Die Ruine in der Kappeler Rheinstraße soll bald abgerissen werden. Die Brandursache wird laut Polizei immer im Dunkeln bleiben, die Schäden im Haus seien durch das Feuer so stark gewesen, dass die Experten der Kripo das Geschehen nicht mehr nachvollziehen konnten. Foto: Archiv: Kroll

Kappeler Familie verarbeitet die Geschehnisse aus dem Sommer / Neues Haus in Planung

Von einem Moment auf den anderen wird einer jungen Familie aus Kappel der Boden unter den Füßen weggezogen. Doch statt aufzugeben, kämpft sie sich auf beeindruckende Weise zurück ins Leben.

Kappel. Es war die Schreckensmeldung des Sommers: Im Juli verlieren sieben Menschen ihr Zuhause. Glücklicherweise wird niemand ernsthaft verletzt, die beiden Kinder, die sich im Gebäude befanden, als das Feuer ausbrach, konnten durch den couragierten Einsatz eines Passanten gerettet werden. Doch klar ist: Die Familie steht vor dem Nichts. Kleidung, Möbel, persönliche Gegenstände – alles wurde ein Raub der Flammen.

Heute, gut vier Monate nach dem Schicksalsschlag, teilen sich die Eltern und ihre Kinder 20 Quadratmeter eines Ferienzimmers. "Man glaubt kaum, was möglich ist, wenn man will und muss", sagt Mutter Sabrina Ballin. Dennoch soll baldmöglichst ein neues Zuhause her, zumindest vorübergehend, bis das alte wieder aufgebaut ist. Das ist derzeit das größte Anliegen der Familie Ballin/Rube.

Noch steht die Ruine in der Rheinstraße, die Abbruchfirma ist aber längst beauftragt, noch in diesem Jahr, so die Hoffnung, sollen die Bagger anrollen, um Platz schaffen für Neues. Den Kredit für das alte Heim habe man "erst mal auf Eis gelegt". Die Familie hätte ihn mit dem Geld, das sie von der Versicherung erhalten hat, ablösen können. "Doch wir wollen es lieber in den Bau unseres neuen Zuhauses stecken." Am liebsten wäre es er 34-Jährigen, "wenn das alte Haus schon weg wäre, dann könnten wir mit allem besser abschließen."

Abschließen – wie geht das nach so einem Schock? "Wir leiden alle noch sehr unter den schlimmen Ereignissen", gewährt Ballin Einblicke in das Seelenleben ihrer Familie. Ihr ältester Sohn (15) sei mittlerweile zu ihrer Mutter gezogen ("Er konnte den ganzen Stress nicht haben"), der Jüngste (4), der mit seiner damals 13-jährigen Schwester im Haus war, als das Feuer ausbrach, verarbeite das Geschehene nur sehr langsam, erzählt die Mutter. Ein Beispiel: Der Junge habe lange Zeit nicht fassen können, dass der Familienhund, der bei dem Brand ums Leben kam, für immer weg ist, habe immer wieder nach ihm gefragt. Man riet zu einem sogenannten Therapiehund. Ein guter Tipp: "Er ist mittlerweile das ein und alles meines Sohnes."

Auch die älteren Kinder und die Erwachsenen leiden: "Manchmal habe ich Panikattacken, dann bleibt mir einfach die Luft weg", berichtet Ballin. Dazu brauche es nicht viel, oft reiche schon ein Geruch oder ein Geräusch, zum Beispiel, wenn es irgendwo qualmt oder Sirenen zu hören sind. "Dabei war ich gar nicht dabei, als das Feuer ausbrach, ich kann mir gar nicht ausmalen, wie es dann erst meiner Tochter gehen muss."

Eine große Hilfe in dieser schwierigen Situation seien die Mitmenschen, die mit Spenden und Benefizveranstaltungen der Familie beistanden und noch immer beistehen: "Ich hätte nie gedacht, dass so etwas möglich wäre", sagt Ballin. "Ich weiß nicht, wie oft ich habe weinen müssen vor Rührung." Oft hätten einfach Leute geklingelt, um etwas vorbeizubringen oder ihre Unterstützung anzubieten.

Doch nun soll der Blick nach vorne gehen, die Zeit des Neuanfangs endgültig eingeläutet werden. "Manchmal stoße ich in meinem Handy zufällig auf alte Bilder von unserem alten Haus", sagt Ballin. Es sei für die Familie sehr wichtig, Erinnerungen daran zu haben, was einmal war. Aber noch mehr würden sich Eltern und Kinder freuen, wenn sie bald Fotos schießen dürften von ihrem neuem Zuhause.

INFO

Wer hat eine Wohnung frei

"Die Gemeinde ist uns eine sehr große Stütze, steht uns mit Rat und Tat zur Seite," sagt Sabrina Ballin. Bis Anfang September fand die Familie in der Gemeindewohnung in der Schulstraße Obdach. Jetzt ist sie auf der Suche nach einer Bleibe in der Doppelgemeinde, bis sie in ihr neues Haus ziehen kann. "Uns würde schon eine Drei-Zimmer-Wohnung reichen", appelliert die Mutter an potenzielle Vermieter. Wer eine freie Wohnung hat, kann sich unter Telefon 0174/9 11 33 57 direkt bei der Familie melden oder Kontakt mit der Gemeinde, Telefon 07822/8 63 14, aufnehmen.