Jürgen Lehmann (links), Vorsitzender der Forstbetriebsgemeinschaft (FBG) Gutach, und Frank Werstein, Revierleiter Forstrevier Gutach, informieren über die geplanten Änderungen und warum sie diese kritisch sehen. Foto: Stangenberg Foto: Schwarzwälder Bote

Reform: Waldbesitzer ärgern sich

Gutach. Die Forstreform und ein neues Antragsverfahren für Fördergelder sind den Mitgliedern der Forstbetriebsgemeinschaft (FBG) Gutach sauer aufgestoßen. Das wurde bei der jüngsten Hauptversammlung deutlich. Anlass genug für unsere Zeitung, genauer nachzuhaken. Im Gespräch mit dem Schwabo berichten Jürgen Lehmann, Vorsitzender der FBG Gutach und Frank Werstein, Revierleiter des Forstreviers Gutach, über die Befürchtungen der Privatwaldbesitzer.

Herr Werstein, Herr Lehmann, bei der FBG-Versammlung haben die Privatwaldbesitzer deutlich gemacht, dass sie gegen Änderungen im Landeswaldgesetz sind. Was sind das für Änderungen?

Frank Werstein: Bislang galt in Baden-Württemberg das sogenannte Einheitsforstamt für die gemeinsame Betreuung der Kommunal-, Privat- und Staatswälder. Gleichzeitig besteht das flächendeckende forstliche Reviersystem, bei dem ein Forstrevierleiter für ein möglichst kompaktes Gebiet zuständig ist. Der Staatswald soll jetzt von einer Anstalt öffentlichen Rechts bewirtschaftet werden. Diese Änderungen gehen aus dem Kartellverfahren zur gemeinsamen Holzvermarktung gegen das Land Baden-Württemberg hervor. In Deutschland werden Privatwaldbesitzer bisher institutionell von Revierleitern unterstützt, die sie beraten und betreuen können.

Jürgen Lehmann: Wir in der FBG befürchten, dass der Kommunalwald demnächst von anderen Anbietern betreut wird und die bisher praktizierte Einheit zerfällt. Das System war mit einem zuständigen Revierleiter, der die Gesamtfläche koordiniert und optimal fachlich betreut hat. Er koordiniert beispielsweise Holzhiebe, aber auch Maßnahmen im Sinne der Waldbesitzer in seinem Revier und gleicht Interessen aus, wie zum Beispiel Wegeunterhaltung oder Neuaufforstung. Projekte der Privatwaldbesitzer können mit denen der Gemeinde verbunden und Arbeitsabläufe gebündelt werden. Wenn diese nun getrennt werden, wird es komplizierter. Und obwohl wir unsere Wälder sehr naturnah und ökologisch bewirtschaften, kommen Auflagen und Beschränkungen auf uns Privatwaldbesitzer zu, die uns in unserer Bewirtschaftungsfreiheit einschränken, ohne jegliche Entschädigungen zu enthalten.

Warum?

Lehmann: Beim jetzigen Reviersystem bin ich mir sicher, dass ich neutral und objektiv beraten werde, weil keine eigenen wirtschaftlichen Interessen verfolgt werden, sondern weil das Personal von der öffentlichen Hand bezahlt wird. Wenn ich nun nach einem privaten Anbieter auf dem freien Markt suche, steht dieser sicherlich auch unter einem Preisdruck, und wird eher kurzfristige als langfristige Entscheidungen treffen. Gerade im Wald muss man langfristig denken, wenn ein Baum zum Beispiel erst nach 80 Jahren hiebsreif wird.

Private Anbieter sind also kostenintensiver?

Lehmann: Das wird kostenintensiver für den Waldbesitzer, ganz klar. In den vergangenen Wochen wurde den FBGs im Ortenaukreis im Landratsamt ein Verfahren zum Stellen eines EU-Förderantrags vorgestellt, das so umfangreich, praxisuntauglich und kompliziert ist, dass es das Tagesgeschäft aufhält.

