Bundestagsk Volker Goerz im Gespräch mit Redakteurin Charlotte Reinhard. Foto: sb

Grüne-Kandidat empfiehlt Landwirten, auf Bio umzusteigen. Ehrenamtlicher Bürgerbusfahrer.

Haslach - Welche Ziele haben die Bundestagskandidaten, was wollen sie erreichen? Unsere Zeitung fühlt den Kandidaten von CDU, SPD, Grünen, FDP, der Linken und der AfD auf den Zahn. Heute: Volker Goerz von den Grünen.

Wie wollen Sie sich dafür einsetzen, dass in Bezug auf die B33-Umfahrung in Haslach endlich mal Schwung in die Angelegenheit kommt?

Ich kandidiere ja für den Schwarzwald-Baar-Kreis und das obere Kinzigtal. Dazu gehören im Kinzigtal fünf Gemeinden. Das sind Wolfach, Oberwolfach, Hausach, Gutach und Hornberg, Haslach schon nicht mehr.

Aber das Problem in Haslach betrifft ja das ganze Kinzigtal, auch die in Ihrem Wahlkreis ansässigen Firmen.

Das Thema ist ja das des Lückenschlusses zwischen den beiden Autobahnen, der A5 und der A 81. Ich bin in diesen Bereich leider nur Zaungast, da Haslach leider nicht mehr mein Wahlkreis ist. In Schramberg wohne ich, deswegen kenne ich die Schramberger Problematik aus erster Hand. Das sind die beiden Lückenschlüsse, die es in der Region braucht, in Haslach und Schramberg. Beides ist noch nicht entschieden, und das wird es auch leider erst nach der Bundestagswahl werden. Verkehrsminister Winfried Hermann bekommt das Geld für die Bundesstraße aus Berlin und er kann nur das Geld verteilen, das er bekommt. Es gibt im Land so viele Bauprojekte, die vordringlich sind, dass man einfach eine Prioritätenliste setzen muss. Und ich hoffe, dass diese Beiden mit dabei sind. Ich kann den Haslachern nur empfehlen, sich einig über die Streckenführung zu sein und dann müssen sie auf die Politik einwirken, dass sie genau diese Umfahrung bekommen.

Ab 2018 sollen Lkws auf der B 33 Maut bezahlen. Ziel ist, den Schwerlastverkehr dadurch auf der Strecke zu minimieren. Glauben Sie, dass die Rechnung aufgehen wird?

Nein. Wir haben in Deutschland im Vergleich zum internationalen Bereich einfach zu billige Transportpreise. Auch die Mautpreise sind im Vergleich zur Schweiz sehr günstig. Die deutschen Spediteure werden diese Abkürzung zwischen den beiden Autobahnen immer gerne nehmen, weil das für sie einfach billiger ist. Aber wir legen zumindest einmal das Verursacherprinzip um. Ein Lsatwagen verursacht mehr Schäden als ein Auto. Wir haben ja ein paar Brücken auf dieser Strecke und die müssen alle paar Jahre saniert werden. Die Verursacher der Schäden sind hauptsächlich die Lastwagen und die sollten deshalb auch zur Kasse gebeten werden.

Im Kinzigtal gibt es eine Menge Potenzial, was Wasserkraft betrifft. Wie stehen Sie zu dem Thema?

Wasserkraft ist die umweltfreundlichste Erzeugung von Strom, die es gibt. Letztendlich geht es aber um einen Energiemix. Man kann nicht einseitig auf Wasserkraft setzen, man kann nicht einseitig auf Windkraft setzen und auch nicht einseitig auf Solarkraft. Die Mischung aus all dem macht’s.

Aber momentan hat man den Eindruck, dass nur auf Windräder gesetzt wird.

Letztendlich entscheidet die Rentabilität. Dort, wo die Windhöffigkeit passt, setzen die Projektierer auf Windkraft. Der Ausbau von Wasserkraft ist immens schwierig mit Blick auf Umweltverträglichkeitsprüfungen.

Fehlt da die Lobby?

Ja, vielleicht. Aber nochmal: Wir müssen auf Energiemix setzen. Energie, das ist Wind, Sonne, das ist Erdwärme, Wasserkraft, Gezeitenkraftwerke... Gezeitenkraftwerke sind etwas Wunderbares, aber sind im Schwarzwald logischerweise kein Thema.

Immer weniger Bauern arbeiten im Vollerwerb. Was wollen Sie unternehmen, um ihnen gerade im Sinne der Offenhaltung mehr Anerkennung und Anreize zu bieten?

Der Schwarzwald ist eine Kulturlandschaft, die über Jahrhunderte geschaffen wurde. Wenn wir alles wieder zuwachsen lassen würden, bekämen wir mehrere Probleme. Diese betreffen nicht nur den Tourismus, sondern beispielsweise auch den Sauerstoffaustausch. Die Sauerstofferzeugung ist auf einer Wiese viel höher als in einem Waldgebiet. Es gibt auf einer Wiese auch mehr Insekten und somit auch mehr Vögel. Wenn die Bauern die Landschaft nicht mehr offenhalten, dann muss es die Allgemeinheit tun. Und dann entstehen der Allgemeinheit Kosten. Es ist besser, die Landwirte für die Offenhaltung zu unterstützen als dass später die Allgemeinheit, sprich die Kommune, abholzt.

