Bei frostigen Temperaturen wird es ihnen bei den Bauarbeiten in der zugigen, mittelalterlichen Scheune schon auch manchmal kalt (von links): Marta Pettazzi, Herbert Steiner und Lukas Steiner. Foto: Schubert

Handwerk: Vier Restauratoren erschaffen gemeinschaftliche Werkstatt für Bau und Kulturdenkmal

Friesenheim - Innerhalb der nächsten zwölf Monate soll er wahr werden – der Traum vom gemeinsamen Atelier. Verwirklicht werden soll er in einer Friesenheimer Scheune. Nicht in irgendeiner, immerhin ist ihre Errichtung auf das Mittelalter zurückzudatieren.

Vier Restauratoren mit vier unterschiedlichen Fachbereichen

Über drei Etagen und insgesamt etwa 700 Quadratmeter erstreckt sich die Scheune in der Straße "Kirchenwinkel" in Friesenheim. Ihr ist ein denkmalgeschütztes Haus aus dem Jahr 1684 vorgelagert. In der Scheune sollen über mehrere Stockwerke hinweg bis Ende des Jahres neue Synergien geschaffen werden.

Vier Restauratoren unterschiedlicher Spezialisierungen haben sich entschieden, diese mittelalterliche Scheune, in der einst Nutztiere gehalten und Tabak getrocknet wurde, zu ihrem neuen Arbeitsplatz auszubauen. "Es ist schon ein Traum", sagt Marta Pettazzi und hebt ihren Blick auf das massive Dachgebälk über ihr.

Sie ist Restauratorin unter anderem von Gemälden, Holzskulpturen und Stuckarbeiten. Zusammen mit ihrem Mann, Lukas Steiner, ihrem Schwiegervater, Herbert Steiner, sowie dessen Lebensgefährtin, Daniele Posselt, blickt Pettazzi dem zukünftigen Arbeitsalltag auf großflächigem Raum enthusiastisch entgegen.

Vier Restauratoren mit vier unterschiedlichen Fachbereichen – Fotorestaurierung, Kirchenmalerei und Fachwerk-Restaurierung, Gemälde- und Holzskulpturen-Restaurierung sowie Stein-Restaurierung – werden im Restaurierungsatlier Steiner für Bau und Kulturdenkmal unter einem Dach zusammenarbeiten.

Aktuell arbeitet Pettazzi noch in ihrem kleinen Atelier in Lahr, wo es sehr eng werden kann – vor allem bei der Restaurierung von größeren Objekten, denn, so Pettazzi: "Um ein Gemälde oder eine Skulptur zu restaurieren braucht man viel Platz."

In der Scheune wird sie platztechnisch wohl nicht in Bedrängnis geraten. Im Erdgeschoss soll unter anderem eine Holzwerkstatt entstehen "für staubige Sachen", erklärt Steiner junior. Auch ein Fotolabor ist dort in Planung. Denn mit seinem Studienabschluss in den Fächern Audiovisuelles Kulturgut und Fotorestaurierung wolle er dort an analogen Foto-Projekten arbeiten.

Sozialer Aspekt ist wichtig für das Projekt

Auch ein Nassraum für Wasserarbeiten, wie zum Beispiel das Ablaugen von Fensterrahmen, hat der befreundete Architekt aus Ettenheim im Plan mitbedacht.

Dort, wo im ersten Stock aktuell noch ein riesiges Loch im Holzdielenboden prangt und eine wackelige Leiter zum Auf- und Abstieg dient, soll eine Treppe sowie ein Aufzug eingebaut werden. Auch einen Wintergarten soll es geben – "zum Entspannen", so Steiner senior.

Das Atelier werde im ersten Stock eingerichtet, mit modularen Holzwänden und einer kleinen Küche. Denn Wasser, so Pettazzi, brauche man immer beim Restaurieren, beispielsweise um Leim vorzubereiten. "Dann wird es noch einen kleinen Bereich für Mikroskope und andere Spezialgeräte geben", freut sich die Restauratorin.

Der ursprüngliche Charakter der etwa vierhundert Jahre alten Scheune soll bei den Bauarbeiten erhalten bleiben. Soweit es gehe, werde alles in Eigenarbeit gemacht, berichtet Steiner senior: "Bis auf Heizung, Elektrik und Wasser und solche Sachen."

Eine mittelalterliche Scheune zu restaurieren wäre wohl für die meisten Menschen ein Mammut-Projekt. Für Steiner junior und senior seien Projekte dieser Größe nicht fremd, so Herbert Steiner: "Wir haben bereits ein paar Gebäude dieser Größe restauriert, wir haben keine Angst davor." Gebaut werden solle möglichst biologisch, "mit Lehmputz und normalem Holz".

Bei vier Restauratoren mit unterschiedlichen Spezialisierungen sei vor allem der Austausch untereinander wichtig. Auch wenn die Arbeitsmaterialien unterschiedlich sind, erklärt Pettazzi, seien die Verfahren oder die Philosophie hinter der Konservierung ähnlich.

"Ab und zu gibt es Lösungen, auf die man alleine nicht gekommen wäre", fährt sie fort. Auch wirtschaftlich sei es vorteilhaft, in einem Atelier zusammenzuarbeiten. "Da wir vier unterschiedliche Spezialisierungen haben, kann man zum Beispiel eine ganze Kirche zusammen restaurieren", erklärt Pettazzi.

Auch der soziale Aspekt sei für das gemeinschaftliche Atelier wichtig, so Steiner junior. "Wenn ein Künstler kommen würde und uns sagt, er brauche ein bisschen Platz, dann würde er den hier auf jeden Fall auch finden".

Die Öffentlichkeit soll Zugang zur restaurierten Scheune erhalten. Wie genau? Das sei noch offen, so der junge Restaurator. Auf lange Sicht würde er gerne Workshops zu historischen Fotografieverfahren anbieten. Pettazzi dachte an Kurse für Kinder, in denen mit natürlichen Zutaten eigene Aquarellkästen erstellt werden können.

Bis das möglich sein wird, müssen noch einige Bauarbeiten erledigt werden. Die Frist, das Atelier bis Ende des Jahres fertigzustellen, sei selbstgesetzt, so Steiner senior grinsend, denn die Lust, loszulegen, ist groß: "Wir wollen alle arbeiten!"

Im Dach ist ein Fledermaus-Raum vorgesehen. "Wir haben eine Fledermaus gefunden und beschlossen, die wollen wir schützen", erzählt Restaurator Herbert Steiner, "wir wollen den unterschiedlichen Fledermausarten einen dauerhaften Ort bieten." Der Bund für Umwelt und Naturschutz unterstütze sie dabei mit Plänen für die Umsetzung eines Kaltraums.