20 Minuten lang diskutierte der baden-württembergische Umweltminister Franz Untersteller (karierter Schal) mit den 400 Demonstranten. Foto: Masson

"BI Polder Wyhl/Weisweil" diskutiert mit Umweltminister. Ärger über künstliche Flutungen.

Kappel-Grafenhausen - Rund 400 Demonstranten haben am Freitag den baden-württembergischen Umweltminister Franz Untersteller am alten Kappeler Zollhaus abgepasst. Die Bürger wollten ihren Unmut gegenüber der Polderflutungen in Rheinauengebieten zeigen.

Sie kamen aus Wyhl, Weisweil und Rheinhausen: Rund 400 Bürger warteten am alten Kappeler Zollhaus auf den baden-württembergischen Umweltminister Franz Untersteller. Der wollte mit Freiburgs Regierungspräsidentin Barbara Schäfer und einigen Bürgermeistern im Zollhaus die RP-Umwelt-Geschäftsstelle "Taubergießen" ansehen.

"Wenn der Minister nicht zu uns kommt, kommen wir zu ihm", begründete Dieter Ehret, Vorsitzender der "BI Polder Wyhl/Weisweil", den Versuch, mit dem Landtagsabgeordneten einmal direkt zu sprechen. Die BI wehre sich zwar längst nicht mehr gegen den laufenden Bau von zahlreichen Poldern zum Hochwasserschutz. Doch sie protestiert vehement dagegen, Polder jährlich mehrfach mit abgeleitetem Rheinwasser "ökologisch" zu fluten. Weil sich der Minister nach Ansicht der Wyhler BI bislang einem persönlichen Gespräch entzogen habe, wurde er nun in Kappel gezielt abgepasst.

BI sieht Flutungen als "waghalsiges Experiment"

Dort kam der Minister, natürlich vorgewarnt, bei der Anfahrt an den Demonstranten, die beide Straßenränder säumten, nicht vorbei. Organisatorin Anna Hag hatte zuvor die Demonstranten darauf eingeschworen, friedlich zu bleiben, keine aggressiven Töne laut werden zu lassen und den üblichen grenzüberschreitenden Straßenverkehr durchfahren zu lassen.

Statt der geplanten regelmäßigen Flutungen habe die BI vor acht Jahren eine aus ihrer Sicht verträglichere "Schlutenlösung" vorgeschlagen. Sauer ist sie, dass dies im Stuttgarter Umweltministerium nach ihrer Meinung bislang noch immer nicht richtig ankam.

Untersteller hörte sich 20 Minuten lang die BI- Vertreter an und diskutierte mit ihnen. Ein angebotenes Megafon wollte er dabei allerdings nicht angeschaltet sehen. Die Schlutenlösung sei, argumentierte er, schon längst "1:1 in den entsprechenden Untersuchungen bewertet" worden. Für ein entgegengehaltenes Plakat – "Ökologische Flutungen sind der Tod für unseren Rheinwald" –, hatte Untersteller kein Verständnis: "Ihr tut ja so, als wenn wir keine Erfahrungen hätten!" Und: "Glaubt ihr denn, in den Untersuchungen der Fachleute steht nur Quatsch drin?" Da kam ihm allerdings ein vielfaches "Ja" derer entgegen, die seine Frage mithören konnten.

Umweltminister Untersteller und Regierungspräsidentin Schäfer hatten geduldig zugehört, als BI-Vorstandsmitglieder mit einigen Argumenten darauf beharrten, dass die geplanten Routine-Polderflutungen nicht ökologisch, sondern ein "waghalsiges Experiment" seien. Sie erinnerten überdies den Minister daran, dass einst zu Zeiten des erfolgreichen Kampfes gegen ein Atomkraftwerk in Wyhl auch die Grünen-Bewegung entstanden sei. Nach 20 Minuten wurde es Untersteller im Freien doch zu kalt. Ein persönliches Gespräch der BI mit ihm sei, befand er abschließend, weiterhin nicht nötig, denn das "Polder-Monitoring" bleibe ein laufendes rechtliches Verfahren. Dabei werde ohnehin alles hinterfragt, mit Beteiligung von Bürgerinitiativen.

Info: Forderungen "nach sinnvollem Hochwasserschutz"

Die BI "Polder Wyhl/Weisweil" fordert "einen sinnvollen Hochwasserschutz mit dynamischen Fließgewässern, damit die biologische Artenvielfalt in der vorhandenen Auenlandschaft erhalten bleibt". Statt künstlicher Flutungen, soll durch eine ökologische Schlutenlösung – durch Öffnung von Altrheinarmen und Schluten – eine Fließdynamik entstehen (zweites Taubergießen).