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Umwelt: Staatssekretär Andre Baumann (Grüne) diskutiert mit Landwirten / Viel Vertrauen verspielt

FFH-Mähwiesen, zunehmende Bürokratie und vor allem der Wolf: Die Landwirte im Kinzigtal stehen vor immer mehr Herausforderungen. Staatssekretär Andre Baumann (Grüne) suchte jetzt den Dialog mit ihnen. Es wurde hitzig diskutiert.

Mittleres Kinzigtal. Zu der Veranstaltung hatte der BLHV-Kreisverband Wolfach eingeladen. Einem Vortrag Baumanns, in dem er wenig konkret und sehr visionär auf die Landwirtschaft im Kinzigtal in 20 Jahren einging (wir berichten noch), schickte Vorsitzender Ulrich Müller voraus, dass Baumann bereits an einer erweiterten Vorstandssitzung teilgenommen hatte. Er lobte den konstruktiven Austausch und das gute Miteinander. "Er weiß, wovon er redet", lobte Müller den Staatssekretär des Umweltministeriums, der vor dem Antritt dieser Stelle lange Landesvorsitzender des Nabu gewesen ist.

Baumann verstand es zumindest, den zahlreich erschienenen Landwirten im Bollenbacher Dorfgemeinschaftshaus darzulegen, vor welchen Herausforderungen die Regierung steht. Durch den Brexit drohten EU-weit beispielsweise Kürzungen von Förderungen in "besorgniserregender Höhe". Immer wieder legte er dar, inwiefern dem hiesigen Ministerium die Hände gebunden sind, wenn die EU durch neue Verordnungen eingreift. Trotzdem bekam er von den Bauern deutlich mehr Kritik als Lob. Denn die Stimmung ist schlecht – und das nicht erst seit Kurzem. FFH: Lange drehte es sich in der Diskussion wieder um das leidige Thema FFH-Mähwiesen (siehe Infokasten). Auch dem Staatssekretär klagten die Landwirte ihr Leid, erklärten, was alles schief gelaufen ist. Baumann räumte ein, dass bei der Einführung und Kartierung der FFH-Flächen viel Vertrauen verloren gegangen sei. In Zukunft wolle man hier besser auf die Landwirte zugehen und auf zu viel Fachchinesisch verzichten. In diesem Zusammenhang sprach er deutliches Lob an den Landschaftserhaltungsverband (LEV) aus, der wertvolle Hilfe als Vermittler leiste.

Spaß an der Landwirtschaft schien keiner der anwesenden Bauern mehr zu haben. Einer sagte, er sei völlig verunsichert, wisse einfach nicht, wie er mit den FFH-Flächen umzugehen habe. Baumann stellte klar, dass es kein Erhaltungsgebot gebe, sondern ein "Verbot der aktiven Verschlechterung". Habe der Klimawandel die Verschlechterung verursacht, sei der Bauer aus dem Schneider. Überdies bestritt er, dass die Landwirte beweisen müssten, dass sie das Land nicht aktiv verschlechtert haben. Immerhin gebe es Mittel und Wege, herauszufinden, wodurch der Zustand einer FFH-Fläche sich verschlechtert habe. Im Plenum rief diese Antwort Reaktionen zwischen Verwunderung und Unglauben hervor.

Zur Frage, wie hoch die Kosten für ein Monitoring beim Flächentausch mit einem FFH-Gebiet sei, konnte Baumann keine Antwort liefern. Zu einigen anderen Kritikpunkten blieb er ebenfalls konkrete Antworten schuldig, versprach bei allem aber, sich im Ministerium weiter damit zu befassen. Wolf: Zum Wolf hat Baumann eine klare Meinung: "Wir haben ihn 200 Jahre nicht gebraucht und brauchen ihn auch jetzt nicht. Aber er ist jetzt da und müssen mit ihm umgehen." Eine Lösung: Ein Management-Plan, der die Tötung verhaltensauffälliger Tiere von vornherein mit einschließt. Dass es eine Kooperation mit Berufsjägern geben soll, die bei Bedarf einen solchen Wolf aus der Natur "entnehmen", wie es beschönigend heißt, sorgte für Spott. "Dass das funktioniert, können Sie jemandem erzählen, der keine Ahnung hat", meinte ein Landwirt. "Bis dieser Jäger vor Ort ist, ist der Wolf doch längst wieder weg." Baumann stellte aber auch klar, dass eine Regulierung des Wolfs am FFH-Recht von vornherein scheitere. Anderes: Kurz ging es um weitere Themen. So wünschen die Landwirte sich eine Öffnung des Jagdrechts bei Wildschweinen, weil die Schäden inzwischen deutlich zunehmen. Konsens: Dass es auch für den Natur- und Umweltschutz nicht gänzlich ohne die Bauern geht, hatte Baumann in der Diskussion jedoch deutlich gemacht. Der Schwarzwald ist eine Kulturlandschaft, die erst durch die Landwirtschaft entstanden ist. Aber: "Wir können die Landwirte nicht dazu zwingen, die Landschaft zu erhalten." Am Ende müssen beide Seiten einen Konsens finden und gemeinsam für den Erhalt arbeiten. Der Besuch des Staatssektretärs sendete damit für die Landwirte ein positives Signal.

Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, kurz FFH-Richtlinie, ist eine Naturschutz-Richtlinie der EU. Ihr Ziel ist, durch den Schutz ausgewählter Pflanzen- (Flora) und Tierarten (Fauna) sowie deren Lebensräumen (Habitate) den Artenschwund zu stoppen. Magere Flachland-Mähwiesen und Berg-Mähwiesen sind nach dieser Richtlinie ein europaweit schützenswertes Gut. Baden-Württemberg hat laut der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg mehr als 67 000 Hektar Mähwiesen, das entspricht knapp 40 Prozent der Mähwiesenfläche Deutschlands.