Das "Trauernde Trachtenmädchen" in Gutach stammt aus dem Jahr 1923. Foto: Gemeinde Foto: Schwarzwälder Bote

Vortrag: Weibliche Denkmäler sind selten

Gutach. Über Frauen und Denkmäler im Deutschen Kaiserreich und der Weimarer Republik referiert am Donnerstag, 3. Oktober, die promovierte Historikerin Ute Scherb im Freilichtmuseum. Beginn ist um 11 Uhr.

Frau Scherb, sind Denkmäler aus der Zeit des Deutschen Kaiserreichs (1871-1918) und der Weimarer Republik (1918-1933) überwiegend "männlich"?

Ja, das sind sie – sowohl ihre Stifter als auch die Motive. Das sind meist Personen, die als Vorbild angesehen wurden und denen "man" eine besondere Ehrung zukommen lassen wollte – von Kaiserstatuen über Politiker und Militärs wie Bismarck und Moltke, bis hin zu Schriftstellern und Komponisten wie Goethe, Schiller, Mozart oder Bach. Auch weibliche Figuren sind auf Denkmälern zu finden. Allerdings handelt es sich meist nicht um reale Personen, sondern um Allegorien wie Germania oder Bavaria. Vereinzelt galten auch Monarchinnen als denkmalwürdig: Am Donnerstag zeige ich Monumente für die Kaiserinnen Augusta, Viktoria sowie für die eine oder badische Großherzogin.

Warum wurden reale Frauen so wenig abgebildet?

Nur ganz selten gelang es einer Frau, vor allem einer nicht-adeligen, den Denkmalsockel zu erklimmen. Wir finden hier sozusagen die konkrete Manifestation der mangelnden Anerkennung von Schriftstellerinnen, Komponistinnen oder Forscherinnen. Schließlich durften Frauen offiziell erst seit 1900 studieren.

Gab es nach dem Ersten Weltkrieg mehr weibliche Denkmäler?

Nein, denn Mentalitäten und Einstellungen sind sehr langlebig und haben sich auch mit dem Beginn der Demokratie in Deutschland einschließlich der Einführung des Frauenwahlrechts nicht gewandelt.

Gibt es einen roten Faden bei der Darstellung weiblicher Denkmäler?

Da es nur sehr wenige Frauendenkmäler gibt, lässt sich ein solcher nicht erkennen. Das Sujet der Reiterfigur, das ursprünglich nur Kaisern und Königen vorbehalten war, findet sich nicht in weiblicher Besetzung.

Wann entstand das "Trauernde Trachtenmädchen" in Gutach und wofür steht es?

Die Planungen begannen 1922, den Auftrag erhielt der vor allem als Schwarzwaldmaler bekannte Curt Liebich, der sich sofort ans Werk machte, sodass die "Gutacherin" bereits 1923 enthüllt wurde. Das Denkmal diente als Ort der Trauer für die Angehörigen der im Ersten Weltkrieg (1914-1918) gefallenen Soldaten, deren Gräber unerreichbar waren. Die Kriegerwitwen sollten ihr Ebenbild auf dem Denkmalsockel wiederfinden. Fragen: Lena Weimer.

Ute Scherb ist promovierte Historikerin und verfasste ihre Dissertation über die Geschichte der Freiburger Denkmäler. Sie ist Vorstandsmitglied im Netzwerk "Frauen und Geschichte Baden-Württemberg". In Kehl leitet sie seit zwölf Jahren das Stadtarchiv und das Hanauer Museum.