Tobias Hornig ist Chef- und Facharzt für Psychiatrie an der Median-Klinik in Nordrach. Foto: Reinhard Foto: Schwarzwälder Bote

Tag der Gesundheit: Mediziner Tobias Hornig erklärt Unterschied zwischen Burnout-Syndrom und Depression

Über das Burnout-Syndrom und Depressionen hat Tobias Hornig im evangelischen Gemeindehaus in Hausach referiert. Der Facharzt für Psychia-trie an der Median-Klinik in Nordrach war vom großen Interesse am Vortrag überwältigt.

Hausach. Zu Beginn der Präsentation gab Hornig einen kurzen Überblick über die gesellschaftliche Wahrnehmung der beiden Erkrankungen, indem er einige Artikel aus der Presse zeigte. Überrascht zeigte er sich, dass selbst das Magazin Playboy über das Burn-out-Syndrom berichtet und Medien depressive Störungen weniger thematisieren. Dies steht im Gegensatz zur jeweiligen Häufigkeit der beiden Erkrankungen: So ist die Wahrscheinlichkeit jedes Menschen, an einer Depression zu erkranken, sehr viel höher als bei einem Burnout.

Daraufhin erläuterte Hornig die beiden Störungen. So handele es sich beim Burnout um eine emotionale Erschöpfung, die irgendwann eine objektiv messbare eingeschränkte Leistungsfähigkeit nach sich zieht. Die Wahrscheinlichkeit eines jeden Menschen im Laufe seines Lebens an diesem Syndrom zu erkranken, liegt bei 4,2 Prozent. Innerhalb eines Jahrs bekommen 1,2 Prozent der Bevölkerung ein Burnout.

Arbeitsbelastung ist nicht entscheidend

Der Arzt betonte, entgegen der weitläufigen Meinung sei bei der Entwicklung eines Burnouts die Arbeitsbelastung gar nicht so entscheidend. Oft spielten Faktoren wie schwierige Lebenssituationen eine Rolle. So bekommen getrennt Lebende oder Geschiedene viel häufiger ein Burnout als Menschen in stabilen Partnerschaften.

Um noch einmal zu verdeutlichen, was ein Burnout ist, zog Hornig ein Zitat des Arztes Hebert Freudenberger heran: "Je müder ich wurde, desto mehr trieb ich mich an. Ein Zustand vollkommener physischer und emotionaler Erschöpfung folgte." Exemplarisch für alle Erkrankten habe Freudenberger die typischen Burnout-Stadien durchlaufen. Auf einen anfänglichen großen Enthusiasmus folgt eine zunehmende Erschöpfung. Das Denken wird rigide, die sozialen Kontakte nehmen ab und die Leistungsfähigkeit sinkt messbar ab.

"In diesem Teufelskreis aus hohem Anspruch und abnehmenden Erfolgen spielt natürlich auch die Arbeitsbelastung eine Rolle", sagte Hornig. Glücklicherweise gebe es gute Möglichkeiten, das Syndrom zu behandeln, auch wenn es nicht "die eine" Therapie gebe. So könne man beispielsweise die Ursachen situativ überprüfen, Stressbewältigungsstrategien erlernen oder sein Zeitmanagement überprüfen. "Letztendlich macht nicht die Arbeit krank, sondern der fehlende Ausgleich", fasste Hornig zusammen.

Um depressive Störungen zu erklären, schickte der Mediziner voraus: "Das Gehirn ist ein komplexes Organ und es gehört wenig dazu, dass es nicht mehr so funktioniert, wie es soll." Die Prävalenz bei Depressionen sei hoch. 80 von 100 Europäern erkranken im Laufe ihres Lebens. Als Warnzeichen nannte er gedrückte Stimmung, Schlafstörungen, Interessen- und Freudlosigkeit und ein "Gefühl der Gefühllosigkeit" – und das über einen Zeitraum von Wochen bis Monaten. "Es geht nicht nur um Traurigkeit", betonte Hornig. Bei einer depressiven Störung sei das Areal im Gehirn, das Handlungen plane, erkrankt. Es handele sich um eine neuro-chemische Disbalance. Die Ursache sei eine genetische Disposition, die Auslöser sind mehre Faktoren.

Doch auch wer erkranke, könne auf Hilfe hoffen. "Man kann das behandeln, sogar sehr gut. Gerade in der Prophylaxe", machte Hornig Mut. Mit einer Kombination aus Psychotherapie, ergänzenden Maßnahmen und Medikamenten seien die Erfolgsaussichten auf Heilung sehr gut.

In der Fragerunde wollte ein Zuhörer wissen, inwieweit bei einer genetischen Disposition eine depressive Störung vorgebeugt werden könne. "Das ist schwierig. Wenn man das weiß, sollte man eher in ›Halb-Acht-Stellung‹ sein und auf Warnzeichen bei sich achten", meinte Hornig. Ein anderer fragte, ob bekannt sei, ob man mit Hilfe eines Gen-Tests herausfinden könne, wie wahrscheinlich es sei, an einer Depression zu erkranken. Es gebe mehrere "Kandidatengene" für die Disposition, aber das reiche nicht für einen Test, antwortete Hornig. "In wie weit macht die Gesellschaft uns krank?", fragte eine Zuhörerin in Bezug auf die genannten psychischen Erkrankungen. "Gesellschaftlich-wirtschaftliche Zwänge können in ein Burnout führen. Sie unterstützen die Entwicklung des Syndroms", so Hornig. Anders sehe es bei einer depressiven Störung aus. "Da gehört mehr dazu als das, was die Gesellschaft erwartet."