"AdminCon"-Organisator Harald Krichel Foto: Steitz Foto: Schwarzwälder Bote

Wikipedia: Admins diskutieren im Schloss Hornberg / Zukunftsthemen: Nachwuchs und Extremismus

"Wenn alle mitschreiben können, wie kann die Enzyklopädie vor falschen oder politisch gefärbten Informationen geschützt werden?" Mit dieser und anderen Fragen beschäftigen sich Wikipedianer bis Sonntag im Hotel Schloss Hornberg.

Hornberg/Wolfach . Das größte Treffen von Administratoren der deutschsprachigen Wikipedia ist am Freitag in Hornberg gestartet worden. Die 50 Teilnehmer stammen aus dem gesamten Bundesgebiet, Österreich und der Schweiz. 2012 starteten die Enzyklopädisten das Format "AdminConvention", kurz Admincon genannt, auf dem Schloss Hedersleben in Sachsen-Anhalt. Zuletzt trafen sie sich in Cuxhaven (2016) und Salzburg (2017).

"Wir sind da, wenn es aus dem Ruder läuft", unterstreicht Harald Krichel, 48, ein schlanker Mann mit dunklem Haar. "Streitigkeiten entzünden sich immer an so Kleinigkeiten", sagt er, zum Beispiel um die Frage: "Wie leitet man die Geburtsdaten einer Biografie richtig ein?"

Der Wolfacher hat die Admincon organisiert und ist wie die anderen ehrenamtlicher Verwalter der deutschsprachigen Wikipedia. Mit 38 Millionen Artikeln in 291 Sprachen weltweit ist sie eine der bekanntesten Internetseiten, die größte Enzyklopädie in der Geschichte der Menschheit.

Die gewählten Wikipedianer sind zentraler Bestandteil der Autoren-Community, die sich selbst verwaltet. Sie verfügen über erweiterte Rechte auf der Plattform. Dazu gehören zum Beispiel das Entscheiden und Ausführen von Seitenlöschungen oder Benutzersperrungen.

Die 15 Themen, die in Hornberg besprochen werden, sind vor allem technischer Natur. Es gibt aber auch andere Probleme: Die Texte müssen ständig gepflegt werden. Daher wird junger Schreibernachwuchs gesucht. "Es ist nicht mehr so sexy, wie es 2003 war", betont Krichel. "Man kann nicht mehr einfach einen Artikel anlegen. Es ist viel schwieriger geworden, weil durch den Qualitätszuwachs, den wir haben, die Ansprüche natürlich gestiegen sind." Vor allem mit politischem Radikalismus muss aufgepasst werden: "Wir haben ordentlich Angriffe von Extremisten, die versuchen, Texte nach ihren Vorstellungen zu formen", so Krichel. Die Qualität zwischen wahren und unseriösen Belegen schwanke stark. Die Wikipedianer haben aber "ein strenges Quellenregiment", hebt der 48-Jährige hervor.

Sehr viele Augen prüften die Angaben. Was Fake News anbelangt, sei Wikipedia so gut, dass das Webportal "Yahoo" mittlerweise deren Artikel neben Falschnachrichten platziere.

Mit dem Treffen soll auch die Anonymität aufgebrochen werden. Die Wikipedianer arbeiten in großer Distanz via Computer zusammen, was der Kommunikationskultur nicht so förderlich ist. Früher war das für Krichel anders: "Die aktivsten Wikipedianer im Kinzigtal sind tatsächlich die Wolfacher." Er selbst habe mit ihnen angefangen und viel gelernt. Seinen ersten Wikipediaeintrag verfasste der selbstständige Fotograf am 11. Juli 2013 über den badischen Baubeamten Friedrich Theodor Fischer – zunächst ganz schlicht, ähnlich einer Brockhausnotiz. So kam gleich das Feedback: "Wir haben in Wikipedia keine Platzprobleme, wir schreiben ganze Sätze."

Nun ist Krichel aber Experte, wischt rasch mit dem Zeigefinger über das Notebook, um Erzähltes zu illustrieren. Größte Motivation? "Man erreicht sein Publikum und weiß, dass es nützlich ist." Und natürlich gehören auch eine Prise Neugierde und Portion Freude an der Weitergabe von Wissen dazu.

Für die Admincon stehen 32 Megabits pro Sekunde zur Verfügung. Am Freitag gab es eine Exkursion zum Oberwolfacher Mineralien- und Mathematikmuseum ( MiMa).