Viele junge Menschen wie Schülerin Marina Bilic zeigen Solidarität mit der Herbolzheimer Tafel und packen in schwierigen Zeiten mit an. "Vielleicht bleibt der ein oder andere uns auch nach der Krise treu", hofft Ladenleiterin Lilli Ruddies.Foto: Decoux-Kone Foto: Lahrer Zeitung

Corona-Krise: Schüler und Studenten unterstützen Herbolzheimer Einrichtung / Große Spende aus Rust

Ehrenamtliche Helfer aus Risikogruppen bleiben zu Hause, Studenten und Schüler springen ein: Die Herbolzheimer Tafel erfährt aktuell große Solidarität. Wann die Ausgabestellen in Ettenheim und Endingen wieder öffnen können, ist derweil unklar.

Herbolzheim/Ettenheim. "Es ist einfach phänomenal, was wir für einen Zulauf haben", berichtet Lilli Ruddies im Gespräch mit der LZ. Die exakte Zahl der jungen Menschen, die ihre Hilfe angeboten haben und immer noch anbieten, vermag die Tafel-Leiterin nicht zu nennen, "es sind richtig viele". Wie wichtig die Unterstützung ist, weiß Ruddies indes genau: "Der Großteil derer, die normalerweise ehrenamtlich bei uns tätig sind, gehört zur Risikogruppe." Sie können guten Gewissens Corona-Pause machen, weil andere in ihren Corona-Ferien mitanpacken.

Normalerweise versorgen rund 60 Freiwillige an drei Standorten mehr als 1000 Bedürftige gegen einen kleinen Obolus mit Lebensmitteln. Wegen der Pandemie sind die beiden Ausgabestellen in Ettenheim und Endingen seit Mitte März geschlossen. Einen erhöhten Zulauf in Herbolzheim hat Ruddies, die die Tafel 2006 mit ihrem Mann Thomas gegründet hat, seitdem aber nicht festgestellt: "Wir haben wie immer viel Betrieb, aber nicht merklich mehr als vor Corona".

Nicht wenige Kunden blieben aus Angst vor einer Ansteckung mit dem Virus weg, anderen fehle schlicht die Möglichkeit, von ihren Wohnorten nach Herbolzheim zu kommen. Die Menschen an ihrem Zuhause zu beliefern, sei logistisch nicht machbar, sagt Ruddies. Die Fahrer der Tafel legen im Schnitt pro Woche rund 600 Kilometer zurück und transportieren am Tag 500 Kilo Lebensmittel. Mehr geht nicht. Deshalb würde die Ladenleiterin "lieber heute als morgen" in Ettenheim und Endingen wieder öffnen. Doch die Vernunft sagt etwas anderes: "Wir warten die angekündigte erste Infektionsspitze ab und entscheiden dann kurzfristig, wie es weitergeht. Alles andere wäre unverantwortlich gegenüber allen Beteiligten."

Sicherheit geht vor. Auch beim Einkauf. Zunächst war vorgesehen, dass die Kunden während der Corona-Krise den Laden nicht betreten, stattdessen den Tafel-Mitarbeitern ihre Einkaufswünsche mitteilen, die dann zusammengestellt und nach draußen gereicht werden. Das habe sich jedoch als unpraktikabel erwiesen. "Wir haben uns entschieden, die Kunden in den Verkaufsraum zu lassen, aber nur ein bis zwei gleichzeitig, um den nötigen Abstand zu gewährleisten. Alle müssen sich vorher die Hände desinfizieren und bekommen Handschuhe", erläutert Ruddies die Schutzmaßnahmen. Und: "Geguckt wird nur mit den Augen. Was angefasst wird, muss gekauft werden." Das Verständnis bei den Menschen sei groß, berichtet die Ladenleiterin. "Alle sind froh, dass wir trotz der schwierigen Situation geöffnet haben." Eingekauft werden kann bei der Herbolzheimer Tafel wie gehabt immer montags, mittwochs und freitags von 13.30 bis 16 Uhr sowie am Samstag von 10 bis 12 Uhr.

Die Ehrenamtlichen sind schon zuvor gefragt. Sie sortieren eingehende Spenden und füllen die Regale. Die vielen neuen Helfer bedeuten für Ruddies zwar Mehrarbeit. "Sie müssen natürlich erst mal eingelernt, mit unseren Abläufen vertraut gemacht und koordiniert werden." Aber die Mühe lohnt sich: "Ich habe einen großen Pool an Mitarbeitern, die ich bei Bedarf anrufen kann. Das ist richtig super."

Engpässe gibt es auch bei der Lebensmittelversorgung nicht, berichtet Ruddies. Trotz Hamsterkäufen. Vor allem verderbliche Ware komme in guter Qualität rein – besonders wichtig bei der Tafel. "Wir erhalten momentan schönes, frisches Obst und Gemüse." Für große Freude sorgte Anfang der Woche eine Spende aus Rust: Der Europa-Park unterstützt die Tafel seit Jahren. Weil die Hotels wegen der Pandemie geschlossen sind, fiel die jüngste Lieferung etwas größer aus: 1500 Flaschen Saft, 1600 Flaschen Wasser, elf 25-Kilo-Säcke Mehl, gut 100 Beutel Salat, 16 Kisten Gurken, 3600 Eier, 40 Kilo Orangen, 30 Kilo Äpfel sowie Milchreis, Muffins und Cornflakes.

Zu Hause bleiben? Für die Leiterin keine Option

Ein Mutmacher in einer schwierigen Zeit. Ruddies hofft, dass der Tafel-Betrieb weiterlaufen kann. Obwohl sie mit 63 Jahren selbst zur Risikogruppe gehört, ist zu Hause bleiben keine Option, solange sie gesund ist: "Wir hatten noch keinen Corona-Fall bei uns. Toi toi toi – ich hoffe, das bleibt lange so."

Noch ist die Tafel in Herbolzheim in Containern auf dem ehemaligen Bundeswehrareal untergebracht. Im vergangenen September begann nach dreijähriger Planungszeit in direkter Nachbarschaft der Bau eines festen Gebäudes mit 400 Quadratmetern Grundfläche. Die Kosten von 850 000 Euro werden mit öffentlicher und privater Unterstützung finanziert. Die Inbetriebnahme war im Mai vorgesehen. "Das wird eng", sagt Ladenleiterin Lilli Ruddies mit Blick auf die Baustelle. "Aber da wird jeden Tag geschafft, das macht uns sehr glücklich und sorgt für Motivation bei der Arbeit."