Ettenheims Bürgermeister Bruno Metz. Foto: Gemeinde

Corona-Pandemie: Ettenheims Bürgermeister spricht über die Vor- und Nachteile von digitalen Ratssitzungen

Ettenheim - Alle Gemeinden der südlichen Ortenau haben inzwischen ihre Geschäftsordnung so geändert, dass öffentliche Gemeinde- und Ausschusssitzungen auch digital stattfinden können – vorausgesetzt die Öffentlichkeit kann über einen Bildschirm daran teilnehmen. Umgesetzt wird das seit Jahresbeginn aber lediglich in Ettenheim. Die LZ wollte von Bürgermeister Bruno Metz wissen, was ihn zur Umstellung bewogen und welche Erfahrungen er bislang damit gemacht hat.

Herr Metz, was hat die Stadt Ettenheim dazu bewogen, die Sitzungen von "persönlich" auf "digital" umzustellen?

Wir alle sind aufgerufen, so wenig persönliche Kontakte wie möglich zu haben. Dies gilt für alle Lebensbereiche. Ich bin dankbar, dass das Land den Kommunen für die Beratung und Beschlussfassung von Gegenständen einfacher Art die Möglichkeit für digitale Sitzungen gegeben hat.

Gremiensitzungen sind bei uns oft in zwei Stunden bewältigt. Es gibt aber auch zum Beispiel nach dem ersten Lockdown recht lange Sitzungen, die vier Stunden und länger dauern können. Trotz guter Durchlüftung kommt im Laufe eines Abends dann doch ein gewisses Unwohlsein hoch, wenn 27 Räte, fünf bis sechs Verwaltungsmitarbeiter und vielleicht externe Büros und Besucher – also unter Umständen bis zu 50 Personen – stundenlang im gleichen Raum sind. Daher ist für bestimmte Beschlüsse die Onlinealternative besser, da wir damit auch die Kontaktbeschränkungen im kommunalen Sitzungswesen umsetzen.

Wie sind Sie dann an das Vorhaben "digitale Sitzungen" herangegangen?

Wir haben die anstehenden Beratungsthemen des ersten Halbjahres notiert und eine Einteilung vorgenommen, in welcher Form die dazu notwendigen Beschlüsse gefasst werden können. Neben den Möglichkeiten von Eilentscheidungen oder Beschlüssen im schriftlichen Verfahren haben wir dabei vor allem die Elemente der digitalen Beschlussfassung untersucht und festgestellt, dass dieses Format zahlreiche Präsenzsitzungen ersetzen kann.

Die großen und wichtigen Entscheidungen werden grundsätzlich im Gemeinderat getroffen. So haben wir die Ausschüsse, das waren in diesem Jahr Haushaltsausschuss, Bau-, Umwelt und Technikausschuss und Verwaltungs-, Kultur- und Sozialausschuss allesamt online einberufen. Somit konnten die Ratsmitglieder wie auch die Verwaltungsmitarbeiter entweder von ihrem Büro oder von zu Hause aus die Beratungen begleiten.

Wie groß war der Vorbereitungsaufwand?

In Corona-Zeiten haben wir so oder so einen großen Aufwand. Die physischen Sitzungen finden während der Corona-Zeit in der Stadthalle statt. Da muss viel Technik aufgebaut werden. Aufgrund der Raumgröße hatten wir jeweils eine mobile Mikrofonanlage gemietet und aufgebaut. Auch das hat Arbeit gemacht, die größer ist als die Vorbereitung einer digitalen Sitzung.

Hat die Technik bei den digitalen Sitzungen immer mitgespielt?

Anfangs war es Neuland. Da brauchte es natürlich auch etwas zusätzliche Zeit. Inzwischen funktioniert es aber reibungslos. Die Verbindungen funktionieren meist. Natürlich gibt es immer wieder mal, dass jemand kurzzeitig nicht zu hören ist, dass ein Bild wackelt. Das kenne ich aber aus anderen Meetings auf unterschiedlichen Plattformen und aus ganz unterschiedlichen Ecken im Land.

Wie schwierig war es, sich daran zu gewöhnen, den Ratskollegen nicht persönlich, sondern nur am Computer gegenüberzusitzen?

Nachdem ich schon eine ganze Fülle von Online-Meetings in verschiedenster Zusammensetzung hatte, war es für mich nicht neu. Dennoch ist es als Sitzungsleiter manchmal ein bisschen schwierig, die Übersicht zu behalten, weil die Bilder, selbst wenn sie fest gepinnt sind, im Sprechermodus wechseln oder wenn jemand mal kurzzeitig das Bild ausschaltet und dann wieder woanders auftaucht. Die Übersicht ist in der Präsenzsitzung gerade bei Abstimmungen deutlich besser. Aber es funktioniert.

Vermissen Sie etwas bei den digitalen Sitzungen?

Was ich vermisse? Die Atmosphäre einer Präsenzsitzung ist natürlich anders als übers Internet, auch emotionaler – und das darf es ja sein im demokratischen Wirken. Online geht es oft konzentrierter, vielleicht auch manchmal ein bisschen sachlicher zu.

Aber die Gefühlsregung und vieles mehr, was in der physischen Sitzung deutlich wird, hat aus meiner Sicht auch einen Wert und gehört dazu. Das vermisse ich manchmal. Und was mir definitiv fehlt, sind unsere Nachsitzungen.

Info

Aktuell nimmt die Öffentlichkeit bei den digitalen Sitzungen in Ettenheim über einen Bildschirm im Bürgersaal teil, muss also physisch anwesend sein. Man arbeite daran das, gerade hinsichtlich der datenschutztechnischen Gründe zu ändern, erklärte Metz.

"Verschiedene Wege wurden diskutiert. Einen, der alle zufrieden stellt, ist leider noch nicht gefunden." Allerdings sind Besucher und Pressevertreter kürzer vor Ort als die Räte, da sie nur am öffentlichen Teil der Sitzung teilnehmen. Auch sind sie in der Regel weniger Personen. Somit ist ihr Infektionsrisiko geringer.