Vor zwei Jahren wurde die Handball Union Freiburg aus der Taufe gehoben. In der Landesliga Süd ärgerte der Aufsteiger zuletzt den Vizemeister Herbolzheim. Aber die HU hat deutlich ehrgeizigere Pläne. Das Ziel ist die Oberliga. 

Um den Männerhandball in Freiburg war es schon einmal besser bestellt: Mit dem Abstieg des Platzhirsches HSG Freiburg aus der Südbadenliga war die Stadt zumindest was den Handballsport anging, vor gut fünf Jahren am Tiefpunkt angelangt. Doch auch wenn es noch drei weitere Jahre dauern sollte, bis sich in Sachen Handball in der Studentenstadt langsam etwas tat, so entstand zumindest die Grundidee zur Gründung eines neuen Super-Klubs, der in der Lage wäre, die besten Kräfte der Großstadt zu bündeln, in jenen Jahren. So zumindest erzählen es Claudius Bianchi und Clemens Schiel, ihres Zeichens Geschäftsführer und Gesellschafter dieses neuen Super-Vereins in spe: der Handball Union Freiburg.

> Bündelung der Kräfte: 2015 befand sich der Stammverein der beiden, die Sportfreunde Eintracht Freiburg (SFE), mitten im Abstiegskampf der Landesliga, als Vertreter des dritten Freiburger Großklubs, dem TSV Alemannia Zähringen, die Fühler ausstreckten, ob eine Bündelung der Kräfte im Männerbereich nicht Sinn mache: »Allen Beteiligten war damals klar, dass es ein Verein alleine nicht schafft«, berichtet Schiel von den Gesprächen.

> Perspektivlos: Zwar hätten die Zähringer in jenen Jahren eine schlagkräftige C-Jugend und die SFE eine gute B-Jugend gehabt, trotzdem wären spätestens ab der A-Jugend die besten Kräfte mangels Perspektiven ins Freiburger Umland gewechselt: »Viele Spieler, die in Zähringen ihre Ausbildung genossen haben, sind dann nach Herbolzheim, Oberhausen oder Waldkirch«, so Schiel. »Wir wussten, dass wir was machen mussten, um den Jungs Perspektiven aufzuzeigen «, ergänzt Bianchi. »Denn wenn wir mit den SFE abgestiegen wären, hätten wir viele Spieler verloren.«

> Idee wird Realität: Die Idee zur Gründung der HU war endgültig geboren. Zuerst habe das Kind einen Name gebraucht. Kurz und knackig sollte er sein und vor allem vom Mief der Vergangenheit unbelastet, berichten Schiel und Bianchi. Schließlich sollten sich neue Sponsoren von dem Projekt angesprochen fühlen. Sogar eine Ausschreibung hätte es gegeben, sagt Schiel. Am Ende hätte sich die »Handball Union« durchgesetzt. »Es sollte auf jeden Fall nicht so klingen, als hätten sich zwei Vereine in Not zusammengeschlossen. « 

> Vorbild Bundesliga: Als Vorbild des neuen Vereins dienten Hochkaräter wie die Rhein-Neckar Löwen oder die HSG Wetzlar. Aber auch in der eigenen Stadt wurde man fündig: »Die HSG Freiburg ist im weiblichen Bereich sehr gut aufgestellt. Die spielen in der 3. Liga und schaffen es seit Jahren, die besten Spielerinnen aus ganz Südbaden anzuziehen «, zollt Schiel dem Konkurrenten im Herrenbereich ein Kompliment. »Auch weil sich die HSG so auf den Frauenbereich konzentriert, haben wir sie nicht angesprochen, ob sie sich an unserem Projekt beteiligen wollen.« Doch um Spitzenhandball bieten zu können, braucht man schlicht und ergreifend Geld. Und genau hier schwächelte das Projekt in der Anfangsphase. Zwar tragen die Stammvereine den Saisonetat der HU zu 35 Prozent, für den großen Rest mussten sich jedoch Sponsoren finden: »Das war am Anfang schon schwierig«, gesteht Schiel. »Und wir konnten das Geld ja nicht einfach aus der SFE abziehen.«

> Neue Begeisterung: Letztlich hätten sich aber doch einige Unternehmen überzeugen lassen, dass mit der HU auf Dauer ein Mehrwert zu erzielen ist. Und nicht nur die Firmen waren von der Idee angetan, auch einige Spieler zeigten sich plötzlich interessiert: »Wir haben einige Spieler bekommen, die gesehen haben, dass bei uns eine Vision dahintersteht «, erzählt Bianchi. Andere Spieler, wie der Ur- Zähringer Marius Schneider, hätte der Verein laut Bianchi wohl ohne Fusion nie halten können. 

