Alle zwei Monate ist Hildegard Geyer in ihrer Wohnung in Hausach, recherchiert und schreibt an ihrem Buch. Foto: Reinhard Foto: Schwarzwälder Bote

Historie: Hildegard Geyer schreibt Buch über ihre Ahnen / Ehemaliges Gasthaus Hirsch ist Mittelpunkt

Ahnenforschung ist ein beliebtes Hobby. Doch wenige stecken so viel Zeit und Herzblut hinein wie Hildegard Geyer. Sie schreibt ein Buch über vier ihrer Ursprungsfamilien, deren Geschichte eng mit dem ehemaligen Gasthaus Hirsch verbunden ist.

Hausach. Über die Historie des 1774 erstmals erwähnten "Hirschen" sei bereits viel recherchiert und geschrieben worden, meint Geyer – nicht aber über dessen Blütezeit ab 1919, nachdem ihre Großeltern das Gasthaus übernommen hatten. Das allein war aber nicht der Grund, warum Geyer sich dazu entschloss, die Geschichte ihrer vier Ursprungsfamilien Pfaff, Oberfell, Metzger und Müller genau nachzurecherchieren. "Meine Enkelin hat mich gefragt, wo eigentlich die Oma gearbeitet hat. Das fand ich schade, dass das Wissen darum verloren geht und aus diesem Grund habe ich beschlossen, das Buch zu schreiben."

Mit einem Tatendrang und einer Begeisterung, die sie sich selbst vorher gar nicht zugetraut habe, wie sie sagt, habe Geyer sich in die Sache gestürzt, aber die Arbeit habe auch viel Durchhaltevermögen und Geduld erfordert.

Quellen fand sie "unglaublich viele". Sogar einige alte Speisekarten hat sie aufgetan sowie das Gästebuch, das Einträge von 1950 bis 1961 beinhaltet. Zwar wohnt die gebürtige Hausacherin schon seit einigen Jahren nicht mehr in der Stadt unter der Burg, sondern in der Lüneburger Heide, dennoch ist sie etwa alle zwei Monate für rund zwei Wochen in Hausach, sodass sie ihren Aufenthalt gut mit ihren Recherchen verbinden konnte. Sie fragte in Ämtern nach, suchte im Landes- und Staatsarchiv und auch in dem der Stadt Hausach, wobei sie Archivar Michael Hensle gerne unterstützte. "Er kennt mich mittlerweile gut", meint Geyer lachend. Auch Bernd Schmid und Udo Prange, die sich bekanntermaßen für die Historie der Stadt Hausach interessieren und einsetzen, waren ihr eine große Hilfe.

Recherchen erstrecken sich über drei Jahre

Geyers Recherchen erstreckten sich über einen Zeitraum von drei Jahren, wobei sie zugibt, sich ab und an etwas verzettelt haben. "Allein die Flurnamen zuzuordnen hat Wochen gedauert", berichtet Geyer. Nach einer Weile hatte sie aber schon etwas an Routine gewonnen. Die Recherchearbeit ging ihr leichter von der Hand und beispielsweise Findbücher aufzuspüren gelang ihr immer schneller.

Hilfreich waren ihr auch gerade beim Thema "Hirsch" ihr eigenes Wissen und Erfahrungen, schließlich waren ihre Eltern, die das Gasthaus 1950 von Geyers Großeltern übernahmen, auch die letzten Inhaber gewesen. Geyer und ihre drei Geschwister verbrachten in dem Lokal ihre Kindheit. "Unsere Stubenwagen und Laufställe standen im Saal, während unsere Eltern arbeiteten und unser Kindermädchen nach uns schaute", erinnert Geyer sich. Auch ein Kino hatte im "Hirsch" seinen Platz gefunde. Das Zimmer der kleinen Hildegard wurde abends dazu zum Kartenverkaufsraum umfunktioniert. Während sie hinter einem Vorhang im Bett lag, fragten die Kinobesucher nach Tickets und bedankten sich nach deren Erhalt, weswegen Hildegards Raum in der Familie scherzhaft auch als "Danke-Zimmer" bezeichnet wurde.

Im Gedächtnis sind ihr vor allem viele Bälle und Veranstaltungen geblieben, denn der "Hirsch" hatte lange Zeit den einzigen großen Saal in ganz Hausach. Nahezu alle Hochzeiten, Hauptversammlungen und andere größeren Ereignisse fanden bis in die 70er-Jahre in diesem Gasthaus statt. Doch gerade aus dieser Zeit fand Geyer nur wenige Fotos. Aus diesem Grund ist sie auf der Suche nach Bildern, die der eine oder andere von Veranstaltungen, die in der Blütezeit des Gasthauses dort stattgefunden haben (siehe Infokasten).

Wahrscheinlich wäre der "Hirsch" auch bis nach den 70er-Jahren eine beliebte Adresse geblieben, doch dann starb Geyers Bruder mit 20 Jahren bei einem Autounfall. Er hatte das Gasthaus eigentlich übernehmen sollen. Das Lokal wurde verpachtet, dann zog ein Supermarkt ein. Und schließlich wurde in den 90er-Jahren das mitten im Städtle gelegene Traditionsgasthaus abgebrochen. Geyers gesamte Familie ist heute in Bad Wörishofen im Allgäu zu finden, wo ihre Eltern in den 70er-Jahren eine Pension gekauft hatten.

Im Zuge ihrer Recherchen hat Geyer 431 Familienmitglieder gefunden, nicht alle werden aus Datenschutzgründen aber in dem Buch genannt. Die Zeit von 1850 bis 1920 hat sie bereits verschriftlicht, mit dem Rest will Geyer bis zum kommenden Sommer fertig sein. Und dann? "Mehrere Familienzweige können es kaum abwarten, das Buch zu lesen", so Geyer. Auch die Stadt Hausach bekommt ein Exemplar als Gegenleistung dafür, dass sie deren Archiv nutzen durfte. Wie und wo sie das 300 bis 400 Seiten umfassende Buch binden lässt, weiß Geyer noch nicht. Aber es wird auch elektronisch in einer Cloud zu finden sein.

Im "Hirsch" haben viele Hochzeiten stattgefunden. Meist wurde zum Nachtisch Eisbombe bestellt. Diese servierte Hildgard Geyers Mutter in Form einer Taube serviert. Weder davon noch von den vielen Theaterstücken oder dem Spiegel im Obergeschoss, der alles verzerrt zeigte, hat Geyer bisher ein Foto gefunden. Wer noch alte Fotos hat und diese entbehren beziehunsgweise für Geyers Buch zur Verfügung stellen will, kann diese im Kultur- und Tourismusbüro abgeben.