Hans Weide liest auf dem Bücherflohmarkt des Kulturvereins Ichenheim aus seinem Buch vor. Foto: Fink

Hans Weide berichtet in Ichenheim über seinen Kampf gegen das Wyhler Atomkraftwerk

Der Bücherflohmarkt in Ichenheim lockte zahlreiche Besucher in den Löwensaal. Neben dem Schnäppchenmarkt las der ehemalige Ottenheimer Ortsvorsteher Hans Weide aus seinem Buch vor.

Ichenheim. Von Büchern, über Spiele und CD´s bis hin zu Schallplatten: beim Bücherflohmarkt des Kulturvereins in Ichenheim wurde geschmökert, getauscht, gekauft und verkauft. Höhepunkt des Tages war die Lesung von Hans Weide. Er stellte sein Buch "Rote Sonne, dunkle Nacht" vor, in dem er als Zeitzeuge den Widerstand gegen das geplante Atomkraftwerk in Wyhl beschreibt. Der Inhalt seines mit Dokumenten belegten Vortrags war für die Zuhörer zum größten Teil neu: sein Hintergrundwissen über die Vorgeschichte und vor allen Dingen über Einzelschicksale im Zusammenhang mit Befürwortern und Gegnern des Projekts deckte viele unbekannte Geschichten auf. Dazu gehörte auch die Planung der Landesregierung in den 70er Jahren, das Oberrheintal zu einem riesigen Industriezentrum umzugestalten und die Bewohner in die Vorbergzone umzusiedeln.

Den Auftrag, die Polizei für die Platzräumung zu führen, lehnte Weide ab

Außerdem habe es eine Karte mit geplanten Atomkraftwerken gegeben, die sich rechts und links des Rheins entlang zog. Wyhl wäre dabei nur ein Ort unter vielen gewesen. Das Scheitern des Wyhler Atomkraftwerks war ein wesentlicher Grund dafür, dass man schließlich die weitere Planung aufgab, erzählte Weide. Weiter schilderte der ehemalige Ortsvorsteher wie man mit Unterstützung der Landesregierung zunächst für das Projekt mit vielen Versprechungen geworben habe und die Gegner zum Teil verunglimpfte. Der damalige Ministerpräsident Hans Filbinger habe nicht nur prophezeit, dass ohne das Atomkraftwerk in Wyhl in den 80er Jahren in Baden-Württemberg die Lichter ausgehen würden, sondern habe auch die Gegner als "linke Chaoten" bezeichnet. Dazu kamen Schikanen wie Stromabschaltung bei Länderspielen oder Unterbrechen der Telefonleitungen, erzählte Weide. "Nachdem alle Verhandlungen nichts nützten und mit den Bauarbeiten dennoch begonnen wurde, besetzten etwa 300 Kaiserstühler das Bauplatzgelände. Dieser wurde im Rahmen eines Polizeieinsatz geräumt.", erinnert sich Weide. Die Kaiserstühler hätten dennoch nicht aufgegeben und nach einem ausgearbeiteten Plan den Bauplatz wieder zurück erobert – es kam zu Auseinandersetzungen und Verletzten auf beiden Seiten kam. Weide habe den Auftrag erhalten, Kräfte der Bereitschaftspolizei für die zweite Platzräumung zu führen, was er jedoch ablehnte. Gemeinsam mit dem damaligen Pfarrer der evangelischen Gemeinde Weisweil und mit Hilfe des Landesbischofs von Baden sei es gelungen, den Ministerpräsidenten zu einer Verschiebung des Einsatzes zu überreden. Dieser fand jedoch auch anschließend nicht mehr statt – der Platz blieb lange Zeit im Besitz der Kaiserstühler. Nach vielen Verhandlungen zwischen den Kaiserstühlern und der Landesregierung wurde das Projekt schließlich aufgegeben. Hans Weide beantwortete nach seinem Vortrag Fragen und wurde mit Beifall und dem Dank des Veranstalters verabschiedet.