Verkäuferin Angela Bassel präsentiert bei der Bäckerei Waidele in Haslach einen Kassenbon für eine Brezel. Fotos: Reinhard Foto: Schwarzwälder Bote

Gewerbe: Die meisten Käufer lassen Belege liegen / Kunden und Geschäftsbetreiber beklagen Papierflut

Seit dem 1. Januar müssen Verkäufer jedem Kunden einen Kassenbon ausstellen. Das Ziel: Steuerhinterziehung zu erschweren und damit mehr Geld für den Staat. Geschäftsbetreiber sehen die Bon-Pflicht kritisch. Auch im Kinzigtal.

Mittleres Kinzigtal. Vor allem bei Gewerben mit hohem Bargeldanteil soll durch die Bonpflicht die Transparenz für die Kunden erhöht werden. Doch die meisten lassen den Beleg liegen, wie eine Umfrage des Schwarzwälder Boten ergibt. Auf dem Wolfacher Wochenmarkt ist die Stimmung am Mittwochmorgen entspannt. "Ich glaube, das findet keiner wirklich gut", ist sich Michael Billian aus Meißenheim-Kürzell, der seit mehr als 30 Jahren auf dem Markt in Wolfach mit Obst und Gemüse vertreten ist, sicher. Ihn betreffe das Thema nicht direkt, da er mit einer offenen Kasse arbeite. "Wer braucht das schon? Das bedeutet nur mehr Müll", erklärt er im Gespräch mit dem Schwabo. Dieser Meinung seien auch die Kunden, mit denen er auf dem Markt darüber ins Gespräch kommt.

Sein Kollege Friedrich Greth aus Appenweier-Urloffen ein paar Stände weiter geht sogar noch einen Schritt weiter. "So ein Schwachsinn", macht er seinem Ärger Luft. Zwar betreffe es auch ihn noch nicht, aber: "Wenn es soweit kommt, höre ich auf." Die Kunden würden eigentlich so gut wie nie einen Beleg verlangen, höchstens solche, die für Firmen oder soziale Einrichtungen einkaufen. Dann stelle er, wie auch Billian, eine Quittung oder Rechnung aus. "Die Bonpflicht ist großer Quatsch", sagt er, auch mit Blick auf die, die es tatsächlich trifft. Außerdem bedeute das nur einen größeren Arbeitsaufwand. Hinzu komme, dass das Thermopapier, auf dem die Belege gedruckt werden, eigentlich Sondermüll sind.

Für die Metzgerei Decker in Hausach bedeutet die Bonpflicht keine große Umstellung. "Bei uns kommt immer schon ein Bon aus der Kasse raus, das ist also keine große Umstellung oder mehr Aufwand für uns", sagt Verkäufer Werner Glunk. Er selbst empfindet es eher als Erleichterung, einen Bon zur Kontrolle zu haben. "Gerade wenn wir eine Rabattaktion haben, ist das hilfreich", sagt er. Gleichzeitig zweifelt Glunk für Bäckereien und Ähnliches aber die Sinnhaftigkeit der Pflicht an – zumal seiner Erfahrung nach zwei Drittel der Kunden den Bon sowieso liegen lassen. "Da bestellt man sich eine Brezel oder will schnell einen Kaffee im Stehen trinken und bekommt für so etwas dann einen Zettel. Das ist doch Unsinn", findet er.

Ein Schild in der Bäckerei Waidele in Haslach weist die Kunden auf die Bonpflicht hin. "Die Oberfinanzdirektion Karlsruhe schreibt: Der Kassenbeleg muss dem Kunden nicht zwingend in Papierform ausgehändigt werden. Auch elektronische Lösungen sind mit Zustimmung des Kunden ausdrücklich zugelassen.‹ Wir haben dafür einen elektronischen Kundenbildschirm. Bitte kontrollieren Sie darauf Ihren Einkauf", ist dort zu lesen. Und tatsächlich hätten damit bisher kaum ein Kunde nach einem Bon in Papierform verlangt, berichtet Verkäuferin Galina Bruch. "Fast alle sagen, dass sie keinen wollen", sagte sie. "Sie ärgern sich, dass Schüler gegen Umweltverschmutzung auf die Straße gehen und die Regierung dann so etwas einführt. Selbst für eine 70-Cent-Brezel muss ein riesiger Bon ausgedruckt werden. So ein großer Zettel für eine Brezel, das ist doch Papierverschwendung!" Auch zum Tippen benötige sie etwas mehr Zeit. Bisher habe bei ihr noch kein Kunde einen Beleg mitgenommen.

Ähnliche Erfahrungen hat ihre Kollegin Angelina Bassel gemacht. "Die meisten sagen schon im Voraus, dass sie keinen Bon brauchen. Nur bei größeren Bestellungen legen einige Kunden Wert auf einen schriftlichen Beleg", erzählt sie. Beim Besuch des Gutacher Dorfbecks erhält der Kunde nach dem Kassieren automatisch mit der Rückgabe des Gelds den Beleg. Die Käufer nehmen diesen entweder mit oder lassen ihn auch gleich von der Bedienung wegwerfen.

Nach Schätzungen des Bundesrechnungshofs gehen dem Staat jedes Jahr bis zu zehn Milliarden Euro durch Steuerbetrug an der Kasse verloren. Das geschieht durch gefälschte Kassen vor allem in Branchen mit hohem Bargeldanteil wie der der Gastronomie. Seit dem 1. Januar gilt die Belegausgabepflicht. Sie soll Transparenz schaffen und es Kunden ermögliche, Manipulationen aufzudecken. Der Bonpflicht nach muss dem Kunden "in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Geschäftsvorfall" ein Beleg zur Verfügung gestellt werden. Der Käufer ist nicht verpflichtet, den Bon mitzunehmen. Für die Gewerbetreibenden bedeutet die Belegpflicht vor allem eine Papierflut. Da das Bonpapier aus nicht recyclebaren Material besteht, können die Belege nicht dem Altpapierkreislauf zugeführt werden. Konkret bedeutet das für die Kunden: Die Bons gehören in den Restmüll, nicht ins Altpapier.