Selbstbildnis Foto: Lahrer Zeitung

Internationaler Frauentag: Künstlerin hat bereits im 19. Jahrhundert die Ichenheimer Kirche mitgestaltet

Von Alena Ehrlich Ichenheim. Der Internationale Tag der Frau steht seit der Zeit um den Ersten Weltkrieg für die Gleichberechtigung der Frauen. Noch viel früher – schon im Jahr 1819 – war Ichenheim ein Vorreiter der Emanzipation – und hat die Künstlerin Marie Ellenrieder mit der Gestaltung von drei Altarbildern in der St. Nikolauskirche beauftragt.Ellenrieders Altarbilder für die Kirche in Ichenheim sind die ersten einer deutschen Künstlerin für eine katholische Kirche. Hermann Bürkle aus Ortenberg beschäftigt sich seit sieben Jahren mit dem Leben dieser außergewöhnlichen Frau. Ellenrieder lebte von 1791 bis 1863 in Konstanz und gilt als regelrechte Pionierin der Emanzipation.

Ellenrieder war die erste Frau, die in München an der Kunstakademie studieren durfte

Im Alter von 22 Jahren erhielt die jüngste von vier Töchtern des Uhrmachers Konrad Ellenrieder als erste Frau das Privileg, an der Kunstakademie in München zu studieren. "Das war ein entscheidender Punkt in ihrer Karriere", so Bürkle. Nach Abschluss des Studiums arbeitete sie zunächst als gefragte Porträtmalerin.

Eine Verbindung in die Ortenau schaffte laut Bürkle der spätere Bischof von Mainz, Joseph Vitus Burg, der damals Dekan in Ettenheim war. "Damals wurden viele neue Pfarreien gegründet und Kirchen gebaut. Er vermittelte Ellenrieder mehrere Aufträge", erzählt Bürkle. Die Altargestaltung in Ichenheim im Jahr 1819 gilt als der erste große Auftrag in der Karriere der Künstlerin.

Als Modelle für die Abbildungen habe sie, so Bürkle, gerne Personen aus dem Ort genommen. Auf dem Nikolausbild sei ein protestantischer Ichenheimer zu sehen.

Mit dem Geld aus Ichenheim konnte sich die Künstlerin den Traum einer Italienreise erfüllen. In Rom knüpfte die junge Frau Kontakte mit den "Nazarenern". Die deutsche Künstlergruppe um Friedrich Overbeck aus der Epoche der Romantik widmete sich überwiegend religiösen Motiven. Die Verbindung von Leben, Glauben und Kunst prägten seither auch Ellenrieders Werke. Als Frau war ihre Stellung in der von Männern dominierten Gruppe nicht immer leicht. "Sie musste sich durch ihre Leistung nach oben arbeiten", sagt Bürkle.

Eine weitere Reise führte Ellenrieder nach Florenz, wo sie über ein Jahr hinweg arbeitete und studierte. In Deutschland blieben die Gemälde in der Ichenheimer St.-Nikolaus-Kirche nicht der einzige große Auftrag. Auch in Ortenberg und Karlsruhe fertigte Ellenrieder weitere Kirchenmalereien an. Sogar von der britischen Königin Victoria erhielt sie den Auftrag für zwei großformatige Bilder. Der Badische Kunstverein zeichnete sie als erste Frau mit der goldenen Medaille für Kunst und Wissenschaft aus.

1829 sicherte sie sich ein Jahreseinkommen von 300 Gulden, indem sie von Großherzog Ludwig zur Hofmalerin ernannt wurde. Auch hier war sie die erste Künstlerin, die von einem festen Einkommen lebte. Eine steile Karriere für eine Frau in der damaligen Zeit.

Einen Mann hatte Ellenrieder nie. Im Alter von 72 Jahren starb sie unverheiratet in Konstanz. Die jahrelange Freundschaft mit Baron Karl Christoph von Röder wirft auch heute noch Fragen auf. "Am Totenbett musste sie ihrer Mutter versprechen, nicht zu heiraten", erklärt Bürkle. Sie sollte ihr ganzes Leben der Kunst widmen.

Bürkle charakterisiert die Künstlerin als sensiblen Menschen. Mit ihrem Vater und einer Schwester sei sie nach Ichenheim gekommen. Beim Betrachten ihrer Bilder habe sie geweint. "Sie hat gespürt, dass dieses Gemälde ihre Zeit überleben wird", so Bürkle. Noch heute schmücken die großen Altargemälde die Ichenheimer Kirche.