Seit einer guten Woche wird im Kinzigtal zuhause gelernt – auch im Hause Störr in Hofstetten.Foto: Störr Foto: Schwarzwälder Bote

Bildung: Lehrer bereiten ihre Schüler auf Abschlussprüfungen vor / Trotz Vernetzung fehlt die Gemeinschaft

Die erste Woche des Haus-Unterrichts liegt hinter den Schülern und Lehrern des Kinzigtals. Der Schwabo hat sich bei den Schulleitern der weiterführenden Schulen über die Resonanz und den Stand der Prüfungsvorbereitung informiert.

Mittleres Kinzigtal. Vielerorts stehen Schüler und Lehrer vor den gleichen Herausforderungen. Bildungszentrum (BZ) Haslach unterrichtet via "Teams": Am BZ werden die Schüler größtenteils über die Office-Plattform "Teams" unterrichtet. Am Ende der ersten schulfreien Woche startete das BZ eine Umfrage bei Schülern und Eltern, wie das digitale Arbeiten zuhause funktioniert und wo es nachgebessert werden muss. "Die Rückmeldungen ergaben sehr unterschiedliche Ergebnisse, fielen aber überwiegend positiv aus", bilanziert Schulleiter Christof Terglane.

Auf Anregung von Schülern und Eltern werde nun eine einheitliche Aufgabenstellung seitens der Lehrer vorgenommen. Den Eltern zollte er hohen Respekt für die doppelte Belastung aus schulischer Begleitung ihrer Kinder und der Erwerbs-Arbeit. Doch so schlimm die Gesamtsituation aufgrund der Corona-Pandemie gerade sei, bringe sie die Schule auf dem Wege der Digitalisierung doch einen gewaltigen Schritt voran. "Es ist ein Quantensprung", meint der Schulleiter und ist froh, dass das BZ bereits vor der Krise in diesem Bereich so aktiv gewesen sei.

Gerade im Hinblick auf die Prüfungsvorbereitung wären beispielswiese Videokonferenzen eine gute Möglichkeit, um die Schüler zu beraten. Denn auch wenn die Prüfungstermine seitens des Kultusministeriums zunächst auf Mitte Mai verschoben wurden, laufen die Vorbereitungen auf die fächerübergreifenden Prüfungen. In Richtung der Schüler der Prüfungsklassen hat Terglane zwar nur wenig konkrete Infos, ist sich aber sicher: "Kultusministerin Susanne Eisenmann wird für Gerechtigkeit sorgen." Es müsse niemand befürchten, dass die Prüfungen schlechter ausfallen. Kaufmännische Schulen Hausach (KSH) mailen Arbeitsaufträge: Die sich anbahnende Schulschließung in der Kalenderwoche 11 wurde an den KSH zur Vorbereitung der häuslichen Beschulung genutzt. "Wir haben früh die wechselseitige Erreichbarkeit per Mail und Telefon sicher gestellt", erklärt Schulleiterin Frauke Ebert. Die Arbeitsaufträge würden per E-Mail an die Schüler hinaus gegeben und auf demselben Wege zurückkommen, es werde telefoniert oder auch mal ein Video erstellt. "Jetzt sind kreative Lösungen gefragt", weiß die Schulleiterin. In der aktuellen Situation sehe man deutlich, wie dringend eine gut funktionierende Bildungsplattform notwendig sei.

Mit dem Digitalisierungspakt sei die Aufgabenstellung zur Entwicklung digitaler Strukturen verbunden. "Man merkt, wo nachgerüstet werden kann", betont Frauke Ebert. Dennoch sei jetzt nicht die Zeit, um Kritik zu üben. Die vorhandenen Möglichkeiten müssten genutzt werden. Bereits vor Schließung der Schulen hätten die Abiturienten den notwendigen Lehrstoff weitestgehend durchgearbeitet. "Jetzt wird der Stoff rekapituliert und mit den Schülern entsprechende Aufgaben vertieft." Die Prüfungen würden frühestens Mitte Mai starten, für die beruflichen Schulen gebe es aber noch kein Tableau.

"Kein Schüler wird einen Nachteil aus der aktuellen Situation haben", erklärte die Schulleiterin im Hinblick auf die Aussagen der Kultusministerin. Dass die Schule über die Lernstätte hinaus ein Sozialraum und Ort der Begegnung wäre, zeige sich am wiederholten Wunsch vieler Schüler, die gerne wieder in ihren Klassen zusammenkommen würden. EDV arbeitet an Berufliche Schulen (BS) Wolfach auf Hochtouren: An den BS Wolfach stehen Schülern und Lehrern verschiedene elektronische Möglichkeiten zur Verfügung. Trotz guter Vorbereitung sei auch modernste Technik kurzfristig an ihre Grenzen gekommen, als kurz nach der Schulschließung zahlreiche Schüler und Lehrer gleichzeitig auf die vorhandenen Medien zugreifen wollten. Im EDV-Team sei aber hinter den Kulissen fieberhaft gearbeitet worden, sodass schon nach etwa zwei Tagen alle Portale reibungslos funktioniert hätten.

