Der Kreis und die Kommunen stellen sich auf eine weitere Flüchtlingswelle ein. Auch die Wiederbelegung des "N40"-Gebäudes ist, gemessen an den derzeitigen Flüchtlingszahlen, wieder im Gespräch. Foto: Bohnert-Seidel

Bevor Bürgermeister Erik Weide die Gemeinderatssitzung eröffnete, gab er eine Stellungnahme zur aktuellen Flüchtlingslage ab. Angedacht wird, die Menschen, die wieder verstärkt ins Land strömen, unter anderem im "N40"-Gebäude unterzubringen.

Friesenheim - "Die Genehmigungen werden eingeholt", antwortete Bürgermeister Erik Weide am Montagabend auf die Frage von Gemeinderat Joseph Hugelmann (GLU): Ob das "N40"-Gebäude wieder mit Flüchtlingen belegt wird. So ganz wollte Bürgermeister Weide die Katze nicht aus dem Sack lassen, Beratungen dazu habe es aber bereits gegeben. "Es muss erst einmal alles mit dem Landratsamt abgestimmt werden."

Zu Beginn der ersten Sitzung nach den Sommerferien ließ Bürgermeister Weide durchblicken: "Was im kommenden Herbst auf uns zukommt, ist alles andere als vergnügungssteuerpflichtig. Es steht ein heißer Herbst an." Gasmangel, Flüchtlingskrise, Inflation. Selten habe es so viele Voraussetzungen gegeben, die das Leben der Bürger in diesem Maße beeinflussten. Im Oktober wird der Gemeinderat ein Paket zur Gaseinsparung beschließen. Wohin es gehen wird, stehe noch nicht eindeutig fest. Weide stehe in engem Kontakt mit seinen Bürgermeisterkollegen. Erst im Oktober lasse sich in Abstimmung mit Nachbarkommunen weiter sehen. Noch in den Sommerferien wurden per Videokonferenz Verantwortungsträger in Baden-Württemberg von Marion Gentges, Ministerin der Justiz und für Migration, über den größten Flüchtlingsstrom aller Zeiten in Kenntnis gesetzt.

Bürgermeister sieht Entwicklung besorgt entgegen

Ein Kraftakt sei von den Kommunen gefordert. "Ich weiß jedoch nicht, wie wir diesen Kraftakt meistern können – weder finanziell noch aus Gründen der Kapazität in der Verwaltung. Und auch wie die Bürger diese Einschnitte im Winter verkraften werden, ist fraglich." Bisher blieb die Gemeinde in der Unterbringung von Flüchtlingen gut aufgestellt. Friesenheim habe seine Zahlen immer mehr als erfüllt. Noch stünden einige Plätze frei. Die gesamte Entwicklung in der Aufnahme von Flüchtlingen betreffe auch die Kapazitäten in den Kindergärten und Schulen. Aus Weide sprach eine gewisse Resignation: "Irgendwann geht es einfach nicht mehr." Vieles ließe sich mittlerweile nicht mehr umsetzen.

Dass die Kommune auf keine rosigen Zeiten zusteuert, ließ auch Rechnungsamtsleiter Joachim Wagner im Hinblick auf den zu erwartenden Haushalt 2023 durchblicken. "Abschätzen lässt sich nichts", so Wagner. Es fehlten Zahlen aus den Novembersteuerschätzungen, die in der Regel Grundlage für die Haushaltsberatungen im Oktober seien. Seit Jahrzehnten hält der Gemeinderat im Dezember den Haushaltsplan für das kommende Haushaltsjahr in den Händen. "Ob wir den Haushaltsplan für 2023 schon in diesem Jahr unter Dach und Fach bekommen, steht in den Sternen", erklärte Weide. Am Samstag, 29. Oktober, sind die Haushaltsberatungen für 2023 für die Gemeinde geplant.

Platz für 150 Menschen im »N40«

Das ehemalige Militärgebäude "N40" liegt auf der Gemarkung von Friesenheim/Schuttern. 2015 wurde das Gebäude für die ersten Flüchtlinge bezugsfertig gerichtet. Im Gebäude, das auf 150 Personen auf drei Etagen ausgerichtet ist, stehen knapp 90 Zimmer zur Verfügung. Im August 2016 wurde es wieder geschlossen, weil die neue Gemeinschaftsunterkunft des Kreises "Am Bahnhof" in Friesenheim fertig geworden ist. Seit 2017 liegt aus dem Gemeinderat ein mehrheitliches Baurecht zur möglichen Reaktivierung des "N40"-Gebäudes zur Unterbringung von Flüchtlingen vor. Bereits 2020 wurde das Gebäude als Unterbringung für Covid-19-Fällen aus den Gemeinschaftsunterkünften in Friesenheim und Lahr genutzt.