Dieses Schreiben erreichte vergangene Woche einen Unternehmer aus Ettenheim. Ein angeblicher Bank-Mitarbeiter aus Hongkong verspricht ihm darin ein Millionenerbe. Der Brief lag bereits im Papierkorb, jetzt hat ihn die Polizei. Foto: privat

Betrug: Ettenheimer erhält dubioses Angebot aus Hongkong / Polizei rät dringend: "Auf nichts einlassen"

Ettenheim - Eine perfide Betrugsmasche ist nun auch in der südlichen Ortenau angekommen: Einem Ettenheimer Unternehmer wurde in einem Schreiben ein Millionenerbe in Aussicht gestellt. Die Polizei warnt davor, auf solche Angebote einzugehen.

E-Mail oder Anruf genüge

Carsten Belke (Name von der Redaktion geändert) staunte nicht schlecht, als er vergangene Woche ein Schreiben der Dah Sing Bank aus Hongkong aus seinem Briefkasten fischte. In äußerst holprigem Deutsch teilte ein angeblicher Mitarbeiter des Geldinstituts mit, dass schon seit 2004 mehr als 62 Millionen US-Dollar – umgerechnet rund 52,5 Millionen Euro – auf einem Konto schlummerten.

Der Inhaber, "ein Wirtschaftsmagnat", sei mit seiner "unmittelbaren Familie" bei einem "schweren Autounfall" ums Leben gekommen. Damit das Geld nun nicht an "oberste Beamte einiger Finanzinstitute" geht, schreibt der Absender, habe er sich auf die Suche nach Menschen gemacht, die den Nachnamen des reichen Erblassers tragen.

So sei er auf Belke gestoßen. Ob der sich vorstellen könne, sich als Verwandter auszugeben und "zu 100 % Prozent legal und risikofrei" den Betrag überwiesen zu bekommen? Wenn ja, werde man sich um alle Details kümmern, E-Mail oder Anruf genüge.

Wer hat nicht schon einmal davon geträumt, irgendwo einen bis dato unbekannten reichen Verwandten zu haben, der einem unverhofft einen warmen Geldsegen hinterlassen hat – Betrüger versuchen schon lange, sich diese heimliche Sehnsucht zunutze zu machen.

Bei Carsten Belke waren sie erfolglos. "Ich bin schon nach ein paar Minuten Internet-Recherche auf mehrere Meldungen ähnlicher Fälle gestoßen und wusste, dass dieses Angebot nicht seriös sein kann. Die Bank gibt es tatsächlich, den Mitarbeiter wohl eher nicht. Es geht nicht darum, Leute reich, sondern arm zu machen", sagt der Ettenheimer.

Die Masche gibt es in unzähligen Varianten

Eine Einschätzung, die Wolfgang Kramer von der Polizei in Offenburg teilt, wie er gegenüber der LZ erklärt: "Die Masche gibt es in unzähligen Varianten, der Ablauf ist immer der gleiche: Nimmt man Kontakt zum Absender auf, macht der einem weis, dass man in Vorleistung gehen muss, etwa für Transaktionsgebühren oder Notarkosten." Überweise man einmal, würden meist weitere fadenscheinige Gründe für immer neue Zahlungen gesucht. Manch vermeintlicher Erbe wurde so in der Vergangenheit um sein Erspartes gebracht (siehe Info).

Der hiesigen Polizei sind Schreiben wie das, das Belke erhalten hat, bekannt, obschon der Ettenheimer Fall zwei Besonderheiten aufweist. Zum einen werden solche dubiose Angebote meistens per E-Mail versandt. Die kostet kein Porto und die Adressen sind relativ leicht herauszufinden.

Zum anderen kam ein zweiter, identischer Brief zeitgleich an Belkes früherem Wohnsitz in Friesenheim an. Dass die Betrüger seine aktuelle Anschrift recherchieren konnten, verwundert den Firmeninhaber nicht, die alte Anschrift jedoch gebe es schon Jahre nicht mehr.

"Das war sehr befremdlich." Auch deshalb holte Belke den Brief, den er bereits in den Papierkorb geworfen hatte, wieder hervor, um ihn am Dienstag beim Ettenheimer Polizeiposten abzugeben, "und so andere zu warnen".

Die Beamten zeigen sich dankbar für den Hinweis, ermitteln werden sie laut Kramer aber nicht: "Das Schreiben ist geschickt formuliert, es enthält lediglich die Bitte, Kontakt aufzunehmen, aber noch keine Zahlungsaufforderung."

Man spricht von einer sogenannten Vorbereitungshandlung zu einem späteren Betrug. Heißt: Es liegt keine Straftat vor, auch keine versuchte. Deshalb weiß Kramer auch nicht zu sagen, wie oft solche Briefe in der Region ankommen: "Diese Fälle werden nicht erfasst." Weil zudem davon auszugehen sei, dass viele Schreiben gleich im Müll landen, "dürfte die Dunkelziffer sehr hoch sein". Der Polizist rät zu einem "gesunden Misstrauen, alles immer ganz genau durchzulesen und sich auf nichts einzulassen". Wer unschlüssig ist, ob er tatsächlich etwas geerbt oder auch gewonnen hat, "kann sich jederzeit Rat bei den Kollegen vor Ort holen".

Die LZ hat zu Recherchezwecken ausnahmsweise getan, was in dem Brief verlangt wurde. Auf eine Antwort wartete man bis Redaktionsschluss vergeblich. Weder auf eine E-Mail noch auf einen Anruf gab es eine Reaktion aus Hongkong.

Info

Ob aus Naivität, Gier oder einer Mischung aus beidem – Fakt ist: Immer wieder fallen Menschen auf angebliche Erb- oder Gewinnversprechen herein. In den Meldungen über erfolgreiche Betrügereien geht es oft um Kleinbeträge, bisweilen kann der Schaden, den die Ganoven anrichten, aber auch riesig werden: So saß bereits im Jahr 2011 ein Münchener Autohändler der "Nigeria-Connection" auf.

Er überwies der afrikanischen Bande, die den Trick mit den Falschmitteilungen erfunden und diese massenweise verschickt haben soll, sage und schreibe 500. 000 Euro als "Vorgebühr" für eine Erbschaft. In Bochum wurde ein Betrugsopfer 2019 in einem ähnlichen Fall von einem angeblichen Anwalt um 110. 000 Euro erleichtert.