Warum aber geben so viele Bauern auf?

Man hat jahrzehntelang gepredigt, dass große Flächen Geld und Ertrag bringen. Aber das ist im Schwarzwald so nicht möglich. Dort in Deutschland, wo viele Landwirte riesige Flächen aufgekauft haben, haben wir Industrielandwirtschaft. Massentierhaltung. Davon müssen wir weg. Das ist der Gesundheit der Bevölkerung und dem Ökosystem nicht zuträglich. Wir Grünen sagen, dass wir regional erzeugen und vermarkten wollen, möglichst umweltverträglich. Bio-Landbau geht auch mit weniger Fläche schon rentabel. Bio ist auch ein expandierender Markt und man kann damit mittlerweile Geld verdienen.

Also würden Sie den Landwirten hier empfehlen, auf Bio umzustellen?

Ich würde das jedem raten, der seinen Hof erhalten möchte. Ich rate ihm, regional zu erzeugen, am besten einen eigenen Hofladen zu betreiben, oder mit vier, fünf anderen zusammen, und verstärkt auf die Wochenmärkte zu gehen.

Es ist eng im Kinzigtal, vor allem weil Ausgleichsflächen für Hochwasser viel Raum einnehmen. Nicht nur die Industrie möchte mehr Platz. Auch bezahlbarer Wohnraum ist Mangelware. Haben Sie eine Idee, wie dieses Problem behoben werden könnte?

Bundesweit sind in den vergangenen zehn Jahren jährlich knapp 100 000 Wohnungen vom sozialen Wohnungsbau verschwunden. Sie wurden für viel Geld in Eigentumswohnungen oder sogar in Luxuswohnungen umgewandelt. Gleichzeitig ist der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum weiter gewachsen. Auch Flüchtlinge benötigen spätestens dann eine Wohnung, wenn ihr Status geklärt ist. Angebot und Nachfrage gehen immer weiter auseinander. Da müssen wir im Bund gegensteuern. Wir müssen in der nächsten Legislaturperiode das Konzept einer neuen Wohnungsgemeinützigkeit umsetzen. Eine Wohraumförderung aufstellen. Wir planen im ersten Jahr eine staatliche Förderung von zwei Milliarden Euro. Das nächste wäre, dass wir die Mietpreisbremse auf "scharf" stellen. Es gibt viel zu viele Ausnahmen. Das sind die zwei Stellschrauben, die wir vom Bund aus drehen können.

Es haben noch nicht alle Firmen und Privathaushalte in der Region einen Anschluss an ausreichend schnelles Internet. Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um den Breitbandausbau zu forcieren?

Das ist ein großes Problem gerade im ländlichen Raum. Wir Grünen wollen zehn Milliarden Euro in den Ausbau des Breitbandnetzes investieren. Das Geld dafür kommt aus der Veräußerung der Telekom-Aktien. Und was es auch braucht, ist eine bessere Koordination der Maßnahmen. Zweifelsohne gehört das Internet heute zur Grundversorgung wie Wasser und Strom. Und das muss man zackig angehen.

Sie sind ehrenamtlicher Fahrer beim Bürgerbus in Schramberg. Was machen Sie da?

Der Bürgerbusverein Schramberg hat sich vor ein paar Jahren gegründet. Als die Idee dazu aufkam, war ich der erste Fahrer, der sich eintragen ließ. Ich fand die Idee faszinierend und habe mir andere Bürgerbusvereine im Internet angeschaut. Der Bürgerbus ist eine Zusatzverbindung zum üblichen Nahverkehr, also keine Konkurrenz. Er fährt in Straßen hinein, in die kein großer Bus hineinfahren könnte, weil sie zu verwinkelt sind, zu klein, zu abgelegen. Es sind hauptsächlich gehbehinderte Menschen, die den Bus nutzen. Ich fahre einmal im Monat, immer samstags. Es macht Spaß.

Was erleben Sie dabei und gibt es etwas, was Sie bei Ihrer Tätigkeit als Politiker beeinflusst hat?

Man führt viele gute Gespräche im Bus. Die Damen und Herren erzählen ein bisschen von früher, was sie umtreibt, welche Sorgen sie haben und diese Sorgen nimmt man dann mit.  

Volker Goerz, geboren 1967, machte eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann in Villingen mit Fachrichtung "Baustoffe". Er arbeitete als Einrichtungsleiter von Lidl und Schwarz und in der Geschäftsleitung von Baumärkten. Zurzeit erstellt er für diese als Angestellter im Außendienst Preisanalysen. Bei der Landtagswahl 2016 war er Zweitkandidat in Rottweil für Die Grünen. Goerz ist verheiratet und hat zwei Kinder.