Mirko Rechnitzer an der Orgel: Am heutigen Samstag wird er den Zuhörer auf eine musikalische Zeitreise mitnehmen und zeigen, wie sich Orgelchoräle verändert haben. Foto: Göpfert Foto: Lahrer Zeitung

Gesprächskonzert: Organist zeigt am Samstag, 22. September, ab 19 Uhr, wie sich Orgelchorale verändert haben / Erlös für Bildungsprojekt

Herbolzheim. Mirko Rechnitzer gibt am Samstag 22. September, ein Gesprächskonzert zum Thema "Orgelchoral" in der evangelischen Kirche am Berg. Mit dem Kurier sprach er vorab darüber, was die Zuhörer bei dem Konzert erwartet.

Sie wollen Ihre Zuhörer durch die durch die Geschichte choralbezogener Orgelkompositionen führen. Was genau ist darunter zu verstehen?

Choräle sind kirchliche Gesänge. Zu ihnen zählt die Gregorianik ebenso wie geistliche Lieder in lutherischer Tradition. Seit die Orgel im christlichen Gottesdienst eingesetzt wurde, entstanden Orgelbearbeitungen auf Grundlage dieser Melodien. Sie wurden auf der Orgel gespielt und mit Umspielungen und begleitenden Figuren verziert. Obwohl das Wort "Orgelchoral" streng genommen nicht alle Arten dieser Bearbeitungen umfasst, spiegelt es doch den Gedanken wider, dass die Orgel Gesänge wiedergibt und vertritt. Deshalb habe ich es zum Motto des Konzertes gewählt.

Die Kompositionen haben sich im Laufe der Zeit von der rein liturgisch gebundenen Funktionalität vermehrt zu eigenständigen künstlerischen Werken gewandelt. Die Ausgestaltung dient vermehrt der Interpretation des Textes oder dem Experimentieren mit musikalischen Möglichkeiten.

Wie ist Ihnen die Idee gekommen, die Facetten dieser Orgelwerke in einem Gesprächskonzert zu zeigen?

Die evangelische Kirche hatte mich für ein Konzert angefragt. Ich fand das Thema Orgelchoral interessant, weil das Improvisieren über Gesänge auf der Orgel auch in der lutherischen Kirche sehr wichtig war. Besonders evangelische Komponisten haben Bedeutendes im Bereich choralgebundener Orgelmusik hinterlassen. Ich finde es spannend zu betrachten, was im Hintergrund ihres Gestaltens stand. Denn für die Gläubigen damals war die Orgelmusik im Gottesdienst nicht nur ein Hörgenuss, sondern auch das Verkünden des Wortes Gottes, der Heiligen Schrift.

Und dementsprechend hoch angesehen?

Ja, das "Auslegen" an der Orgel war geschätzt und auch für kleine Kirchen wurde nach fähigen Organisten gesucht.

Die Orgel gilt wegen ihres Facettenreichtums als "Königin der Instrumente". Werden Sie auch zeigen wie die einzelnen Komponisten diese Variation genutzt haben?

Ja, natürlich. Ich will deutlich machen, wie viele Klangfarben selbst eine kleine Orgel hat und wie diese im Laufe der Geschichte unterschiedlich genutzt wurden, wie unterschiedlich ausgestaltet die Melodien verarbeitet wurden.

Diese Veränderungen will ich bei dem Konzert durch Erläutern und Interpretieren der Stücke deutlich machen. Betrachten und spielen werde ich Werke von Sweelinck, Scheidemann, Bach, Brahms, Drischner und anderen. Es wird eine musikalisch wie historisch spannende Reise.

Wann beginnt das Konzert?

Es beginnt am Samstag, 22. September, um 19 Uhr. Der Eintritt ist frei, es wird jedoch um Spenden am Ausgang gebeten. Sie dienen meinen Ambitionen im Bereich der Musikvermittlung und Musikpädagogik, die ich mit dem Aufbau meines Musikbildungsprojektes "Karyonemos" verfolge.

Können Sie Näheres zu Ihrem Musikbildungsprojekt verraten, das Sie ja erst in diesem Jahr gegründet haben?

Gegenstand meines Projekts ist alles, was mit einem vertieften Zugang zu Musik zutun hat. In den gängigen Feldern der Vermittlung – Moderation, Konzerteinführung, multimediale Werkeinführungen – verspüre ich oft merkliche Grenzen, Musik wirklich anderen näherzubringen.

Bei "Karyonemos" bekommen interessierte Erwachsene zum einen historisch-kulturelle Hintergründe von Komponisten und Werken sowie von ästhetischen Diskursen vermittelt. Darüber hinaus geht es jedoch darum, durch einfache, aber musikpsychologisch fundierte Übungen das musikalische Erleben im Musikhören und -machen bewusster, vertiefter und vielfältiger zu machen. Das Entwickeln dieser Übungen beschäftigt mich schon lange, und ich denke Hörer und Musiker sehr verschiedener Genres können davon etwas gewinnen.

Fragen von Julia Göpfert

Der 23-jährige Herbolzheimer Mirko Rechnitzer studierte Musikwissenschaft und Philosophie an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg. Daneben absolvierte er die Ausbildung zum nebenamtlichen Organisten. Tätig ist er unter anderem als Organist und Musikkritiker.