1920 wurde der Kaufvertrag unterschrieben. Repro: Hensle Foto: Schwarzwälder Bote

Geschichte: Hausach erwirbt nach Novemberrevolution 1918 fürstliche Güter

Derzeit gibt es eine Diskussion über die Enteignung großer privater Immobilienkonzerne. Eine große Enteignungsdebatte gab es schon einmal in Deutschland, vor ziemlich genau 100 Jahren im Gefolge der Novemberrevolution von 1918. Auch in Hausach.

Hausach. Dabei ging es vor allem um die Enteignung von Fürstenvermögen. Die Badische Verfassung vom 21. März 1919 sah in Paragraf 14 auch die Enteignung gegen Entschädigung vor.

Das war der Hintergrund vor dem am 18. Juni 1919 die Fürstlich Fürstenbergische Standesherrschaft eine 16-seitigen Denkschrift auch an den Hausacher Gemeinderat sandte, in der es hieß: "Die Standesherrschaft ist grundsätzlich bereit, ihren landwirtschaftlichen Besitz zu verkaufen." Bereits im März 1919 hatte das Haus Fürstenberg seine Bereitschaft bekundet, ihre Güter an die derzeitigen Pächter zu veräußern. Man gedachte wohl, einer eventuell drohenden Enteignung durch Verkauf zuvorkommen.

Im Begleitschreiben zur Fürstlich Fürstenbergischen Denkschrift wurde angefragt, ob die Gemeinde die auf der Gemarkung Hausach liegenden Grundstücke "selbst kaufen" oder "deren Verkauf unmittelbar an die Pächter und andere landbedürftige Personen unter ihrer Vermittlung vorzieht".

Der Hausacher Bürgermeister Karl Moog griff beherzt zu und notiert am 20. Juni 1919, "ist der Ankauf von sämtlichen fürstliche Gütern vorzusehen". Auch der Einbacher Bürgermeister Schuler meldete Kaufinteresse an. Offenbar gab es badenweit geschäftige Kaufs- und Wiederverkaufsaktivitäten, so dass im Juli 1919 das Badische Arbeitsministerium sich mäßigend einschaltete: "Die Gemeinden sind zu veranlassen, von Gelegenheiten, grund- und standesherrschaftlichen Boden zu erwerben, Gebrauch zu machen, jedoch den Besitz festzuhalten und in erster Linie durch Verpachtung der minderbemittelten Bevölkerung die Möglichkeit zu geben."

Die Verkaufsverhandlungen über die auf der Hausacher Gemarkung liegenden Grundstücke zogen sich hin, und so wandte sich am 29. September Bürgermeister Moog an das Haus Fürstenberg: "Durch den ausgedehnten Besitztum des fürstenbergischen Hauses auf der hiesigen Gemarkung, war es Hausach nicht möglich frei und ungezwungen sich auszudehnen, es war auch unmöglich sich irgendwelche Gemeindewerte zum Nutzen und Frommen der Allgemeinheit, wie es Gemeindepflicht ist, zu verschaffen."

Einen Tag später wandte sich der Hausacher Schultes auch an die beiden örtlichen Vertreter in der Badischen Nationalversammlung mit dem Bemerken: "Die fürstliche Standesherrschaft ist hart im Grundstückshandel und will die Sache nicht vorwärts gehen." Weiter hieß es in dem Schreiben: "Wie wir ersehen soll in der kommenden Beratungszeit ein Enteignungsgesetz dem Landtage vorgelegt werden", daher stelle sich die Frage, "ob es nicht vorteilhafter wäre dies Gesetz abzuwarten."

Doch gegen Jahresende kam es zu einer Einigung. Nach der wurde laut Gemeinderatsprotokoll vom 17. Januar 1920 "der Kaufvertrag über den Ankauf der fürstliche Güter auf hiesiger Gemarkung zum Gesamtkaufpreis von 322 500 Mark vorbehaltlich der Zustimmung des Bürgerausschusses mit der Maßgabe genehmigt, den ganzen Kaufpreis vorerst durch ein Darlehen in gleicher Höhe zu decken". Und weiter zur Finanzierung des Ankaufs der insgesamt 43 Hektar: "Das Darlehen soll eines Teils durch Verkauf von Grundstücken an hiesige Einwohner im ungefähren Betrag von 200 000 Mark getilgt werden". Der Stadt blieb also nur ein Restbetrag von 122 500 Mark.

Nichtsdestotrotz war das damals ein stattlicher Betrag für ein Städtchen mit nicht mal 2000 Seelen. Die Ausgaben stiegen auf mehr als 820 000 Mark. Zum Vergleich, im Jahr zuvor waren es knapp 300 000 Mark, aber zwei Jahre später im Inflationsjahr 1922/23 lagen die Ausgaben bei 44 952 829 Mark (44 Milliarden).

Was von der Novemberrevolution von 1918 blieb, war nicht nur die Einführung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Über den Ankauf der fürstlichen Grundstücke wurde erst die Voraussetzung für eine Stadt- und Bauplanung geschaffen, ohne die sich Hausach nicht zu dem hätte entwickeln können, was es heute ist.