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Landrat Scherer nimmt Stellung zum Ettenheimer Krankenhaus / Probleme beim Personal erwartet

Ettenheim - Wird die Ettenheimer Klinik dichtgemacht, damit sein Personal andernorts die Behandlung von Corona-Patienten sicherstellen kann? Diese Frage hat vergangene Woche den Bürgermeister bewegt. Nun gibt es eine Antwort des Landrats

Schließung noch nicht absehbar 

"Eine vorübergehende Schließung ist für die Klinik in Ettenheim zum jetzigen Zeitpunkt nicht erforderlich", stellte Frank Scherer am Dienstagabend auf LZ-Nachfrage klar. "Dies kann sich indessen dann ändern, wenn sich die derzeit sehr dynamische Lage weiterhin entsprechend entwickelt."

Hintergrund: Seit Montag ruht der Betrieb im Oberkircher Krankenhaus, zunächst bis 30. Mai. Per Eilentscheidung hatte der Landrat das Personal nach Achern beordert, wo eine zweite Intensivstation für die befürchtete Welle von schweren Corona-Fällen eingerichtet wurde (wir berichteten). Dass Scherer in diesem Zusammenhang eine zeitweilige Schließung weiterer Standorte des Ortenau-Klinikums in Aussicht stellte, hatte Ettenheims Rathauschef Bruno Metz alarmiert; er wandte sich am Montag sowohl an Klinik-Geschäftsführer Christian Keller als auch an Scherer, um über die weiteren Pläne informiert zu werden.

Metz stellte Ungereimheiten zur Kliniksituation dar 

Gegenüber der LZ hatte Metz vergangenen Freitag zwar Verständnis dafür gezeigt, ein breites Behandlungsspektrum mit Intensivbetten und Beatmungsplätzen vorzuhalten (siehe Info). Allerdings störte er sich an der Tatsache, dass die Landesregierung parallel dazu in den Kommunen nach Ausweichquartieren für Patienten ohne Intensivbehandlung, etwa Jugendherbergen und Tagungsräumen, sucht.

Scherer versicherte nun, dass "im Falle eines Überlaufs an stationären Fällen" zunächst geschlossene Standorte des Klinikverbunds reaktiviert würden. Sollte dies nicht ausreichen, "werden von uns – in Übereinstimmung mit den Vorgaben des Landes – auch Rehakliniken für die Versorgung leichter stationärer Fälle eingeplant". Weitere Unterkünfte wie Hotels oder Heime würden im Krisenstab derzeit aber auch geprüft.

Personal könnte zum Problem werden

Die (mögliche) Schließung kleinerer Krankenhäuser im ersten Schritt begründet der Landrat mit der "sehr personalintensiven" Behandlung von Corona-Patienten: "Bei dezentralen Lösungen ist die in dieser Krisensituation erforderliche Infrastruktur nicht gleichermaßen darstellbar beziehungsweise aufrecht zu erhalten."

Grundsätzlich, wird in Scherers Stellungnahme deutlich, sieht der Landrat weniger ein Problem bei den Raum- als bei den Mitarbeiterkapazitäten kommen. Es sei davon auszugehen, dass die Ressourcen aufgrund von Infektionen schwinden. Deshalb werde man im weiteren Verlauf der Pandemie "voraussichtlich auf die Unterstützung der Sanitätsdienste, der Bundeswehr und Freiwilliger mit medizinischen Vorkenntnissen angewiesen sein", prognostiziert Scherer.

  • Info: Vorbereitung nach Vorgabe 

Richtige Strategie:  Mit der Maßgabe, die Spezialkapazitäten an den größeren Klinikstandorten Achern, Lahr und Offenburg zu bündeln, geht der Ortenaukreis konform mit den Vorgaben der Deutschen Krankenhausgesellschaft.

Dernach soll es im Zuge der Corona-Pandemie "weitere, mit zusätzlicher Medizintechnik und verfügbarem Personal ausgestattete Stationen geben, die intensivere Behandlungsmöglichkeiten bieten, als dies üblicherweise auf Normalstation der Fall ist". Behandlungskapazitäten sollen so aufgerüstet werden, "dass wir deutlich mehr schwer kranke, auch beatmete, Patienten behandeln können".

Gute Quote: Weil das Coronavirus vor allem die Lunge in Mitleidenschaft zieht, braucht es für Patienten mit schweren Krankheitsverläufen insbesondere Beatmungsplätze. Das Ortenau-Klinikum hat die Zahl seiner Beatmungsplätze nach eigenen Angaben mittlerweile von knapp 40 auf gut 100 mehr als verdoppelt.

Damit liegt man deutlich über dem Bundesschnitt. Laut der Krankenhausgesellschaft gab es vor Corona in Deutschland insgesamt 28 000 Intensivbetten, davon 20 000 mit Beatmungsmöglichkeit. Aktuell seien es 40 000 Intensivbetten mit etwa 30 000 Beatmungsplätzen.