Christian Dogs hielt in der Hausacher Stadthalle einen Vortrag. Foto: Störr Foto: Schwarzwälder Bote

Vortrag: Spiegel-Bestseller-Autor Christian Dogs referiert über emotionale Kompetenz und Selbstreflexion

Voll besetzt ist die Hausacher Stadthalle am Mittwochabend gewesen. Christian Dogs hat zum Thema emotionale Kompetenz durch Selbstreflexion referiert und immer wieder viel Applaus für seine Ausführungen erhalten.

Hausach . Mehr Gefühl, weniger Verstand, auf diesen kurzen Nenner hätte sich der Inhalt des Abends bringen lassen können. Dogs ist ärztlicher Direktor der psychosomatischen Klinik in der Max-Grundig-Klinik in Bühl. Er griff in Hausach ebenso informativ wie unterhaltsam auf seine 30-jährige Berufserfahrung zurück.

"Aus meiner Sicht werden viele Menschen krank, weil wir immer weniger Pausen machen oder einfach mal aus dem Fenster schauen", stieg er ins Thema ein. Das Gehirn brauche Pausen, es sei nicht dafür gemacht, ständig auf Reize zu reagieren.

"Wir rasen reizüberflutet durch den Alltag und die Seele kommt nicht hinterher", verdeutlichte Dogs anhand des Handy-Gebrauchs. Was es für eine Selbstreflexion brauche, sei in erster Linie die Muße, um es zu tun. Einen "klaren Kopf" bekomme, wer sich keine Zeit setze. Selbstreflexion sei kein Dasitzen und überlegen, wie es einem gehe, sondern ein Klarwerden über die Ziele im eigenen Leben.

Er habe sein Buch "Gefühle sind keine Krankheit" geschrieben, weil seiner Erfahrung nach die Gefühle in der Gesellschaft zunehmend stigmatisiert und pathologisiert würden. Mit einem theoretischen Ausflug in die Hirnforschung stellte er fest: "Der Chef im Gehirn ist das Gefühl!" Das Schlimme daran sei, dass es gewusst, aber nicht berücksichtigt werde.

"Sie entscheiden immer aus dem Gefühl heraus, ob Sie das wollen oder nicht", erklärte der Referent. 90 Prozent von dem, was im Kopf passiere, bekomme man nicht bewusst mit – das Hirn nehme unablässig Eindrücke auf.

Für die Zukunft sei emotionale Kompetenz unabdingbar wichtig, weil alles andere Computer übernehmen würden. "Unser großer Trumpf gegen die Digitalisierung ist das Gefühl und die Fähigkeit, in komplexen Zusammenhängen zu denken", blickte Dogs voraus. In Deutschland gebe es mehr Betten in psychosomatischen Kliniken, als im gesamten Rest der Welt zusammen. Man lebe in einer hochrationalen Gesellschaft, in der es zunehmend emotional verflachte Menschen gebe.

Vom aktuellen Glückszwang halte er wenig. Es wäre schon viel gewonnen, wenn man einfach nur zufrieden sei. "Zufriedenheit ist die Währung, mit der wir Psychiater handeln – Zufriedenheit und Zeit."

Wer seine Mitarbeiter wertschätzt, erhält im Gegenzug freiwilligen Einsatz "ohne Ende"

Viel wichtiger als der jährliche Gesundheits-Check sei ein psychischer Check-up, um sich seiner Gefühle bewusst zu werden. "Was wir nicht merken: Dass dieses ständige ›so tun als ob‹ uns krank macht", betonte Dogs. Wenn die Seele aufmucke, höre niemand hin; erst wenn der Körper schlapp mache, sei die Aufmerksamkeit für mögliche Ursachen groß.

Den Arbeitgebern im Saal riet er zur grenzenlosen Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitern, um im Gegenzug freiwillige Leistung ohne Ende zu bekommen.

Entscheidungen sollten laut Dogs niemals unter emotionalem Stress getroffen werden, Affekte des Erfahrungs-Gedächtnisses würden Einfluss nehmen. Den großen Fehler in der Psycho-Analyse und in der Psychotherapie sah er im ständigen Suchen in der Patienten-Vergangenheit. "Psychotherapie muss das Leben vereinfachen – nicht komplizierter machen!", war er überzeugt.

Es gelte; in die Gegenwart zu gehen und in die Zukunft zu denken. "Ich würde Sie so gerne für Gefühle begeistern!", endete er im rauschenden Schlussapplaus.

Im Anschluss an den Vortrag: "Emotionale Kompetenz durch Selbstreflexion – die Basis für gute und richtige Entscheidungen" stellte sich Christian Dogs den Fragen des Publikums und betonte: "Die Kraft einteilen wäre sinnvoll – aber es macht keiner; nichts tun macht nervös, aber fürs Gehirn ist es ein absoluter Genuss." Mit der völligen Reizüberflutung fliehe man vor Gefühlen, könne aber auch nicht mehr bei sich sein. "Was wir mit uns machen ist eine Katastrophe – aber gut für die Psychiater!", befand er.