Als Vorsitzender des BLHV-Kreisverbands Wolfach weiß Ulrich Müller bestens über die aktuellen Sorgen und Nöte der Landwirte Bescheid – beispielsweise austrocknende Flächen. Foto: Kleinberger

Klimawandel im Kinzigtal. Wasser fehlt überall. "Flächen können sich nicht erholen." 

Mittleres Kinzigtal - Die Trockenheit und die Wärme insbesondere in den vergangenen drei Jahren haben den Böden in der Region stark zugesetzt. Vor welche Herausforderungen stellen die klimatischen Veränderungen die hiesigen Landwirte – und was können sie tun?

Der Vorsitzende des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbands für den Kreis Wolfach, Ulrich Müller, blickt auf seine eigenen Wiesen. "Es ist schon extrem, dass innerhalb weniger Tage alles so braun wird." Nicht nur rund um den Ramsteinerhof im Fischerbacher Hintertal, sondern überall in der Region bietet sich das gleiche Bild: Trockene Wiesen, verbrannte Flächen. Und das ändert sich auch nicht, obwohl es dieses Jahr immer wieder regnet.

Die Regenfälle sind zwar eine kleine Erleichterung, können aber kaum helfen. Das stetige Auf und Ab sowie die längeren Trockenperioden "macht auf Dauer kein Baum und keine Wiese mit", so Müller. Außerdem werden seiner Beobachtung nach die punktuellen Niederschläge schlimmer: Platzregen oder Unwetter, die sich kurzfristig bilden und punktuell abregnen.

Grasnarbe ist regelrecht verbrannt

Das größte Problem ist aber, dass es zunehmend trocken bleibt. "In den Wiesen gibt es viele Lücken, die Grasnarbe ist vielerorts verbrannt", macht er deutlich. Insgesamt sei die Lage sogar noch schlechter als im vergangenen Jahr. Der zweite Schnitt der Wiesen habe so gut wie keinen Ertrag gebracht. Die meisten seiner Kollegen rechnen mit einem Ernteertrag von etwa 40 Prozent gegenüber dem Zehnjahresschnitt, so Müller. "Die Flächen sind einfach fertig und können sich nicht erholen."

Viele der Landwirte in der Region haben ihren Viehbestand bereits reduziert und verfüttern das, was eigentlich für den Winter vorgesehen war. "Wenn der Herbst nicht gut wird, werden die Bestände wohl weiter vermindert", blickt er auf das weitere Jahr. Auch dieser Trend lässt sich insbesondere in den vergangenen drei Jahren beobachten.

Viele Landwirte sind auch Privatwaldbesitzer. Aus deren Sicht sei die Tanne gerade noch am besten aufgestellt, aber auch diese bekäme schon extreme Probleme, so Müller. "Wir müssen mit neuen Baumarten experimentieren, aber es gibt sicher nicht den einen Baum, der hundertprozentig passt."

In Sachen Waldbewirtschaftung fordert Müller für die Zukunft ein Umdenken. Seiner Ansicht nach sollte die Festmeterzahl pro Hektar gesenkt werden. Fichten stehen beispielsweise sehr eng, wodurch kaum Licht bis zum Boden durchdringt. Dort wächst dann nichts mehr. "Die Bestände müssen ausgedünnt werden, damit der Boden bewachsen ist", meint Müller. "So trocknet dieser nicht ganz so schnell aus." Die Beschattung des Bodens sei wichtig.

Über allem schwebt bei den Landwirten die bange Frage: "Wie sollen wir das in Zukunft machen?", berichtet Müller. Gerade diejenigen, die keine weiteren Ertragszweige haben, müssen sich umsehen – in diesem Fall wird die Lage schnell existenzbedrohend. Übrigens auch in Sachen Trinkwasser: Wer seinen Hof über eigene Quellen versorgt, ist teils schon jetzt damit konfrontiert, dass diese trocken fallen. Positiv sei, dass die Wissenschaftler in allen möglichen Bereichen forschten und insgesamt neue Strategien erprobt werden.

Ein aktuelles Beispiel sei die Nachsaat, um die Fläche zu erhalten. Das sei gerade für die Landwirte, die von ihrem Grünland leben, wichtig. Gleichzeitig kommt da aber wieder die anhaltende Trockenheit ins Spiel. "Wie soll das funktionieren, wenn der Regen fehlt?", fragt Müller.

Engerlinge entwickeln sich zu neuer Bedrohung

Darüber hinaus kommen neue Herausforderungen auf die Landwirte in der Region zu. Wie berichtet, haben kürzlich Bauern im Nordrachtal Alarm geschlagen, weil Engerlinge des Junikäfers ihnen knapp unterhalb der Grasnarbe die Flächen kahl fressen. Das ist offenbar keine lokal eingegrenzte Entwicklung, auch im Kinzigtal gibt es erste Schäden.

"Wir müssen schauen, wo das herkommt und wo es auftritt", sagt Müller. Unklar sei auch, ob diese Engerling-Plage mit dem Klimawandel zusammenhänge oder ob dabei andere Faktoren eine entscheidende Rolle spielen.

Im Wald ist die Lage nicht nur dramatisch, sondern dazu auch noch sehr komplex. Im Gespräch mit Ulrich Müller haben wir kurz die Sicht der Landwirte und Privatwaldbesitzer gestreift, auch was aus Sicht des BLHV-Vorsitzenden für die Zukunft zählen könnte. In die Herausforderungen im Forst steigt unsere Sommerserie voraussichtlich im nächsten Teil noch einmal tiefer ein. Silke Lanninger, Leiterin des Forstbezirks Wolfach, hat unserer Redaktion berichtet, wie es dem Wald in der Region geht – und wie es mit ihm weitergehen kann.