"Mittlerweile haben wir Rückmeldungen der Schüler über den Hausunterricht erhalten", erklärt Schulleiter Heinz Ulbrich. Unter anderem komme die freie Zeiteinteilung manchem beim Lernen sehr entgegen. Aufregung habe es um die Verlegung der Prüfungstermine gegeben. Besonders stark betroffen seien die Abiturienten, weil deren Prüfung ursprünglich schon vor den Osterferien beginnen sollte.

Auch die beiden Berufskollegs, die in einem Jahr zur Fachhochschulreife führen, seien von den Änderungen stark betroffen. Die Schüler hätten für diesen Abschluss viel eingesetzt, ihre Arbeitsstelle gekündigt und sich in das "Abenteuer Schule" gestürzt. In nur acht Monaten habe das beachtliche Pensum bewältigt werden sollen und nun seien sie auf sich selbst gestellt – wie alle anderen Schüler auch. "Wenn die Schule nach den Osterferien wieder öffnet, ist die Zeit bis zu den Prüfungen für den Regelunterricht und die Vorbereitung reserviert", betont der Schulleiter. "Es gibt dann keinen Luxus mehr, alle Extra-Projekte und Exkursionen sind gestrichen." Robert-Gerwig-Gymnasium (RGG) Hausach bekommt gute Rückmeldungen: "Wir haben relativ schnell versucht, die Kommunikation über Telefon, E-Mail und Lernplattformen aufzubauen", erklärt Schulleiter Mathias Meier-Gerwig. Die Evaluation nach der ersten Woche habe positive Ergebnisse gebracht. "Es funktioniert erstaunlich gut dafür, dass wir die Beschulung zuhause quasi aus dem Boden gestampft haben", so sein erstes Fazit. Von Anfang an sei es ein Hauptanliegen gewesen, die Abiturienten mit Unterricht zu versorgen.

Die Kommunikation zwischen Schülern und Lehrern erfolge teilweise über Videokonferenzen, die dem Klassen-Unterricht gleichkämen, der aber nicht im selben Raum stattfinde. Die Fachlehrer seien beständig per Telefon und E-Mail für ihre Schüler erreichbar, würden Mut zusprechen und sie motivieren. Die Entwicklung erfahre eine eigene Dynamik, in der viele in die Vernetzung kämen, was wiederum eine stärkende Komponente für die Schulgemeinschaft mit sich bringe. Und obwohl es einen deutlichen Schub in Richtung digitales Lernen gebe, sei es bei allen momentanen Vorteilen nicht das Allheilmittel. "Was vielen fehlt, ist der persönliche Austausch und die Gemeinschaft." Realschule Wolfach hält an E-Mail-Kommunikation fest: Aufgrund der digitalen Infrastruktur des oberen Kinzigtals und der weit verzweigten Seitentäler hat sich die Realschule für den klassischen Weg der E-Mail-Kommunikation entschieden. Schulleiter Steffen Stötzel weiß: "Die Netze im oberen Kinzigtal schwanken teilweise." Der Vorteil bei E-Mails sei die zeitliche Unabhängigkeit, bisher funktioniere alles recht gut. Das würde sich auch im engen Austausch mit den Lehrern bestätigen. "Die Abschluss-Schüler erfahren eine intensive Betreuung durch die telefonische Erreichbarkeit der Lehrer", erklärt der Schulleiter. Keinem solle ein Nachteil entstehen. "Die aktuelle Situation ist eine große Chance, den Schülern klar zu machen, dass ihre digitalen Endgeräte auch zum Arbeiten mit Lernangeboten genutzt werden können", so Stötzel. Im Moment gehe es in erster Linie darum, sinnvolle Inhalte zu vermitteln und verlässlicher Partner zu sein. "Wir werden uns Gedanken machen müssen, wie es sinnvoll weiter geht – wenn der Schulbetrieb wieder losgeht."

Die Kultusminister der Länder haben sich am gestrigen Mittwoch in Sachen Prüfungs-Regelung ausgetauscht. Die aktuellen Informationen gibt es auf der Internetseite des Kultusministeriums Baden-Württembergs.