> Wie Bayern München: Wie groß das Potenzial der HU ist, sollte dann bereits die Premierensaison zeigen. Die Mannschaft von Trainer Dirk Lebrecht stieg nicht nur in die Landesliga Süd auf, ganz nebenbei holte sich das Team auch den Bezirkspokal. Mehr geht nicht. »Die Mannschaft hat das sehr gut gelöst«, lobt Claudius Bianchi das Team. »Schließlich war sie so etwas wie der FC Bayern der Liga und stand auch wegen der Sponsoren unglaublich unter Druck. Alle jagen dich.« Auch eine Liga höher läuft alles nach Plan für die junge Truppe. Platz 8 und ein ausgeglichenes Punktekonto sind ein mehr als respektables Ergebnis für einen Aufsteiger. Zwischen Platz fünf und neun will die Union am Ende der Spielzeit landen. Doch zufrieden geben wollen sich die HU-Macher damit nicht: »In zwei bis drei Jahren wollen wir aufsteigen«, sagt Bianchi offen. »Schließlich ist die Landesliga auf Dauer nicht tragbar. 

> Übermächtiger SC: Doch die HU-Verantwortlichen haben sogar noch größere Visionen: die Oberliga. »Erst ab da ziehen wir Medien und neutrale Zuschauer an und werden so auch erst für Sponsoren interessant«, kalkuliert Bianchi. Schließlich gestalte sich die Suche nach Geldgebern in Freiburg durch die Anwesenheit des allmächtigen Sportclubs äußert schwierig. »Der Fußball saugt hier in de Stadt alle Sponsoren weg«, so Bianchi. »Deshalb werden wir mehr als Oberliga wohl auch nicht schaffen.«

> Vogt kehrt zurück: Aber das ist Zukunft. Die Gegenwart heißt Landesliga. Und da läuft es trotz einiger Verletzten sehr gut. Schon bald kommt mit Kapitän Philipp Vogt, der rund ein Jahr lang nach einem Kreuzbandriss pausieren musste, viel Qualität zurück auf die Platte. Der Umstand, dass es gelang, die Spieler zweier rivalisierender Vereine zu einer echten Einheit zu verschmelzen, sei vor allem ein Verdienst von Trainer Dirk Lebrecht. Der 50-Jährige, den Clemens Schiel als »klassischen HU-Trainer« betitelt, ist ein Ur-Zähringer, der vor fünf Jahren zur Eintracht wechselte. »Auf ihn konnten sich alle schnell einigen, da er beide Vereine gut kannte«, sagt Schiel. Und Claudius Bianchi ergänzt, wie gut der Trainer seinen Job tatsächlich macht: »Vor zwei Jahren haben sich die Spieler der beiden Vereine noch auf dem Feld geprügelt, heute sind sie eine Einheit.« 

> Nicht alles läuft rund: In dieser Spielzeit peilt das Team einen sicheren Mittelfeldplatz an. Defizite sieht Bianchi vor allem in der Hallenproblematik: »Wir trainieren mit unseren Mannschaften in drei Hallen in drei Stadtteilen, zu teilweise unmöglichen Zeiten.« Was dem jungen Team noch fehlt, sei ein »routinierter Mittelmann, der Tempowechsel machen kann«, sagt Trainer Lebrecht, der trotzdem bereits im nächsten Jahr die Spitze angreifen will: »Diese Mannschaft hat einfach abartig viel Potenzial.«

Info: Der Verein

Im Herrenbereich verfügt die HU über zwei Teams. Die Erste spielt in der Landesliga, die Zweite in der Bezirksklasse. Auch in der Zweiten sei der »Leistungsgedanke klar da«, sagt Trainer Dirk Lebrecht. Die Jugend verbleibt auch weiterhin in den Stammvereinen Alemannia Zähringen und SF Eintracht Freiburg. Bei der Gründung der Handballunion hätte sich laut Geschäftsführer Claudius Bianchi mit mehr als 90 Prozent die deutliche Mehrheit der Vereinsmitglieder für die HU ausgesprochen. »Großer Sport kann nur in einer großen Stadt passieren«, so Bianchi.