Ausklang am Büchertisch mit den drei Autoren Christine Störr, Gotthard Vetter und Johanna Schwidergall (dritte, vierter und fünfte von links) Foto: Dorn

Drei Kinzigtäler Autoren lesen aus ihren neuesten Werken Geschichten aus Hofstetten, Uganda und indien vor

Gut zwei Dutzend "Leseratten" älteren Semesters haben sich im Haslacher Bürgerhaus von Bücherschreibern aus dem Kinzigtal in die Welt der Literatur entführen lassen. Die drei Autoren lasen aus ihren Büchern oder ihren noch nicht veröffentlichten Manuskripten.

Haslach. Johanna Schwidergall aus Gutach, Christine Störr aus Hofstetten und der Haslacher Gotthard Vetter unterhielten ihr Publikum hervorragend.

Nicht nur zur Urlaubszeit nehmen die Deutschen gerne Biografien, Krimis, Reiseliteratur oder ein gutes Sachbuch zur Hand, ein ungebrochener Trend, der auch im Lokalen mit regionalen Krimis und Autobiografien für rege Nachfrage sorgt.

Johanna Schwidergall

Johanna Schwidergall las aus ihrem bald veröffentlichten Zweitwerk "Im Schatten des Mangobaums" biografisch gefärbte kurze Geschichten aus ihrer Zeit in Uganda und trug dazu die originale ugandische Gomez-Tracht, benannt nach einem portugiesischen Schneider der seinerzeit zum Besuch der britischen Königin Viktoria ein opulentes Kleid für die ugandische Damenwelt schuf.

Als weiße "Musunga" hatte sie mit 61 Jahren nach einem langen Berufsleben als Filialleiterin einer Sparkasse ihre Zelte in Deutschland abgebrochen und war mit 13 Koffern in ein neues Leben nach Uganda aufgebrochen. Uganda, das Land der fruchtbaren roten Erde, der majestätischen Vulkanberge, der Berggorillas in den Wäldern im Ruwenzori-Nationalpark, der großen Seen und dem Fluss Nil hatte die Autorin von Beginn an in seinen Bann gezogen. Drei Jahre lebte Schwidergall dort, ehe mehrere Malaria-Infektionen die Rückkehr nach Gutach geboten.

In ihrem Buch "Unter dem Schatten des Mangobaums" hat die Autorin ihre vielfältigen Erfahrungen mit Land und Leuten zu teils sehr humorigen Erzählungen verarbeitet.

Mit der Episode um den Versuch, auf einer mehr als 100 Jahre alten Nähmaschine der Durlacher Gritzner-Werke Kindergartentaschen zu nähen und dabei an seine eigenen schneiderischen Grenzen zu stoßen, dem Knigge-Ratgeber für den Umgang mit überraschenden Besuchern, die ungefragt den Fernseher anstellen und davor dann auch gerne warten, bis der Gastgeber in der Küche ein spontanes Gastmahl zubereiten wird und natürlich der Geschichte mit den Nachbarskindern, die die leere Keksdose mit den beim Backen der Hostien übrig gebliebenen Teigresten zurückbrachten (the lamb of God is over) zeigte die Autorin einen unverstellten Blick auf die Verhältnisse in einem afrikanischen Land, das anders als die Urlaubsländer wie Kenia und Tansania kaum in Deutschland bekannt ist.

Gotthard Vetter

Deutlich weniger flüssig geriet die Lesung oder besser der Vortrag des Schnellinger Urgesteins Gotthard Vetter. Vetter nahm seine Zuhörer mit auf eine autobiografische Reise durch sein von gewerkschaftlichem und kirchlichem Engagement geprägtes Leben. Die Stationen seines Lebens - Entwicklungshilfe an einer Berufsschule in Indien, studentischer Protest gegen das geplante Atomkraftwerk in Wyhl am Kaiserstuhl, Unterstützung des Streiks gegen den amerikanischen Walmart-Konzern mit seiner nicht mit der deutschen Gesellschaft kompatiblen Unternehmensphilosophie, Engagement für bessere Produktionsbedingungen in den Textilfabriken in Bangladesch, Engagement für die Arbeit der "Freiburger Strassenschule", Widerstand gegen die B33-Trasse im Überschwemmungsgebiet - hat Vetter mit Unterstützung von Christine Störr zu einer gut 100-seitigen Biografie verarbeitet. Der Titel "Nicht haben müssen – Eine Befreiung!" reicht weit zu seinen Erlebnissen in Indien zurück, die Biografie hat in Haslach durchaus ihre Leser gefunden und wird bereits in der zweiten Auflage gedruckt.

Christine Störr

Die Autorin, oder wie sie sich selbst bezeichnet "Bücherschreiberin", Christine Störr hat schon 2006, aber spätestens 2011 mit dem Studium der Literatur in Frankfurt ihr Hobby zum Beruf gemacht und schreibt seitdem nicht "nur" Texte für den Lokalteil des Schwarzwälder Boten. Für die Ausstellung "Hofstetten in alten Bildern" bekam Störr wahre schwarz-weiße Bildschätze in die Hand, durfte tief in das Hofstetter Gemeindearchiv hinabsteigen und transportierte die aus einer oft mit wenig Tiefenschärfe ausgestattete Vergangenheit in die Gegenwart.

Die eigentlichen Unfarben Weiß und Schwarz bekommen durch ihre Worte eine neue farbige Bedeutung, die vielen Graustufen beschreiben ein von harter Arbeit, aber auch von heimatlicher Geborgenheit geprägtes Lebensgefühl.

Mehrere kleine Texte machten Appetit auf den Bildband, der hoffentlich bald der seinerzeit gut besuchten Ausstellung folgen wird. Dass ein Literaturprofi auch im Urlaub nicht abzuschalten vermag, verdeutlichte Störr abschließend mit einem kleinen Text zu den Gedanken in der Betrachtung einer an den Mittelmeerstrand gespülten rosa Plastik-Kindersandale. Auch diese Zeilen waren wohlformuliert und ließen Spielraum für Interpretationen, und so dürfen und sollen Bücher wirken.

INFO

Veranstalter

Die Haslacher KAB (Katholische Arbeitnehmerbewegung) hatte zu dem interessanten Abend in den "Treff" des Bürgerhauses eingeladen. Musikalisch wurde der Lese-Abend von Werner Kilian mit der Gitarre umrahmt.