Aller Anfang ist schwer: Ursula Aberle, Ursel Schmid und Heidi Schwarzer erklären Redakteurin Katharina Beule (rechts) die alemannische Mundart. Foto: Aberle Foto: Schwarzwälder Bote

Mundart: Redakteurin lernt mit Hilfe der Muettersproch-Gesellschaft den alemannischen Dialekt

Wer neu ist einer Region, hat es nicht immer leicht. Redakteurin Katharina Beule macht vor allem die Mundart zu schaffen. Bei der Muettersproch-Gesellschaft Kinzig-, Wolf- und Gutachtal rund um Ursula Aberle ging es für sie zu "Crash-Kurs Dialekt".

Hausach. "S’isch Summer, de Sunn brägelt obe ra. Mir brinnelet de Schweiß s Herzgräble na", liest Ursel Schmid aus einem Gedicht vor. Nach jeder Sprechpause schaut sie mich bedeutungsschwer an. Und ich schaue anscheinend so fragend zurück, dass auch Heidi Schwarzer und Ursula Aberle in Lachen ausbrechen. Oje, dass kann ja heiter werden. Die drei haben sich mit mir getroffen, um mir die Grundzüge des hiesigen Dialektes näherzubringen. Denn der bereitet mir als Neue im Kinzigtal manchmal noch Probleme.

"Wir sprechen hier Alemannisch", erklärt Aberle. Der Sprachraum erstrecke sich über Baden, das Elsass, die Schweiz, Vorarlberg und Liechtenstein. Der Dialekt sei nah am Mittelhochdeutschen, so Aberle weiter. "Als wir in der Schule zum Beispiel Walther von der Vogelweide gelesen haben, hatte ich keine Probleme mit dem Text", erinnert sich Aberle. "Viele Laute sind nämlich identisch mit dem Alemannischen." Sie sei mit der Mundart aufgewachsen und daher sei es ihr wichtig, dass sie erhalten bleibe. Schwarzer und Schmid nicken. "Es dunkt üs guet", sagen sie (Es gefällt uns gut).

Übrigens haben die drei nicht die Erfahrung gemacht, dass sie durch den Dialekt Probleme in der Schule oder später am Arbeitsplatz hatten. "Das ist ein Stück Kulturgut und darf nicht verloren gehen", sagt Schwarzer. Als Kind lerne man den Dialekt freilich am einfachsten, sagt sie.

Was aber sind die Grundkenntnisse, die ich haben muss, um den Dialekt zu verstehen, frage ich mich. Aberle weiß es genau: Es gebe kein Präteritum. Außerdem gebe es kein "au", das werde zusammengezogen und als "u" ausgesprochen, wie in "Huse". Auch das "ei" werde zusammengezogen zu "i". Außerdem gebe es oft – und das mache den Dialekt manchmal schwer zu verstehen – mehrere Ausdrücke für ein und dasselbe Wort. "Zum Beispiel ›Feldsalat‹: Wir sagen hier ›Ritscherle‹, im Breisgau sagt man auch ›Sunnewirbele‹, an anderen Orten auch ›Nüssle‹", erklärt mir Aberle. Es könne sogar passieren, dass nur wenige Kilometer weiter Worte völlig anders ausgesprochen werden, sagt Schmid. Gutach sei zum Beispiel nur einen Kilometer entfernt, trotzdem merke man den württembergischen Einschlag schon deutlich.

Französischer Einschlag in der Mundart

Zurück zu meinem Gedicht: Das heißt übrigens "S’isch Summer". Und das passt ziemlich gut – denn auch mir steht mittlerweile der Schweiß auf der Stirn. "Versuchen Sie doch mal, es vorzulesen", fordert mich Schmid auf. Sehr witzig. "De Sell schmeckt salzig uf de Hudd", lese ich vor. Es gehe doch schon ganz gut, rufen die drei freudig. Naja, der Satz war ja auch nicht so schwer. Schmid übersetzt mir derweil Zeile für Zeile das Gedicht, damit ich auch weiß, was ich da so vorlese.

Was gibt es noch zu wissen? Hausach sei im Krieg von Franzosen besetzt gewesen, daher finden sich viele französische Ausdrücke im Hausacher Dialekt, erklärt Schwarzer. Beispiele sind "Gugumer" (Gurke), "Trottoir" (Gehsteig), "Griese" (Kirschen) oder "Bagaasch". Letzteres Wort kenne ich auch aus meiner hessischen Heimat. Übrigens wird im Dialekt auch "geihrzt". Heißt, dass Respektspersonen mit "ihr" angesprochen werden. "Zum Beispiel hat man das früher zu den Eltern gesagt", so Schwarzer. Eine Sacher interessiert mich aber noch: nämlich, was es mit "ebbis" auf sich hat, das ich schon oftmals in Gesprächen gehört, aber bisher immer ignoriert habe. "Das ist ganz einfach: ›etwas‹", sagt Aberle. Das hätte ich mir natürlich auch denken können.

Und wie funktioniert die Sache mit Uhrzeit eigentlich? Auch das kann Aberle schnell klären: "Viertel vier ist Viertel nach drei, dreiviertel vier ist Viertel vor vier." Ob ich mir das merken kann, steht auf allerdings einem anderen Blatt. "Nur Mut, aller Anfang ist schwer", ermuntern mich die drei. Wenn man die Mundart täglich höre, gehe das irgendwann in Fleisch und Blut über.

"Nehmen Sie das Gedicht ruhig mit und üben Sie zu Hause", ermuntert mich Schmid beim Abschied. Und Aberle fügt lachend hinzu: "Und wenn Sie uns mal beim Stammtisch besuchen, dann tragen Sie es vor."

Der 1965 gegründete Sprachverein mit Sitz in Freiburg hat sich zum Ziel gesetzt, die alemannische Mundart zu pflegen und erhalten. Er ist in 16 Regionalgruppen und eine Gruppe "Alemanne i de Welt" gegliedert. Sie halten den Kontakt zu Mundartgruppen im Elsass, in der Schweiz, in Liechtenstein und Vorarlberg durch Ausflüge und Einladungen von Mundartdichtern, Mundartsängern. Der Verein gibt halbjährlich die Zeitschrift "Alemannisch dunkt üs guet" heraus und bietet außerdem das Projekt "Mundart in der Schule" an. Die Gruppe Kinzig-, Wolf- und Gutachtal hat 42 Mitglieder, die sich regelmäßig zu Stammtischen oder Lesungen treffen. Auch mit dem Freilichtmuseum Vogtsbauernhof pflegen sie gute Kontakte.