Am Mahnmal in Friesenheim erinnerten mehr als 50 Menschen an das Schicksal der jüdischen Bevölkerung und deren Deportation nach Gurs. Die Schüler entzündeten für jeden jüdischen Bürger eine Kerze. Foto: Bohnert-Seidel

Gedenktag: Friesenheimer erinnern an die Deportation nach Gurs / Realschüler gestalten Feier mit

Friesenheim - 80 Jahre ist es her, dass jüdische Mitbürger von Nazi-Truppen aus ihren Häusern in Friesenheim gerissen wurden. Viele Friesenheimer haben es miterlebt und viele schwiegen. Am Donnerstag wurde den jüdischen Bürgern gedacht.

14 Schicksale

Bürgermeister, Pfarrer, Schulleitung, Schüler und Historischer Verein für Mittelbaden, Regionalgruppe Geroldseckerland kamen zusammen und erinnerten unter Mitwirkung des Posaunenchors an die Deportation jüdischer Mitbürger nach Gurs.

Es waren 14 Namen und deren Verbundenheit zu Friesenheim, die Schüler der Realschule vorlasen. 14 Schicksale, die unmittelbar mit der Gewaltherrschaft des Nazi-Regimes in Verbindung stehen. Drei Nachnamen und die Familien sind nahezu ausgelöscht.

Am Gedenkstein zwischen Evangelischem Gemeindehaus und Rathaus II versammelten sich gut 50 Menschen. Die Erinnerungen, vorgestellt und gelesen von den Schülern, lasteten schwer. Die Jahrgänge, die Zeugen der Deportation gewesen sind, schwinden allmählich.

Erschütterung im Lebensweg der betroffenen Menschen

Neben der Erinnerung an die Verstorbenen und Verschleppten, blieben die Gäste mit ihren Beiträgen auch in der Gegenwart. Das Mahnmal in Friesenheim, eine Säule, die in einer Höhe von 90 Zentimeter grob gebrochen worden ist, liegt mit abgetrenntem Stück am Boden.

Die Inschrift auf der stehenden Säule zeigt den Schriftzug "Leben in Friesenheim", das zerbrochen ist. Nur von kurzer Dauer währte der Aufenthalt in Gurs. Die Zerstörung des Lebens habe Steinmetz Frank Rothbächer vor 14 Jahren mit Jugendlichen bildhauerisch umgesetzt, erklärt Bürgermeister Erik Weide.

Die Bruchstelle im Stein stehe sinnbildlich für die Erschütterung im Lebensweg der betroffenen Menschen, soll jedoch auch Hoffnung vermitteln. Von Hoffnung und Zuversicht spricht Schulleiterin Angelika Philipzen. Die Realschule setze sich aktiv gegen Rassismus und Ausgrenzung ein. Sie sei getragen von einer wertschätzenden Grundhaltung, damit das, was vor 80 Jahren geschehen ist, nicht mehr Fuß fasse.

Pfarrer Janus verlas einen Psalm, Pfarrer Jelic eine Meditation

Ekkehard Klem hat gemeinsam mit Schülern der achten Klasse die Schicksale der jüdischen Mitbürger herausgearbeitet. "Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist", zitierte Klem Stolpersteinverleger Günter Demnig. "Mit den Steinen vor den Häusern in Friesenheim, die die Schüler ebenfalls poliert haben, werden Erinnerungen nicht mit Füßen getreten, man stolpert über die Schicksale der Opfer", so Klem.

Für die jüdischen Todesopfer, die während der Naziherrschaft ihr Leben lassen mussten, entzündeten die Schüler jeweils eine Kerze. Alle Gäste waren ebenfalls eingeladen, eine Kerze zu entzünden oder diese mitzunehmen und zuhause ins Fenster zu stellen. Pfarrer Rainer Janus verlas einen Psalm und Pfarrer Steffen Jelic eine berührende Meditation. Mit den Klängen des Posaunenchors haben sich die Menschen wieder vom Platz entfernt.

Erinnert wurde an die Schicksale von: Delphine und Marie Haberer, Bahnhofstraße 13; Blandina Greilsheimer, Friesenheimer Hauptstraße 58; Brunhilde und Alfred Levi, Friesenheimer Hauptstraße 89; Richard Levi und dessen Kinderverschickung; Flora und Ludwig Greilseheimer, Bärengasse 1; Flora Agatha Greilsheimer, Lahrgasse 14; Hugo Greilsheimer, Friesenheimer Hauptstraße 38; Miriam und Josef Herschel, Friesenheimer Hauptstraße 95.