Bäckergeselle Davinder Singh und Auszubildende Annanpreet Kaur gehören zum Bäckereiteam Baumert in Schuttern. Chef Klaus Baumert will sie nicht mehr missen. Foto: Bohnert-Seidel

Integration: Flüchtling darf weitere zwei Jahre in Deutschland bleiben / Chef kämpft für seine Mitarbeiter

Schuttern - Davinder Singh aus Indien hat seine Ausbildung als drittbester Bäckergeselle aus seiner Innung abgeschlossen. Sein Chef, Klaus Baumert, rechnete damit, dass der Flüchtling nach der Ausbildung wieder zurück in die Heimat muss – nun kam es anders.

Aus Marokko, der Ukraine, Rumänien, Syrien, Serbien und Indien – bunter im Ländermix lässt sich die Arbeitsgemeinschaft in der Schutterner Backstube Baumert kaum mischen. "Globalisierung heißt, sich aufeinander zuzubewegen in Respekt und Würde", sagt Bäckermeister Klaus Baumert im Gespräch mit der Lahrer Zeitung.

Großer Respekt gegenüber seinen Angestellten

Groß sei der Respekt gegenüber seinen Angestellten, die alle eine andere Kultur mitbringen. Seit vielen Jahren will kaum ein Deutscher den Beruf des Bäckers lernen, weiß Baumert. Aber mit seiner "bunten Mannschaft" schaffe er es, die Bevölkerung täglich mit frischem Gebäck zu versorgen. "So unterschiedlich sind wir doch alle gar nicht", erklärt Baumert.

Zum festen Mitarbeiterstamm zählt mittlerweile Davinder Singh. Gebürtig aus Indien hat er 2020 als Drittbester seiner Zunft die Gesellenprüfung abgelegt. "Ich bin so stolz", sagt Bäckermeister Baumert. Die Arbeit gehe dem jungen Familienvater mit sehr viel Ehrgefühl und Kompetenz von der Hand. "Jetzt kommt bald die Meisterprüfung", sagt Singh im Gespräch mit der Lahrer Zeitung.

Sein Chef könnte sich fast die Haare raufen. Einem Damoklesschwert gleiche die Regelung in Deutschland, dass auf drei Jahre Ausbildungszeit, zwei weitere Jahre Festanstellung folgen dürfen. "Und danach ist wieder alles offen", weiß Baumert. Mit Blick auf seine Angestellten weiß er: "Ohne sie alle könnte ich morgen zumachen."

Verlässlichkeit, Pünktlichkeit und gegenseitiger Respekt

Einen wie Singh könne er sich noch nicht einmal selbst backen, würdigt er seinen Mitarbeiter. In der Backstube sagt Baumert: "Davinder, das hast du gut gemacht." Prompt folgt die Antwort: "Das ist mein Beruf. Das ist meine Arbeit."

Der Ehrenkodex zwischen den Zeilen tut allen gut und schwingt in der Backstube mit: Verlässlichkeit, Pünktlichkeit und gegenseitiger Respekt sind die Zutaten für einen reibungslosen Betrieb. "Wer sich integriert, einen Leumund mitbringt, jemanden hat, der für ihn die Hand ins Feuer legt, der muss unbedingt in unser Sozialsystem aufgenommen werden", sagt Baumert.

Der Schutterner Bäckermeister ist einer, der "denen in den Talkshows und in der Politik" gerne einmal gründlich die Leviten lesen würde. "Blumige Reden werden geschwungen, eine Stunde lang geredet und dennoch nichts gesagt", ärgert er sich.

Es brauche Rahmenbedingungen für das Handwerk. Dass Menschen, die hier einen Beruf erlernt haben, auch bleiben dürfen. Baumert ist sich sicher, dass "unser Sozialsystem genau solche Menschen wie meine Männer und Frauen in der Backstube braucht, um das Sozialsystem auch aufrecht zu halten".

Mittlerweile macht Annanpreet Kaur, ebenfalls aus Indien, ihre Ausbildung zur Bäckerin. Einzige Deutsche in der Backstube in Schuttern ist die Konditorin. Aber die Nationalität sei ohnehin vollkommen ohne Belang. "Ich bin mit meiner Mannschaft sehr zufrieden", sagt Baumert.

Geschichte

Der Bäckereibetrieb Baumert ist seit 138 Jahren im Familienbesitz. Gegründet wurde die Bäckerei 1883 von Ignaz Mast. Anna Mast und später Gertrud Baumert übernahmen den Betrieb. Klaus Baumert lenkt seit 1984 die Geschicke. Mehr als 50 Mitarbeiter sind bei Baumert beschäftigt. Seit 1978 ist der Bäckerei ein Lebensmittelmarkt angegliedert.