DIA-Vorsitzende Simone Schermann mit Michael Stürzenberger: "Sie hat sich vor den Karren spannen lassen", sagt ihr Vorgänger Martin Groß. Screenshot: fx

Deutsch-Israelischer Arbeitskreis: Wirbel um Auftritt der Vorsitzenden Simone Schermann bei Pax Europa

Ettenheim/Lahr - Der Auftritt von Simone Schermann, Vorsitzende des Deutsch-Israelischen Arbeitskreises, bei einer Kundgebung des rechtspopulistischen Vereins Pax Europa sorgt für Kritik. Schermanns Vorgänger spricht von einer "politisch prekären Situation".

Als Michael Stürzenberger am 4. Oktober auf dem Lahrer Sonnenplatz aufschlug, um seine islamkritischen Thesen unter die Leute zu bringen, formierte sich Widerstand. Rund 100 Menschen sangen gegen die per Lautsprecher verbreiteten Parolen des Rechtspopulisten an. Man war gewarnt.

Stürzenberger, der bereits wegen Volksverhetzung verurteilt wurde und unter Beobachtung des bayerischen Verfassungsschutzes steht, hatte schon 2018 als Redner der Bewegung Pax Europa für Unruhe in der Lahrer Innenstadt gesorgt. Nicht zuletzt dank der Polizei, die mit einem Großaufgebot vor Ort war, verliefen die Kundgebung und der Protest dagegen in diesem Jahr größtenteils friedlich. Lediglich zwei Anzeigen wegen Beleidigung hatten die Beamten zu notieren. Und doch hat das Ganze ein Nachspiel.

Der Chor der "Gegensänger" wurde dirigiert von Martin Groß, von 1999 bis 2018 Vorsitzender des Deutsch-Israelischen Arbeitskreises am südlichen Oberrhein (kurz: DIA). Auch Groß’ Nachfolgerin beim DIA, Simone Schermann, war bei der Kundgebung auf dem Sonnenplatz dabei. Allerdings stand sie nicht in den Reihen der Sänger, sondern auf der Seite Stürzenbergers. Eine Tatsache, die bei Groß für Befremden sorgt.

In einer E-Mail an Robert Krais, Mitgründer und Vize-Chef des DIA, die der LZ vorliegt, bittet Groß um ein klärendes Gespräch mit seiner Nachfolgerin. Er fordert, "dass Frau Schermann sich öffentlich erfahrbar von dieser Konsolidierung distanzieren möge". Andernfalls würde der DIA "bei seiner Arbeit unglaubwürdig werden". Denn: "Rechtspopulismus verträgt sich nicht mit den satzungsgemäßen Idealen des DIA, Rechtspopulismus hat nichts zu suchen bei der Pflege der Freundschaft zu Israel."

Gegenüber der LZ erklärt Groß, dass Schermann den islamfeindlichen Ausführungen Stürzenbergers zwar "nicht ausdrücklich zugestimmt", sie aber auch nicht kontrovers mit dem Pax-Europa-Vertreter diskutiert habe. Kurz gesagt: "Sie hat sich vor den Karren der Rechten spannen lassen."

Schermann zu Gespräch bereit

Bei Youtube ist ein Video der Kundgebung abrufbar. Darauf zu sehen: Schermann – erst mit der Israel-Flagge über den Schultern, dann in der Hand. Stürzenberger reicht ihr das Mikrofon und die DIA-Vorsitzende setzt zu einer Rede über zunehmenden Antisemitismus in Frankreich und Deutschland an, dem aus ihrer Sicht in beiden Ländern zu wenig entgegengesetzt werde. Viele Juden seien bereits ausgewandert, sagt Schermann, sie spiele mit dem Gedanken, es ihnen gleichzutun.

Er könne nachvollziehen, "dass Juden sich bedroht fühlen, ein Zusammenschluss mit Rechten ist aber unmöglich", sagt Groß. Das müsse "dringend klargestellt" werden. "Ich hoffe, dass Frau Schermann Einsicht zeigt und Abstand nimmt vom Rechtspopulismus. Wenn nicht, ist sie nicht die Richtige für die Versöhnungsarbeit des DIA." Schermann habe sich und den Arbeitskreis "in eine politisch prekäre Situation begeben".

Die DIA-Vorsitzende teilte der LZ am Montag mit, dass sie wegen des "komplexen" Sachverhalts mehr Zeit für eine Stellungnahme brauche. Sie sei dialogbereit: Krais habe Groß bereits ein Gespräch angeboten, "bei dem auch ich anwesend sein werde".

Info: Einst im Vorstand der jAfD

Martin Groß trat im Mai 2018 nicht mehr zur Wahl um den Vorsitz des Deutsch-Israelischen Arbeitskreises am südlichen Oberrhein an – und aus dem Verein aus. Seine Nachfolgerin wurde Simone Schermann. Seitdem haben viele Mitglieder dem DIA mit Sitz in Ettenheim den Rücken gekehrt. Darunter: Ettenheims Ehrenbürgerin Margret Oelhoff und der ehemalige Schulamtsdirektor Achim Schwab. Vor allem Schermanns bedingungslose Unterstützung des Staats Israel sorgten für Unmut. Kritik löste zudem ihre Mitgliedschaft im Vorstand der im Oktober 2018 gegründeten JAfD aus, der Jüdischen Bundesvereinigung in der AfD, aus der die Freiburgerin eigenen Angaben zufolge nach zwei Monaten wieder austrat (wir berichteten).