Friesenheim - Der Friesenheimer Gemeinderat hat einstimmig für die Kriterien zum neuen Konzessionsverfahren gestimmt. Vor der Entscheidung wurde darüber jedoch lange diskutiert.

Vor allem der Ärger über die Kosten für Hauseigentümer hinsichtlich des Stromnetzes wurde im Rahmen der jüngsten Sitzung Ausdruck verliehen. So bezeichnete Ratsmitglied Joseph Hugelmann (GLU) die Darstellung der Kriterien zum neuen Konzessionsverfahren mit seinen "unzähligen" Unterpunkten als verwirrend. In erster Linie gehe es nicht nur um künftige Erdverkabelung, sondern um die kostenfreie Isolierung von Leitungsnetzen auf den Dächern. "Es kann nicht angehen, dass Hauseigentümer ihre Dächer für die Stromversorgung zur Verfügung stellen und bei Reparaturen an Dächern für die Isolierung bezahlen müssten", sagte Hugelmann. Bis vor fünf Jahren war diese Isolierung noch kostenfrei, wusste Ratsmitglied Roland Herzog (CDU) zu ergänzen. Zwischenzeitlich stünden Kosten in Höhe von 390 Euro im Raum. "Wenn Oberleitungen beibehalten bleiben, dann sollte die Isolierung über den Netzbetreiber für den Hauseigentümer zum Nulltarif zu haben sein", forderte Hugelmann. Ferner sollten Kleinerzeuger von Strom zum erschwinglichen Preis ins Netz einsteigen dürfen.

Vertrag läuft am 31. Dezember aus

"Die Infrastruktur und Verso rgung mit Strom muss gewährleistet sein", betonte Brigitta Schrempp (CDU). Wie empfindsam das Netz ist, kristallisiere sich über das Aufladen von E-Autos heraus. "Wenn bei uns in der Straße zwei E-Autos geladen werden, flackert das Licht in der Straße", so Schrempp. Peter Zimmermann (FW) freute sich über den großen Konsens in der Region. "Ich hoffe, dass Friesenheim von Zwist wie er in der großen Kreisstadt Achern herrscht, verschont bleibt", so Zimmermann. "Wer einen neuen Konzessionsvertrag und Strom geliefert haben will, muss in den sauren Apfel beißen und den ganzen Zinnober mitmachen", stellte Fred Kletzin (SPD) fest. Das umfangreiche Verfahren bezeichnete er schlicht als "Beschäftigungsgarantie für Juristen." Strom sei eine frei verhandelbare Ware, dessen Vertrieb einer Regelung bedürfe, die in Wirklichkeit eine Einschränkung kommunaler Selbstverwaltung darstelle. Die Belieferung von Strom gehöre zu Daseinsfürsorge. Eine Einmischung Europas sei "Unsinn", ärgerte sich Kletzin.

Der Vertrag, der die Verlegung und den Betrieb des Stromverteilernetzes festlegt – Konzessionsvertrag genannt – im Gebiet der Gemeinde Friesenheim läuft am 31. Dezember aus. Die Gemeinde ist verpflichtet, einen neuen Vertrag abzuschließen. Zur Neuvergabe im Ortenaukreis haben sich neun Kommunen gemeinsam mit Vertretern aus den Gemeinderäten, unter der Leitung von Rechnungsamtsleiter Joachim Wagner, in Ohlsbach getroffen. Dort wurden Vorschläge für die Festlegung eines Kriterienkatalogs erarbeitet. Die Beratungsergebnisse stellte Wagner am Montag in der Sitzung des Gemeinderats vor: Zu den Hauptkriterien zählen Netzwerksicherheit, effiziente, umweltfreundliche und preisgünstige Versorgung sowie der Inhalt des Konzessionsvertrags.

Letzlich stimmte der Friesenheimer Gemeinderat für die erarbeiteten Kriterien als Beschlussvorlage zum neuen Konzessionsvertrag. Damit übergibt er die Ermächtigung für das Auswahlverfahren der Verwaltung.

Saal verlassen

Bürgermeister Erik Weide hatte für die Beratung und Beschlussfassung im Gemeinderat den Sitzungssaal verlassen. Vertreter aus den Gemeinden Friesenheim, Schuttertal, Seelbach, Neuried, Hohberg, Meißenheim, Ortenberg, Kippenheim, Biberach und Ohlsbach haben gemeinsam den in ihren Gremien zu beratenden Kriterienkatalog erarbeitet. All diejenigen, die dazu beigetragen haben, dürfen bei der Entscheidung der Gemeinderäten nicht dabei sein. Das galt auch für Weide.