Werner Kohler ist seit 52 Jahren Kolpingmitglied in Friesenheim. Er appelliert an die Mitglieder, sich mehr einzubringen. Foto: cbs Foto: Lahrer Zeitung

Auflösung: Langjähriger Vorsitzender der Kolpingfamilie Friesenheim appelliert an Mitglieder

Friesenheim. Die Kolpingfamilie Friesenheim steht vor dem Aus. Wenn sich keine dritte Person für einen Vorstand findet, wird der Verein nach 71 Jahren aufgelöst. Werner Kohler gehört seit 52 Jahren der Kolpingfamilie an. Zum dritten Mal steht er in der Verantwortung als Vorsitzender. Die Lahrer Zeitung hat sich mit ihm über die problematische Situation unterhalten.

Seit wann gibt es denn Probleme in der Kolpingfamilie, Herr Kohler?

Nicht erst seit diesem Jahr. Die Krise bahnt sich schon seit einer Weile an. Hier spielt die Arbeitswelt eine Rolle. Wer erst um 20 Uhr von der Arbeit heimkommt, geht nicht mehr zur Kolpingfamilie. Wir brauchen schon zum dritten Mal in Folge eine außerordentliche Mitgliederversammlung zur Bildung eines Vorstands. Bevor wir 2015 die Satzung geändert haben, blieb gut acht Jahre lang die Position des Vorsitzenden verwaist. 2015 haben wir die Satzung geändert, um die Verantwortung auf mehreren Schultern zu verteilen. Immerhin haben wir 2017 ein neunköpfiges Gremium hinbekommen. Ganz klar fehlt es am Engagement derer, die das Schiff steuern könnten. Junge Rentner zu denen zähle ich mich auch. Gleichwohl habe ich gesagt, ich trete nicht mehr als Vorstand an. Wenn jeder nach zwei Jahren seinen Posten, wieder weitergeben könnte, wäre das sicher kein Problem. Aber weitermachen, damit das Unvermeidliche nicht kommt, oder weil andere einfach zu bequem sind, macht auch keinen Sinn.

Macht sich eine Art Bequemlichkeit breit?

Ich habe das Gefühl, für manche hatte meine Mitarbeit diese Wirkung. Nach dem Motto: der Werner macht das und wir können uns zurücklehnen. Ja, da steckt vielleicht auch Bequemlichkeit dahinter.

Haben Sie vielleicht eine Ahnung, was dieses Mal anders ist?

Einerseits berichten viele weltliche Vereine von ähnlichen Problemen, andererseits weiß ich aus eigener Erfahrung im Treffen mit anderen Kolpingfamilien, dass diese eine gewisse Blüte erleben. Seit vielen Jahren arbeite ich auf der Diözesan- und Bundesebene mit und weiß es geht auch anders.

Liegt es möglicherweise am Programm?

Sicher nicht. Wir sind weltoffen für alle Konfessionen. Als Kolpingfamilie sind wir freier und stehen nicht so sehr im Sog der Kirche. Viele Menschen, die der Kirche eher skeptisch gegenüberstehen, haben in der Kolpingfamilie einen besseren Zugang zum Christ-sein.

Gibt es einen Weg aus der Krise der Kolpingfamilie?

Das gelingt nur, wenn Menschen aufstehen und mitmachen. Das ist der einzig gangbare Weg.

Warum sollte jemand der Kolpingfamilie beitreten?

Weil wir für Grundwerte stehen, die unserer Gesellschaft gut tun. Als Gemeinschaft haben wir den anderen Menschen gut im Blick. Das ist es, was unserer Gesellschaft an vielen Orten fehlt. Innerhalb der Kolpingfamilie entstehen lebenslange Freundschaften.

Was wünschen Sie sich?

Ich wünsche mir Menschen aus der Gemeinschaft, die aufstehen und sagen, was ich an Gemeinschaft erlebe und liebe, trage ich auch ein Stück in der Verantwortung mit. Leider schaffen wir keine Übergänge mehr.

Mit knapp 130 Mitgliedern ist die Kolpingfamilie Friesenheim nicht gerade klein!

Deshalb hoffe ich auf eine dritte Person. Gleichwohl ich schon den Diözesanverband über unseren Zustand unterrichtet habe. In der nächsten Vorstandssitzung werden wir auch das Prozedere einer Auflösung besprechen müssen. Trotzdem hoffe ich noch immer, wir sollten es auf der Sparflamme von drei Mitgliedern im Vorstand hinbekommen.

Wenn es zur Auflösung käme, wohin mit den Mitgliedern und ihrem Wunsch nach Gemeinschaft?

Mitglieder im Kolpingwerk Köln bleiben dort direkt Mitglied oder sie können sich auch Kolpingfamilien im Umkreis anschließen.

Wie steht es mit ihnen?

Ich bleibe Kolpingmitglied. Der gegenwärtige Zustand geht nicht spurlos an mir vorüber und macht mich vor allem unendlich traurig.

 Fragen von Christine Bohnert-Seidel

Bei der Hauptversammlung Ende Januar haben sich Marco Gehring und Silvia Schmied bereit erklärt im Verbund die Kolpingfamilie zu leiten. Ein Dritter lies sich jedoch nicht finden. Die geänderte Satzung von 2015 sieht jedoch ein Dreierteam vor. In einer außerordentlichen Mitgliederversammlung in den kommenden Wochen, wird darüber entschieden, wie es weitergeht.