Sind es nur wirtschaftliche Aspekte, die vom Förster koordiniert werden?

Werstein: Nein. Wir Förster stehen für Ökonomie, Ökologie und soziale Aspekte als die drei Säulen der Nachhaltigkeit. Deutschland steht als recht kleines Land in der weltweiten Schnittholzproduktion an vierter Stelle. Wir haben gigantisch produktive Wälder und eine sehr gut funktionierende Wirtschaft. Die Wälder in Baden-Württemberg wurden in den letzten Jahrzehnten nach den Grundsätzen der naturnahen Waldwirtschaft nachhaltig bewirtschaftet. Dadurch wurden die Wälder älter, gemischter, ökonomisch und ökologisch wertvoller sowie klimastabiler und widerstandsfähiger. Als Förster schauen wir nicht nur auf kurzfristige monetäre Ziele, sondern versuchen, langfristig stabile und gesunde Wälder heranzupflegen, welche dann auch dauerhaft wirtschaftliche Vorteile für die Waldbesitzer bringen.

Und durch die Änderungen im Landeswaldgesetz sehen Sie diese Entwicklungen gefährdet?

Werstein: Wenn in den Wald nun Dienstleister kommen, die ein rein wirtschaftliches Interesse haben, wird das in Zukunft wahrscheinlich in eine andere Richtung gehen. Die Waldbesitzer geben uns die Ziele vor. Sie wollen einen stabilen und gesunden Wald. Was extrem wichtig ist: Er filtert das Wasser, ist gut für den Boden-, Emmissions- und Lärmschutz, für den Tourismus und die eigene Erholung. Daher ist es schwierig, ihn nur von der wirtschaftlichen Seite aus zu betrachten.

Vor allem kommt eine Menge Verwaltungsarbeit auf Sie zu.

Werstein: Ja, das Stellen von aufwendigen EU-Anträgen. Bislang ist es so gewesen, dass ich spontan auf einen Anruf oder eine Kurze-Nachricht reagieren konnte. Wenn ich in Zukunft erstmal anfangen muss, mir eine Unterschrift, eine Genehmigung zu holen – dann bin ich mehr mit der Verwaltungstätigkeit beschäftigt, als draußen etwas zu bewegen. Als nächstes kommen dann Fragen wie: Reichen die Gelder?

Was wollen die Privatwaldbesitzer in den FBG nun erreichen?

Lehmann: Mit Sicherheit werden wir die Landtagsabgeordneten ansprechen. Am 20. Februar ist der Landwirtschaftsminister Peter Hauk in Hausach, bei dem wir nachhaken möchten. Dieser Termin wurde vom BLHV initiiert. Es wäre schön, wenn es noch mehr Waldbesitzer gäbe, die gemeinsam auftreten möchten. Als die FBG-Vorsitzenden der Ortenau beim gemeinsamen Termin im Landratsamt vom neuen Verfahren informiert wurden, war die einhellige Stimmung: So geht das nicht weiter, es muss etwas passieren! Wir wollen unsere Förster wie bisher behalten.

 Die Fragen stellte Lena Stangenberg.

Eine Forstbetriebsgemeinschaft (FBG) ist ein privatrechtlicher Zusammenschluss von Grundbesitzern. Sie verfolgt den Zweck, die Bewirtschaftung der angeschlossenen Waldflächen und der zur Aufforstung bestimmten Grundstücke zu verbessern, insbesondere die Nachteile geringer Flächengröße, ungünstiger Flächengestalt, der Besitzsplitterung, einer unzureichenden Walderschließung oder anderer Strukturmängel zu überwinden. Die FBG dient den Waldbesitzern zur Bewirtschaftung ihres Waldbesitzes und zur Verbesserung der Holzernte- und Holzabsatzmöglichkeiten. Der ökonomische Vorteil ergibt sich unter anderem aus der gemeinschaftlichen Nutzung teurer Maschinen, dem koordinierten Abtransport des Holzes, einem gemeinsamen Wegebau und der gemeinsamen Vermarktung des Holz.