Ettenheim - Die Debatte um die Klinik-Zukunft in der Ortenau wurde durch einen gemeinsamen Antrag von fünf Kreistagsfraktionschefs neu befeuert. Doch wer hat das Schreiben verfasst? Die Spur führt ins Ettenheimer Rathaus – und wieder hinaus.

Keine Frage: Das vierseitige Papier, das am Freitag an Landrat Frank Scherer und Ortenau-Klinikum-Chef Christian Keller versendet wurde (wir berichteten), hat Sprengkraft. Vielleicht sogar so viel, die Agenda 2030 doch noch zu kippen oder sie zumindest wieder aufzubrechen. Die im vergangenen Jahr unter viel Getöse beschlossene Klinikreform sieht vor, die Krankenhäuser in Kehl, Oberkirch und Ettenheim bis 2030 zu schließen. Doch zu welchem Preis? Kurz vor der Sommerpause musste Scherer die Kosten-Bombe platzen lassen. Statt 500 Millionen könnte die Zentralisierung des Ortenau-Klinikums an vier Standorten 1,3 Milliarden Euro teuer werden.

Das lässt nun die Fraktionschefs – nachvollziehbarer Weise – nachfragen, ob es vielleicht nicht doch sinnvoller wäre, weiter zu machen wie bisher. Also statt in Offenburg und Achern neu zu bauen und Lahr zu erweitern, die Betandshäuser aufzuwerten und weiterzubetreiben.

Der Landrat hat seine Zweifel

Letzteres Szenario wäre ganz nach dem Geschmack der Städte, die der Agenda zufolge in wenigen Jahren ohne Krankenhaus dastehen. Eine Frage scheint deshalb zumindest nicht aus der Luft gegriffen: Sind es tatsächlich die Vorsitzenden, die da nachhaken oder kommt der Antrag aus der Feder eines anderen?

Auch Landrat Scherer beschäftigt dieses Thema, wie sich bei einer Pressekonferenz am Montag zeigte (siehe dazu Berichterstattung auf der Seite Ortenaukreis). Mehrfach deutete der Kreis-Chef an, dass er hinter dem Schreiben Gegner der Klinikreform vermutet. Viele der aufgeworfenen Punkte habe er bereits in der Vergangenheit ausführlich beantwortet, namentlich gegenüber Oberkirchs Oberbürgermeister Matthias Braun und Ettenheims Bürgermeister Bruno Metz. Beides bekanntlich große Kämpfer für ihre Kliniken. Recherchen zeigen: Scherers Vermutung ist so unbegründet nicht.

Unterschrieben ist der Antrag, der der Lahrer Zeitung als PDF-Dokument vorliegt, von Wolfgang Brucker (CDU), Kai-Achim Klare (SPD), Valentin Doll (Freie Wähler), Alfred Baum (Grüne) und Carsten Erhardt (FDP). Allesamt Fraktionschefs ihrer Parteien im Kreistag. Schaut man sich die Datei etwas genauer an, entstehen Zweifel, dass die Urheberschaft des Antrags tatsächlich bei den Fünfen liegt. Unter den (virtuellen) Eigenschaften findet man den Titel "Stadtverwaltung Ettenheim" und in der Verfasser-Zeile den Namen einer Person, die im Ettenheimer Rathaus arbeitet. Hat Metz tatsächlich den Ghostwriter gegeben, um die Agenda zu torpedieren?

Er selbst war am Montag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Der CDU-Chef im Kreistag indes schon. Wolfgang Bruckers Erklärung für den Urherber-Wirbel: "Bequemlichkeit". Grundsätzlich ziehe er bei Fragen zu einem bestimmten Thema den Sprecher seiner Fraktion im jeweiligen Ausschuss zurate. In Sachen Krankenhäuser ist das der Ettenheimer Rathauschef. "Bruno Metz war so freundlich, mir einige Punkte in einer E-Mail aufzulisten."

Einiges übernommen, einiges nicht

Diese habe er der Einfachheit halber als Word-Dokument abgespeichert und gemeinsam mit den Kollegen Klare und Doll weiter bearbeitet, sagt Brucker. "Da haben wir alle drin rumgeschrieben." Einiges von Metz sei beibehalten worden, einiges nicht. Am Ende habe er das Ganze als PDF abgespeichert. Dabei müsse wohl die Signatur aus Ettenheim übernommen worden sein, erklärt Brucker. Jedenfalls: "Unser Antrag, den wir dann mit den Grünen und der FDP abgesprochen haben, ist deutlich umfangreicher als die ursprünglichen Ausführungen von Bruno Metz."

Dass der Landrat Überschneidungen mit bereits aufgeworfenen Fragen sieht, verwundert Brucker nicht: "Da ist vieles im Fluss, manche Antworten wurden schon gegeben, manche werden noch kommen."

Info: "Wollen einiges klarstellen"

Die Unterzeichner des Antrags zur Zukunft des Ortenau-Klinikums laden auf heute, Dienstag, zu einem Pressegespräch in den Schwanauer Bürgersaal ein. Laut Wolfgang Brucker gibt es "einiges klarzugestellen, das rund um den Antrag herumgeistert".