnehin habe das Schulamt mitgeteilt, dass ein Fortbestand des Projekts ohne seine Beteiligung als Kooperationspartner "nicht mit den gesetzlichen Bestimmungen vereinbar ist".

Bleibt die Hoffnung, dass beim Land noch ein Umdenken stattfindet. Allerdings dürfte sie bei den Verantwortlichen nicht mehr allzu groß sein. Denn Kreis und Kommunen wurden von dem Schreiben des Schulamts vor Weihnachten nicht überrascht. Der Rückzug der Behörde, ist zu hören, hatte sich bereits in mehreren vorangegangenen Gesprächen angedeutet. Schon Anfang Dezember wandten sich Landrat Frank Scherer und die betroffenen Bürgermeister deshalb an das Kultusministerium. Die Botschaft des (letzten) Hilferufs: Ein Ende der "erfolgreichen und wirksamen" Trainingsklasse wäre "höchst bedauerlich". Weshalb man darum bat, den Rückzug des Landes noch einmal zu übedenken oder künftig zumindest die Kosten für die Lehrerstelle zu übernehmen. Auf eine Antwort aus Stuttgart wartet die Kreisverwaltung nach eigenen Angaben bis heute.

Nun will das Landratsamt zwar noch weitere Abstimmungsgespräche mit den anderen Kooperationspartnern führen. Einstweilen wird die Verwaltung den Jugendhilfeausschuss bei dessen Sitzung am kommenden Dienstag jedoch davon in Kenntnis setzen, dass "die Beendigung der Trainingsklasse in ihrer jetzigen Form leider nicht ausgeschlossen werden" kann.

Als Alternative zur Trainingsklasse bringt die Kreisverwaltung die Einrichtung eines Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentrums (SBBZ) ins Spiel – um diese Option gleich selbst wieder zu verwerfen. Zum einen gibt es in Lahr und Orschweier bereits zwei SBBZ – früher als Förderschule bekannt –, weshalb man nicht zwingend Bedarf für ein weiteres sieht. Zum anderen biete ein SBBZ nicht die "aktuelle Niedrigschwelligkeit", da die Steuerung bei Jugend- und Schulamt liege.