Urte Stahl aus Friesenheim will sich weiterhin für einen Bürgerrat einsetzen.Foto: Bohnert-Seidel Foto: Lahrer Zeitung

Politik: Urte Stahl will einen Bürgerrat

Friesenheim (cbs). Mit gut 160 weiteren Personen, darunter acht Friesenheimern, hat Urte Stahl im vergangenen Herbst an dem Bürgergutachten mit 22 konkreten Vorschlägen zur Stärkung der Demokratie mitgewirkt. Bisher wurde nur noch wenig vom Bürgerrat gehört. "Wir erzählen über unsere Erfahrungen und stoßen bei den Politikern und Menschen, die wir erreichen auf gute Resonanz", erklärt Stahl im Gespräch mit der LZ. Dabei sei die vielfach formulierte Meinung, der Bürgerrat beabsichtige, in Deutschland das Parlament zu ersetzen, schlichtweg falsch. Dass Politik aus Bürgerräten heraus zu gestalten sei, darin seien Länder wie Irland, England und Frankreich Vorbilder. 2019 wurde die Initiative zur Gründung eines Bürgerrats aus dem Koalitionsvertrag heraus formuliert. Bis dato sei leider noch nichts geschehen. "Es ist enttäuschend, dass sich das Parlament noch nicht einmal damit beschäftigt hat", so die 47-Jährige.

Ziel sei, die Gründung eines Bürgerrats in die Wahlprogramme der Bundesparteien zu bringen. "Bürgerbeteiligung soll sich auf Bundesebene etablieren", so Stahl. In Deutschland trete die große Politik Volksentscheiden nach wie vor eher verhalten gegenüber. Im Grunde blieben Bürgern als einziges Instrument der Beteiligung – von den Wahlen einmal abgesehen – die Einreichung von Petitionen. Frustrierend dabei sei wiederum, dass von Hunderten von Petitionen im vergangenen Jahr nur 14 im Bundestag vorgestellt und keine davon übernommen worden ist, so Stahl. Politikverdrossenheit führe tendenziell zum Populismus. Viele Bürger fühlten sich mit ihren Belangen in der großen Politik nicht mehr widergespiegelt. Umso wichtiger sei das Instrument des Bürgerrats, das über das Losverfahren eine repräsentative Gruppe von Bürgern aus unterschiedlichen Lebensformen und unterschiedliche Lebenswirklichkeiten zusammenbringe und zur Diskussion einlädt.

Auch wenn der Bürgerrat es noch nicht als vorgeschaltetes Instrument, zumindest mit einer Stabstelle, in die Politik geschafft habe, gilt für Stahl das Prinzip des Weitermachens – coronabedingt auch im Internet. Nur über die Einladung von Öffentlichkeit entfalte sich eine Dynamik.