Geschäftsführer Marko Kaldewey hat der Lahrer Zeitung Einblicke in den Naturkindergarten in Friesenheim am Sternenberg geboten. Foto: Goltz

Friesenheim, Schwanau, Neuried – die neue Form der Kinderbetreuung hat sich rapide ausgebreitet. Die Lahrer Zeitung hat sich mit dem Geschäftsführer von "Vielfalt für Kinder" unterhalten und nach dem "Geheimrezept" gefragt.

Friesenheim/Schwanau/Neuried - Sie sprießen, die Naturkindergärten in der Region. Binnen eines Jahres hat Geschäftsführer von "Vielfalt für Kinder", Marko Kaldewey, allein in Friesenheim, Schwanau und Neuried seine Einrichtungen realisiert – und die Nachfrage wächst weiter: Bereits in Kippenheim mache man sich über ein solches Betreuungsangebot Gedanken und auch aus Richtung Seelbach habe sich ein Gremiumsmitglied bei ihm informiert, erzählt er im Gespräch mit der Lahrer Zeitung.

Aber was ist nun das Geheimrezept, das die Kindergärten so attraktiv macht? Kaldewey lacht. "Ich glaube zum Großteil ist es unsere Transparenz", sagt er. Corona habe auch ein wenig reingespielt: "Dadurch ist eben das Draußen zum neuen ›besser‹ geworden", erklärt er. Dass es aber so schnell geht, dass sein Konzept in den vergangenen fünf Jahren so stark an Attraktivität gewinnen würde, damit habe er nicht gerechnet.

"Geplant war das so nicht, uns war immer wichtig, dass wir unserem familiären Charakter treu bleiben – das haben wir auch nach wie vor beibehalten. All unsere Mitarbeiter sind miteinander vernetzt. Austausch ist uns super wichtig", sagt Kaldewey, während er die Tür zum "Hobbit", dem Schutzbauwagen des Kindergartens in Friesenheim – ein echter Hingucker – öffnet.

Im Wageninneren sind Küche, Aufenthaltsraum, ein kleines Büro und der Schlafraum zu finden. Es gibt zahlreiche Bücher, Spiele und allerlei Gebasteltes – keine Laptops, Tablets oder einen Fernseher. Gewollt? "Gewollt!", sagt Kaldewey. Zunächst einmal stellt er klar, dass er nichts gegen Medien und Forschung habe. "Es wird beispielsweise in Ottenheim demnächst eine Unterwasserkamera in einem Altrheinarm installiert, da können die Kinder dann über ein Endgerät sehen, was sich so unter dem Wasser alles abspielt", verrät er. Allerdings sollten Kinder nicht stundenlang vor einem Tablet oder Handy sitzen – das schade nicht nur den Kinderaugen, die sich noch entwickeln, das passe darüber hinaus nicht in das Konzept des Waldkindergartens.

"Es spielt sich hier natürlich alles draußen in der Natur ab. Der Tag gestaltet sich komplett anders als in einer klassischen Einrichtung. Und der Bezug zur Natur und das Erleben stehen schon im Vordergrund – was nicht heißt, dass andere Themen wie Vorbereitung auf die Grundschule stehen bleiben." Auch in den Naturkindergärten werde ein pädagogisches Konzept gefordert.

Also trifft "›weg von den Medien‹ und ›back to the roots‹" zu? "›Jein‹, es kommt auf den Blickwinkel an", sagt der Geschäftsführer. Dass Kommunen einen Waldkindergarten in ihrer Gemeinde wissen wollen, habe weniger mit dem "back to the roots"-Gedanken zu tun, so Kaldewey. Viel mehr gehe es dabei um die Angebotserweiterung und die Trägervielfalt, weil es bislang häufig nur kommunale oder kirchliche Träger, nicht aber freie Träger gab. Aus Sicht der Eltern treffe der "Zurück zu den Wurzeln"-Gedanke schon eher zu: "Die Eltern spricht die Medienfreiheit in unseren Einrichtungen an, das kann man schon sagen. Manchmal sind sie sogar mehr Fans als ihre eigenen Kinder."

Gut ausgestattet sind die Waldkindergärten mit Betreuern. Es scheint, als gebe es hier das Problem des Personalmangels nicht. Kaldewey stimmt zu und geht auf den Unterschied zu klassischen Kindereinrichtungen ein: "Wir nehmen unseren Betreuungsteams sehr viel Organisatorisches ab, das regeln wir zentral. Das entlastet die pädagogischen Fachkräfte enorm und sie können sich auf das konzentrieren, was wichtig ist: die Kinder."

Für diese Verwaltungsstruktur spreche die lange Zeit, in der die Fachkräfte bei ihrem Arbeitgeber sind – bereits bis zu 15 Jahren. Und auch der offene Umgang miteinander sowie der Einsatz hinsichtlich Gesundheitsprävention würde das Team stärken und stets erweitern lassen. "Die Mitarbeiter müssen sich wertgeschätzt fühlen. Das ist viel wichtiger als die Gehaltsdiskussionen", weiß der Kita-Chef.

Für die Kindereinrichtungen würde sich Kaldewey wünschen, dass für alle die gleichen Maßstäbe gelten. "Erzieher sollten das verdienen, was sie auch verdienen", sagt er. Darüber hinaus wünsche er sich weniger Bürokratie. "Gerade das Thema Baurecht ist hinsichtlich Kindertageseinrichtungen sehr komplex geworden. Mit ein wenig mehr normalem Denken und sinnvollen Lösungsansätzen wäre uns schon geholfen." Und eine Sache liege ihm für die kommenden Jahre besonders am Herzen: "Trägerübergreifend netzwerken in jeder Kommune – und ausbilden, ausbilden, ausbilden. Nur so funktioniert das." Da müsse aber auch die öffentliche Hand das Geld zur Verfügung stellen. Nur darauf zu warten, dass im kommenden Jahr ein Quereinsteigerkonzept kommt, das könne es nicht sein. "Ausbilden, so viele Menschen wie möglich ausbilden", betont er erneut.