Das Haus Fürstenberg äußerte sich öffentlich über eine 16-seitige "Denkschrift". Repro: Hensle Foto: Schwarzwälder Bote

Historie: Enteignung von Fürstentümern nach der Novemberrevolution / Hausach interessiert an Verkäufen

Derzeit gibt es eine Diskussion über die Enteignung großer privater Immobilienkonzerne. Eine ähnliche Debatte gab es schon einmal in Deutschland: vor ziemlich genau 100 Jahren nach der Novemberrevolution 1918. Auch in Hausach.

Hausach. Der Fürstlich Fürstenbergische Rentmeister Benz machte am 28. März 1919 in Donaueschingen der Stadt Hausach folgende Bekanntgabe: "Die F.F. Standesherrschaft beabsichtigt ihre Güter an die derzeitigen Pächter als Eigentümer zum besonderen Aufschlag zu überweisen." Die Absicht hinter dem Angebot war unschwer zu erkennen, man wollte wohl einer drohenden Enteignung durch rechtzeitigen Verkauf zuvorkommen. Denn bereits am 2. April 1919 berichtete die Neue Badische Landeszeitung über einen Gesetzesentwurf zur "Vergesellschaftung des Großgrundbesitzes und des Großkapitals", den der Mannheimer SPD-Stadtrat Eduard Dietz und Mitglied der Badischen Nationalversammlung eingebracht hatte. Zielsetzung war, dass die "im Gebiet der badischen Republik" bestehenden Standesherrschaften "zum Zweck der Bewirtschaftung für die Allgemeinheit – Vergesellschaftung – enteignet" werden. Bereits an dritter Stelle war das Haus Fürstenberg aufgeführt.

Der Hausacher Bürgermeister Karl Moog zeigte sich gleichwohl interessiert an eventuellen Verkäufen durch das Haus Fürstenberg. Vorsorglich wandte sich Moog am 11. April 1919 unter Beifügung der Akten an die örtlichen Vertreter in der Badischen Nationalversammlung, "um vertrauliche Fingerzeige inbezug auf unser käufliches Verhalten gegen über der Standesherrschaft".

Die Antwort kam am 15. April 1919 per Postkarte vom Wolfacher Abgeordneten Straub: "Nach Vorschlag von Dietz und Genossen sollen die Standesherrschaften mit Rückwirkung zum 9.XI.1918 an enteignet und alle seither vorgenommenen Veräußerungen sollen, soweit sie nicht genehmigt waren, nichtig sein. – Wie weit dieser Vorschlag Gesetz wird, weiß man heute gar nicht. Die Meinungen darüber gehen sehr auseinander." Daher der Rat des Nationalversammlungsmitglieds, "mit den Käufen nicht so sehr zu eilen".

Die zweite Antwort erging einen Tag später durch den Kippenheimer Abgeordneten Seubert mit dessen Ratschlag: "Mir erschien gerecht, daß die Stadt alle Güter übernähme u. dieselben an ihre Bürger verpachte."

Adligen wendeten sich gegen SPD-Vorschlag

Aber die Enteignungsdebatte war noch nicht beendet. Ausgerechnet das Donaueschinger Tagblatt beschäftigte sich am 7. Juni 1919 mit der "Frage der Sozialisierung standesherrlicher Grundstücke". Auch das Haus Fürstenberg äußerte sich öffentlich über eine "Denkschrift, verfasst im Auftrag des Fürsten Max Egon zu Fürstenberg von Fürstlich Fürstenbergischer Kammer in Donaueschingen". In dieser 16-seitigen Schrift, die am 18. Juni 1919 auch an den Hausacher Gemeinderat gesandt wurde, wandte sich das Fürstliche Haus ausdrücklich gegen jegliche Sozialisierungspläne, namentlich gegen den Vorschlag des SPD-Abgeordneten Dietz. Die Fürstenbergische Standesherrschaft, die laut Denkschrift rund 42 000 Hektar nutzbare Bodenfläche besaß, erklärte sich im Grundsatz bereit, "ihren landwirtschaftlichen Besitz zu verkaufen", auch wenn dies "die Einkünfte der Fürstlichen Verwaltung wesentlich schmälern" werde: "Gleichwohl hat sich der Fürst zu Fürstenberg zu diesem Opfer entschlossen in dem Bewußstein, daß er damit den Jahrhunderte alten Besitz seiner Familie gewissermaßen in den Dienst der Allgemeinheit der ehemals Fürstlich Fürstenbergischen Lande stellt und auf schnelle und einfache Weise zur Erreichung der Ziele beiträgt, die von anderer Seite durch gefährliche, das Wirtschaftsleben erschütternde, Experimente angestrebt werden." Wie der Denkschrift zu entnehmen ist, saß die Furcht vor "gefährlichen Experimenten", sprich Enteignungsgesetz, wohl tief im Hause Fürstenberg.

Nach der Novemberrevolution stand die Enteigung von Fürstenvermögen im Raum.

Die Badische Verfassung vom 21. März 1919 sah in Paragraf 14 auch die Enteignung gegen Entschädigung vor. Näheres sollte ein Enteignungsgesetz bestimmen.