Die Stammtischgesellschaft trifft sich zum Gedenken an der freien Luft. Foto: Bohnert-Seidel

Gedenken: Seine Freunde würdigen den verstorbenen Jäger Bruno Schwendemann auf ganz besondere Weise

Friesenheim - Eine recht muntere Gesellschaft war am vergangenen Samstag im künftigen Neubaugebiet "Altes Kloster" in Heiligenzell versammelt. Es ist der Freitagabendstammtisch, der sich erstmals nach 60 Jahren zu einem gemeinsamen Fest außerhalb vom Café Burkart trifft.

Abschied von Bruno Schwendemann 

Am Freitag haben mehr als 25 Menschen aus dem Café Burkart Abschied von Bruno Schwendemann genommen, einem Urgestein, das vor 60 Jahren den Stammtisch mit begründet hat. Nahezu 60 Jahre war er Jagdpächter im Friesenheimer Wald. Für seine Stammtisch-Gemeinschaft hatte der Jäger eine Wildsau geschossen. "Er wollte die Wildsau noch mit uns gemeinsam essen", sagt Axel Reinbold. Die Corona-Pandemie hat dem dafür ursprünglich vorgesehenen Treffen aber einen Strich durch die Rechnung gemacht. Damit war es erklärter Wunsch des inzwischen verstorbenen Schwendenmann, dass seine Gemeinschaft im Gedenken an ihn die Wildsau verspeist. Kurzum haben die beiden Oberbruzzler Axel Reinbold und Werner Herzog acht Kilo Wildscheinfilet zubereitet. Ein Rezept für die Zubereitung gibt es nicht, das machen die Chefköche vor allem mit sehr viel Gefühl und einer Weisheit, die Axel Reinbold von seiner Oma übernommen hat: "Mini Oma het immer g’sait: denk dran Wasser versaut d’ganz Soß." Ergo besinnen sich die beiden Chefköche immer wieder gern des besten Friesenheimer Rotweins.

Es gilt ausschließlich die folgende Vorgabe, erklärt Reinbold: "Wer sich anständig benimmt, darf zu uns kommen." Dabei sei die Zugehörigkeit nicht ortsteilgebunden. Vielmehr begründe sie sich in einer offenen Kommunikationskultur. Was darunter zu verstehen ist, bringt Helmut Britsch auf den Punkt: "Wer bei uns sitzt, ist diskussionsfähig und nicht gleich beleidigt." Klare Worte, ohne Umschweife und immer mit einem Quäntchen Reflexion – das ist Stammtisch vom Feinsten und eine Kultur, die im Café Burkart seit 60 Jahren gepflegt wird. Von der Gründungsstunde bis heute.

Stammtisch ist Knotenpunkt des Gemeindelebens

Ein Novum an diesem Stammtisch dürfte auch die gemischte Altersstruktur sein. Vom 21-Jährigen bis knapp 80-Jährigen. Gendergerecht wird der Stammtisch immer weiblicher. Seit vielen Jahren zählen Daniela Jox und Edith Schaub zum Kreis. Die Themenlage – orientiert sich an den aktuellen Ereignissen, wie etwa die Entwicklung des Neubaugebiets. Ein Dauerbrenner bleibt die Parkplatzsituation und natürlich die Geschwindigkeit und das hohe Verkehrsaufkommen durch den Ort. Kommuniziert wird auch über eine "Whats-App-Stammtischgruppe", die mittlerweile gut 20 Personen führt. Viele der Mitglieder sind auch einige Vorsitzende der Heiligenzeller Vereine.

So manches Vereinsfest ließe sich über diese Gruppe auf dem kleinen Dienstweg organisieren, sind die Stammtischler sicher. Feuerwehr, Sportverein, Feuerhexen, Haus- und Gartenfreunde, Musikverein, Kirchenchor – offiziell gibt es zwar keine Vereinsgemeinschaft, aber die brauche es auch nicht. Wofür gebe es einen engagierten Stammtisch, der so manches Geschick über den für ihn so charakteristischen Zusammenhalt in die Wege leitet?