Scheunenbrand am 18. Mai in Herbolzheim: Das erste von acht Feuern, die der nun verurteilte 20-Jährige gelegt hat. Er muss für zweieinhalb Jahre ins Gefängnis. Foto: Feuerwehr Foto: Lahrer Zeitung

Scheunenbrände: 20-jähriger Herbolzheimer zu zweieinhalb Jahren verurteilt / Motiv bleibt unklar

Zu zwei Jahren und sechs Monaten wurde ein 20-jährige Herbolzheimer im Fall der Scheunenbrandserie verurteilt. Der Verteidiger hat Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Freiburger Amtsgerichts angekündigt. Das Motiv bleibt im Dunkeln.

Freiburg/Herbolzheim. Nach zwei Verhandlungstagen fällte das Jugendschöffengericht am Donnerstagnachmittag sein Urteil: Ein Ex-Feuerwehrmann aus Herbolzheim muss für zweieinhalb Jahre hinter Gitter. Der 20-Jährige hatte gestanden, im Frühling und Sommer vergangenen Jahres im nördlichen Breisgau und der südlichen Ortenau acht Scheunen angezündet zu haben. In einem weiteren Fall blieb es beim Versuch.Staatsanwalt Thomas Ganser hatte eine Jugendstrafe von drei Jahren gefordert, Jens Janssen, Verteidiger des Angeklagten, eine Jugendstrafe auf Bewährung in Verbindung mit einer Psychotherapie.

Dem jungen Mann wurde eine Störung des Sozialverhaltens attestiert. Ausschlaggebend dafür soll laut einem Sachverständigen die Trennung der Eltern gewesen sein, als der Angeklagte sechs Jahre alt war. Bis heute soll er darüber nicht hinweggekommen sein. Der 20-Jährige wurde, so hieß vor Gericht mehrfach, "während seiner Schullaufbahn selbst drangsaliert, hat aber auch seine Mitschüler drangsaliert". Auch danach blieb der Angeklagte "autoaggressiv". Der Sachverständige sah beim Angeklagten einen Autoritätskonflikt. "Ich glaube, ich habe das alles erst nach der ersten Vernehmung realisiert. Ich habe gemerkt, dass es wohl besser wäre, mir Hilfe zu holen", sagte der 20-jährige Brandstifter nach den Schlussplädoyers über seine Taten. Diese hatte er nach einer zweiten Befragung durch die Ermittler schließlich gestanden.

Maßgeblichen Anteil am Urteil hatte laut Richterin Sandra Arzt die Art der Brandstiftung: Der Herbolzheimer habe weder einmalig noch spontan gehandelt. Zudem seien die Taten "sehr gefährlich" gewesen. Die gelegten Feuer hätten durch die oftmals dichte Bebauung durchaus auf Wohnhäuser übergreifen können. "Sie haben das Sicherheitsgefühl einer ganzen Gemeinde beeinträchtigt", sprach Arzt den Angeklagten direkt an. Der Herbolzheimer, seit seiner Kindheit Mitglied der Feuerwehr seiner Heimatstadt, habe um die Gefahren gewusst, aber einfach weitergemacht, so die Richterin. Und obwohl er bei allen Brandstiftungen getrunken gehabt habe, sah das Gericht keine verminderte Schuldfähigkeit, obschon eine "alkoholische Enthemmung".

Verteidiger Janssen kündigte an, gegen das Urteil Rechtsmittel einzulegen. Dafür hat er eine Woche Zeit. Der Anwalt wies auf das umfangreiche Geständnis seines Mandanten hin. Ohne dieses wären die Taten nicht aufgeklärt worden, machte der Verteidiger deutlich. Zudem habe der Angeklagte die nächsten 30 Jahre lang unter der finanziellen Bürde seiner Taten zu leben. Es werde kein Leben in Armut, die finanzielle Belastung aber dennoch spürbar sein. Bei den Brandstiftungen entstand ein Gesamtschaden von mehr als 1,6 Millionen Euro.

Auch nach der Urteilsverkündigung bleiben viele Fragen offen – vor allem zum Motiv. Der Angeklagte sei im Herbst 2018 in eine "negative Spirale" gerutscht, so die Richterin. Nicht zu diagnostizierende Schwindelanfälle respektive eine Art epileptischer Anfälle, eine Fußoperation, eine Angina sowie Prüfungsvorbereitungen hätten ihm zugesetzt. Dennoch sei es dem Herbolzheimer gelungen, die Talfahrt zu beenden. Umso unverständlicher war es für das Gericht, warum er danach, am 18. Mai 2019, die erste Scheune anzündete.

Der Angeklagte hatte zwei Wochen nach der ersten Brandstiftung eine neue Arbeitsstelle angetreten. Außerdem lernte er am Vorabend des ersten Feuers in einem Club seine spätere Freundin kennen. Alles schien in die richtigen Bahnen zu laufen. Doch nachdem der 20-Jährige am 17. Mai abends nach Hause gekommen war, putzte er sich die Zähne, legte sich schlafen, um einige Stunden später aufzustehen und eine Scheune anzuzünden. Das Warum konnte das Gericht nicht restlos klären.

Selbst der Angeklagte hatte keine eindeutige Antwort parat: Er habe durch die Brände einen Adrenalinkick bekommen und obendrein von seinen Feuerwehrkollegen Anerkennung und Wertschätzung erhalten. Etwas, das er zuvor nur in seinem Fußballverein erfahren habe.

Nach Einschätzung von Richterin Arzt ist der Angeklagte nicht mit einem Erwachsenen gleichzusetzen. Die Prognose eines Gutachters, es bestehe nur ein geringes Risiko für eine weitere Brandstiftung, bewertete die Richterin als "sehr dünnes Eis". Deshalb folgte sie dem Antrag der Verteidigung auf Bewährung nicht. "Das ist eine Chance für Sie, vielleicht ein Neuanfang", erklärte die Richterin dem Angeklagten. Er solle die Gelegenheit nutzen, um feste Abläufe einzuführen und eine neue Arbeit für sich zu finden.

  18. Mai 2019: Herbolzheim

  26. Mai: Herbolzheimer Ortsteil Wagenstadt

  9. Juni: Wagenstadt und Herbolzheim

  17. Juni: Herbolzheimer Ortsteil Broggingen

  20. Juni: zwischen Herbolzheim und Ringsheim

  19. bis 22. Juni (nicht genau geklärt): Herbolzheim (Versuch)

  30. Juni: Broggingen

  27. Juli: Tutschfelden