Unter anderem steht in Oberwolfach am "Holzlädele" ein Mitfahrbänkle. Archivfoto: Beule Foto: Schwarzwälder Bote

So funktioniert das Angebot zum modernen Trampen.  Ergänzung zum ÖPNV.

Mittleres Kinzigtal - Manche Kommunen im Kinzigtal haben sie längst aufgestellt, andere befinden sich mit ihnen noch in den Startlöchern: Mitfahrbänke. Aber was steckt eigentlich hinter der "modernen Variante des Trampens"?

Während Wolfach, Oberwolfach, Hornberg und Gutach bereits Erfahrungen mit ihren Bänken sammeln, werden die Bänke in der Raumschaft Haslach demnächst aufgestellt. Eine gute Gelegenheit, grundsätzlich zu erklären, was es mit den bunten Bänken auf sich hat.

Welche Ideen und Ziele stecken dahinter?

Die Mitfahrbänke sollen als Ergänzung zum öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) Mobilität für Einzelpersonen im Ländlichen Raum schaffen. Die Idee ist denkbar simpel: Wer in eine bestimmte Richtung mitgenommen werden möchte (beispielsweise von Oberwolfach-Walke in Richtung Wolfach), setzt sich auf die als solche klar gekennzeichnete Mitfahrbank und wird von einem Autofahrer "eingesammelt". Wer früher vielleicht noch als Anhalter den Daumen hob, setzt sich jetzt auf eine bunte Bank.

An welche Zielgruppe richtet sich das Angebot?

An alle, die kein eigenes Auto haben oder ihren fahrbaren Untersatz stehen lassen wollen. Das können ältere Menschen sein, die beispielsweise von Hofstetten nach Haslach fahren möchten, um dort einzukaufen. Oder Kinder und Jugendliche, die diese ergänzend zu bestehenden Buslinien nutzen. Oder Personen, die umweltbewusst leben und aus Gründen des Klimaschutzes auf die individuelle Autofahrt verzichten möchten.

Schafft das keine Konkurrenz-Situation zum ÖPNV?

Nein. Die Kommunen, die beschlossen haben, solche Bänke aufzustellen, betonen, dass das Angebot die bestehenden ÖPNV-Netze ergänzen soll. Manche Kommunen stellen die Bänke daher bewusst nicht direkt im Umfeld von Bushaltestellen auf. Manche Ortsteile und Seitentäler werden von Buslinien gar nicht oder nur spärlich angefahren. Da kann die Mitfahrbank helfen, wenn jemand von A nach B gelangen möchte.

Sind die Mitfahrer im Schadensfall versichert?

Eine klare Antwort gibt die Gemeinde Schuttertal in ihrer online verfügbaren Handreichung für Interessierte: "Durch die gesetzlich vorgeschriebene Kfz-Haftpflichtversicherung sind alle Insassen eines Pkw geschützt", heißt es dort. Diese Pflicht-Versicherung des Fahrers zahle unter anderem für die Mitfahrer im eigenen Auto. Sie komme auch bei der Bildung von Fahrgemeinschaften für Personenschäden der Mitfahrer auf.

Gibt es Kritik?

Zuletzt stellte sich für einige Gemeinderäte die Sicherheitsfrage – immerhin steigen Personen bei Fremden ins Auto. Eine Lösung könnte die Registrierung von potenziellen Fahrern sein, die diese freiwillig beim Rathaus vornehmen und ihr Auto entsprechend mit einem Aufkleber markieren. In Schuttertal wird diese vorgenommen. Die hiesigen Kommunen fahren aber bisher auch ohne Registrierung gut. Zumal diese einen erhöhten Verwaltungsaufwand bedeuten würde. In der Praxis zeigt sich, dass meistens Menschen aus dem Ort Andere mitnehmen, die sie ohnehin kennen. Das ist auch der Punkt, an dem andere Kritiker einhaken: Im Dorf kennt man sich – braucht es die Mitfahrbank dann überhaupt? Mancherorts haben sich bereits "inoffizielle" Haltepunkte gebildet, an denen schon jetzt spontane Fahrgemeinschaften gebildet werden. Erfahrungsgemäß werden diese auch nicht zugunsten offiziell aufgestellter Bänke aufgegeben, wie sich bereits in Umlandgemeinden zeige, meinen Kritiker.

Wie weit sind die Kinzigtal-Kommunen?

Das ist ganz unterschiedlich. Wolfach und Oberwolfach haben sich bereits vernetzt. Die Gemeinde Gutach hat Bänke in Richtung Hausach und Hornberg aufgestellt. Weitere sollen folgen. In Hausach sowie den Kommunen der Raumschaft Haslach werden die Bänke diskutiert beziehungsweise demnächst aufgestellt. Insbesondere die Raumschaft setzt dabei auf eine Vernetzung über die einzelnen Ortsgrenzen hinaus. Haslach wird nach aktuellen Planungen wie eine Art "Knotenpunkt" fungieren. Der Stadtrat beschloss im Dezember die Aufstellung entsprechender Bänke beziehungsweise die Einrichtung von "Haltepunkten". Diese sollen laut Konzept der Verwaltung dort auf mögliche Mitfahrer hinweisen, wo eine Bank keinen Platz findet.

Können die Gemeinden, die die Bänke jetzt aufstellen, auf Erfahrungswerte zurückgreifen?

Die Gemeinde Oberwolfach hat die Bänke bereits 2017 aufgestellt und baut das Netz aufgrund der guten Nachfrage kontinuierlich aus. Auch im Schuttertal und im Harmersbachtal sind inzwischen Netzwerke aus Bänken entstanden. Insbesondere die Gemeinde Schuttertal hat umfangreiche Handreichungen für interessierte Kommunen und Initiativen auf ihrer Internetseite online gestellt.

Und welche Erfahrungen haben die Gemeinden bisher gemacht?

Die Mitfahrbänkle würden gut angenommen, betont Oberwolfachs Bürgermeister Matthias Bauernfeind immer wieder. So gut, dass die Gemeinde im vergangenen Mai mittels einer Online-Umfrage nach neuen möglichen Standorten gesucht hatte. Mit Erfolg: Sechs neue Bänke wurden bereits aufgestellt beziehungsweise werden demnächst aufgestellt. Und in der Gemeinde schlummern noch weitere Ideen. Beim "Digitallabor" in Bad Peterstal-Griesbach im vergangenen Januar wurde das Konzept digital weiterentwickelt: Im Laufe des Workshops seien die Mitglieder der Arbeitsgruppe auf die Idee gekommen, eine Induktionsschleife am Bänkle anzubringen. Eine digitale Hinweistafel soll dem Autofahrer dann anzeigen, wie lange die Person bereits auf dem Bänkle auf eine Mitfahrgelegenheit wartet, und vielleicht dazu bringen, eher anzuhalten.

Das Projekt beschränkt sich nicht auf Stadtgrenzen, wie momentan besonders in Haslach und seinen Umlandgemeinden deutlich wird. Diese gehen das Projekt gemeinsam an und stimmen die Bänke untereinander ab.