An langes Stehen war jahrelang nicht zu denken. Während Auftritten musste der Vorsitzende des MGV Oberweier (links) auf einem Stuhl sitzen. Archivfoto: Bohnert-Seidel Foto: Lahrer Zeitung

Gesundheit: Lutz Heiermann hat nach Magen-OP 100 Kilo abgenommen / Ärzte gaben ihm noch fünf Jahre

Jahrelang hat Lutz Heiermann mit seinem Gewicht gekämpft – beinahe hätte er verloren. Mit einer Magen-OP fand der Vorsitzende des MGV Oberweier wieder zurück ins Leben. Statt 244 Kilo wiegt er heute nur noch 142.

Friesenheim. M it einem Lächeln öffnet Lutz Heiermann die Wohnungstür. Er öffnet sie persönlich und muss nicht den automatischen Türöffner bedienen. Das war nicht immer so. Noch vor einem Jahr habe er sich jeden Schritt ganz genau überlegt. 244,1 Kilo Körpergewicht lähmten ihn. "Einige Meter zum Auto und ich war am Ende", sagt er im Gespräch mit der LZ. Schweißausbrüche und Kurzatmigkeit seien die Folge gewesen. Seine Ehefrau und seine Tochter haben ihn unterstützt – haben für ihn die Schritte zurückgelegt. "Ich habe die beiden nur noch in der Gegend herum gescheucht", berichtet der Industriefachwirt. Heiermann spricht von Gebrechlichkeit, die ihm jegliche Menschenwürde geraubt habe.

"Das Leben war nicht mehr schön", bringt Heiermann für sich den eigenen Gesundheitszustand auf einen Punkt. Zwei Stühle zum Sitzen. Blöde Kommentare oder abschätzige Blicke – all das habe Heiermann schon gar nicht mehr gehört oder gesehen.

Täglich Ibuprofen gegen die Schmerzen

Sich überhaupt zu bewegen, das sei mit 244,1 Kilo bei knapp 1,70 Körpergröße kaum mehr möglich gewesen. Der Body-Mass-Index von 84 sprengte alle Vorgaben. "Ich war psychisch und physisch am Ende", erzählt Heiermann. Nicht, dass er es schon selbst mit einem eigenen Abnehmprogramm probiert hätte. 2011 habe er in einer Reha 15 Kilo abgenommen und winkt ab, "ruckzuck war das wieder drauf" – und noch viel mehr. Die Frustration folgte, Schmerzen ab einem bestimmten Punkt auch. Er spricht von Ibuprofen, die er täglich eingeschmissen habe, um "einigermaßen über die Runden zu kommen". Einziger Ausweg und Lichtblick war für ihn die Aussicht auf eine Magenverkleinerung.

"Viele Ärzte wollten das Risiko einer Operation bei 244,1 Kilo nicht eingehen und lehnten ab", erninnert er sich. Von möglicher Organverfettung war die Rede. Aber irgendwie kreisten wohl doch ganz schön viele Schutzengel über dem Vorsitzenden des Männergesangvereins Oberweier. "Viele Ärzte haben mir nur noch fünf Jahre gegeben", erzählt der 50-Jährige. "Ich habe bereits mein Testament geschrieben."

Als einen Tag der Neugeburt beschreibt er den 11. März 2019, den Tag der Schlauchmagen-Operation durch Bernhard Hügel, Chefarzt der Adipositas-Chirurgie in Offenburg. Bis es soweit war, zogen jedoch eineinhalb Jahre der Vorbereitung ins Land, schließlich sollte die OP bei einem Kostenaufwand von 12 000 Euro auch langfristig von Erfolg getragen sein. "Da spielt die Krankenkasse sonst nicht mit", weiß Heiermann.

Die ersten drei Wochen nach der OP seien kein Zuckerschlecken gewesen. Sein Körper meldete sich mit Entzugserscheinungen und habe erst einmal gestreikt. "Alles hat weh getan. Aber da musste ich durch", erzählt der Familienvater.

Seither esse Heiermann mit Bewusstsein – "Häppchen für Häppchen." Große Mengen nehme der Magen nicht auf. Das Hungergefühl bleibe aus. Heute wiegt er 142 Kilo. "Aber auch das wird weniger", vertraut Heiermann auf sich selbst. Er fühle sich wieder als Teil der Gemeinschaft. Er nimmt an Wanderungen teil, freut sich auf Bewegung und auf das Werkeln zuhause. Zu allem sei er heute fähig, ganz ohne Medikamente. Aus eigener Körperkraft, Motivation und noch mehr Lebensfreude. "Das Leben hat mich wieder", sagt er freudestrahlend.

Übergewicht das war für Heiermann bis zum 25. Lebensjahr ein Thema, das er relativ gut im Griff hatte. "Dann ist es kontinuierlich hochgegangen." Die meisten Kilos packte er von 2011 bis 2019 drauf und spricht von einem Teufelskreis. Mit den Kilos schwand die Beweglichkeit.