Foto: Bohnert-Seidel

Gemeinderat stimmt für aktive Liegenschaftspolitik

Friesenheim - Die Gemeinderäte haben in ihrer jüngsten Sitzung mehrheitlich die Zustimmung für eine aktive Liegenschaftspolitik der Gemeinde gegeben. Damit sollen die Erschließung von Bauland und die Genehmigungsverfahren beschleunigt werden.

Lange und ausführlich diskutierte der Friesenheimer Gemeinderat am Montag über die Einführung einer aktiven Liegenschaftspolitik. Hauptargumente der Gemeindeverwaltung für eine solche Politik sind laut Bürgermeister Erik Weide: flexiblere und bessere Handlungspositionen sowie ausreichend Gestaltungsräume in neuen Baugebieten, um die Gemeinde insgesamt besser zu entwickeln. Trotz solcher Vorzüge sei die aktive Liegenschaftspolitik kein Allheilmittel oder ein Versprechen dafür, dass man alle zwei Jahre ein neues Baugebiet erschließen könne, sagte Weide. Eine Erschließung käme nur zustande, wenn sich die Interessen aller Grundstückseigentümer vereinen ließen.

In der Ratssitzung stellte Melanie Markstein vom gleichnamigen Vermessungsbüro das sogenannte Friesenheimer Modell vor. Ein speziell auf die Gemeinde zugeschnittenes Modell würde, bei hundertprozentiger Zustimmung von Seiten der Eigentümer, innerhalb von zwei bis drei Jahren die Entwicklung eines Baugebiets ermöglichen. Nach dem jetzigen Verfahren ist mit einem Zeitraum von fünf bis zehn Jahren zu rechnen. Fällt die hundertprozentige Zustimmung aus, wird das Gebiet nicht weiter verfolgt. Von dem bisherigen Reihumverfahren soll Abstand genommen werden.

Angedacht und von einigen Ratsmitgliedern sogar empfohlen wurde eine Ausdehnung der Bauverpflichtung für Grundstückseigentümer von fünf auf acht oder gar zehn Jahre. "Bei selbst eingebrachten Grundstücken sollte eine Bauzeit von zehn Jahren eingeräumt werden", forderte etwa Christian Erb (FW). Dies lehnte die Mehrheit ab. Weide versprach jedoch, die jetzt eingeführte Fünf-Jahresregelung noch genauer zu modifizieren.

Warnung vor einem zu hohen Flächenverbrauch

Eine Entwicklung von Baugebieten ist nur in enger Abstimmung in bezug auf Ankaufs- und Bodenwerte sowie der Gebietsreihenfolge möglich. Die Rahmenbedingungen ermöglichen es, aus einem Acker zum Preis von 1,50 Euro pro Quadratmeter Bauland zum Preis von 55 Euro pro Quadratmeter zu machen. Ermittelt werden diese Beträge ausgehend von einem Baulandwert von 240 Euro pro Quadratmeter. Darin enthalten sind Erschließungskosten in Höhe von aktuell 150 Euro. Die hohen Anforde rungen an den Naturschutz sowie gestiegene Kosten für den Tiefbau brachte Markstein als Gründe für die hohen Erschließungskosten an.

Andreas Bix (FW) betonte, dass aktive Liegenschaftspolitik weit entfernt von einer Zwangsenteignung sei. Es werde keine Verlierer geben. Michael Walter (GLU) warnte jedoch vor zu hohem Flächenverbrauch: "Ich bin für eine Zurückhaltung der Gemeinde. Das Verfahren sollte auf keinen Fall zur Ausweisung von mehr Baugebieten führen", sagte er.

Dietmar Kairies (GLU) wies darauf hin, dass die Festlegung auf eine hundertprozentige Mitwirkungsbereitschaft ein Baugebiet schon bei nur einem Quertreiber scheitern lasse. "Je mehr Eigentümer es gibt, desto höher ist also die Wahrscheinlichkeit, dass eine Entwicklung von Bauland scheitert", sagte Kairies. "Die Kommune muss langfristige Bodenpolitik betreiben und das ein oder andere Gebiet beizeiten kaufen", forderte Ewald Schaubrenner (CDU) als Reaktion auf solche Risiken. Julius Haas (CDU) begrüßte die Regelungen: "Das bringt eine optimale Ausnützung der Fläche", sagte er.

Markus Rottler von der SPD wurde grundsätzlicher: "Prinzipiell sollten wir uns fragen, wohin wir wollen. Von einer Gemeinde mit 12 500 Einwohnern entwickeln wir uns zur 17 000-Einwohner-Gemeinde. Da ist eine Anpassung der Infrastruktur die Folge."

Info: Neubaugebiet "Eschental"

Das Baugebiet "Eschental" zwischen Friesenheim und Heiligenzell (siehe Foto) wird das erste sein, das nach dem neuen Prinzip umgelegt wird. Es umfasst auf 5,2 Hektar 70 landwirtschaftliche Grundstücke.