Der Rundgang führte auch vorbei am Gedenkstein zwischen evangelischem Gemeindehaus und Rathaus. Foto: Bohnert-Seidel

Ekkehard Klem beleuchtet bei VHS-Veranstaltung Geschichte deportierter Friesenheimer

Heute jährt sich die Deportation der Friesenheimer Juden zum 76. Mal. Zum Gedenken an die jüdischen Familien hat die VHS zum "Gang durch die Friesenheimer Geschichte" mit Ekkehard Klem eingeladen.

Friesenheim. Sehr viele Friesenheimer und Gäste von außerhalb haben das Erinnern an die jüdische Bevölkerung mit großem Interesse verfolgt. "Es war ein Nachmittag", erzählte vor Jahren Klara Ziser, als sie aus dem Fenster der Zigarrenfabrik in der Weinbergstraße in der Pause verfolgte, wie Flora Greilsheimer, hochschwanger, in der einen Hand einen großen Koffer trug und an der anderen Hand ihre Tochter Lieselotte mit hängendem Kopf ging. Es gab nicht viele Friesenheimer, die offen über jenen Tag berichteten.

Am Donnerstagabend verfolgten viele Friesenheimer mit großem Interesse diesen Teil ihrer Geschichte, der ihnen von ihren Eltern eigentlich nie so erzählt wurde. Eine erste schriftliche Abhandlung erfolgte 1988, als Jürgen Stude seine Studienarbeit zum Thema "Die Geschichte der Friesenheimer Juden" schrieb, erzählte Klem. Gemeinsam mit ihrem Geschichtslehrer Martin Buttenmüller beteiligten sich Schüler der Abschlussklassen der Realschule mit dem Büchlein "Die Geschichte der Juden in Friesenheim – Erinnerungsplätze und Spuren."

Jüdisches Leben gab es in Friesenheim demnach seit dem 16. Jahrhundert. Mehr als 400 Jahre lang hätten christliche und jüdische Einwohner friedlich miteinander gelebt. 1925 sind es noch 48 jüdische Personen in Friesenheim. Im Jahr der Machtergreifung 1933 waren es nur noch 33, erklärte Klem. "Als Folge von Boykott, Diffamierung, Berufsverbot, Rassengesetzgebung und Verhaftungen während der Reichspogromnacht 1938 war der jüdischen Bevölkerung bald klar geworden, dass ein Leben in Deutschland für Juden nicht mehr möglich war", so Klem weiter.

Neun Juden wurden nach Gurs verschleppt

Am 22. Oktober 1940 werden neun Friesenheimer Juden auf dem Rathausplatz auf einen Wagen verfrachtet und nach Gurs verschleppt:

Blandina Greilsheimer, 56 Jahre alt und Schneiderin wurde in Auschwitz ermordet. Ihre Handwerkskunst in der Hauptstraße 58 (heute Post) sei in ganz Friesenheim geschätzt gewesen. Flora Agatha Greilsheimer, 46 Jahre alt, betreute die Synagoge in der Lahrgasse/Synagogengasse. Auch sie wurde in Auschwitz ermordet.

Ludwig Greilsheimer, 43, Viehhändler und Handelsmann, wurde in Majdanek ermordet. Flora Greilsheimer, war damals 32 Jahre alt. Sie überlebte mit ihren Töchtern Lieselotte und Germaine. Letztere kam im Lager Gurs zur Welt. Die beiden Mädchen wurden von französischen Widerstandskämpfern aus dem Lager geschmuggelt und bis zur Vertreibung der deutschen Truppen in Kinderheimen und bei Nonnen versteckt. Flora Greilsheimer wanderte 1947 mit den Töchtern nach Amerika aus.

Delphine Haberer, 56 Jahre alt, ist auch in Auschwitz gestorben. Marie Haberer, 54 Jahre, ist in Gurs gestorben. Alfred Levi, war zum Zeitpunkt der Deportation 47 Jahre alt. Der Inhaber einer Eisenwarenhandlung ist im Lager Auschwitz gestorben. Das gleiche Schicksal ereilte die damals 40-jährige Brunhilde Levi.