Der Vorstand des noch jungen Vereins Kulturschmiede Südbaden, der jetzt das Rockcafé in Altdorf betreibt (von links): Lars Hummel, Lukas Gänshirt, Philipp Gänshirt sowie Mario Fehrenbach. Archivfoto: Decoux Kone Foto: Lahrer Zeitung

Interview: Gespräch mit den Rockcafé-Machern des neuen Vereins Kulturschmiede Südbaden

Altdorf. Nachdem die Gastronomen Jasmin Kern und Michael Rusche im Frühjahr nach drei Jahren den Betrieb des Rockcafé Altdorf abgaben, erhielt ein neu gegründeter Verein von jungen Leuten aus Ettenheim und Umgebung den Zuschlag von Besitzer Markus Müller. Die Kulturschmiede Südbaden e.V. wird das Lokal im Gewerbegebiet Ettenheim-Altdorf, das noch ein bisschen den Charme einer 80er-Jahre-Disko besitzt, wie gewohnt freitag- und samstagabends mit Livemusik bespielen – sie hat aber auch neue Ideen für die Location. Wir sprachen mit dem Vorstand des jungen Vereins.

Wie kam die "Kulturschmiede" zustande und was sind Ihre Pläne?

Lars Hummel: Ich dachte schon vor dreieinhalb Jahren, als Markus Müller zum ersten Mal gesagt hat, er will mit dem Rockcafé aufhören: Wäre doch toll, da was zu machen. Als Musiker hatte ich auch die Idee für ein eigenes kleines Festival. Als man uns jetzt angesprochen hat, war das für uns der Startschuss: O.k., jetzt nicht immer nur reden, sondern einfach mal machen! Lukas Gänshirt: Da kam bald die Idee, einen Verein zu gründen und nicht nur das Rockcafé zu führen, sondern auch eigene Festivals und kleinere Benefiz-Konzerte zu veranstalten. Hummel: Prinzipiell haben wir uns der Förderung von Kunst und Kultur verschrieben, als weitgreifende Begriffe. Wir haben in der Gegend zum Beispiel richtig begabte Künstler. Warum nicht mal die Möbel aus dem Laden räumen und eine Woche eine Kunstausstellung machen? Mario Fehrenbach: Wir hatten auch die Idee für eine Live-Graffity-Ausstellung, wo wir Wände aufstellen und eine Fläche bieten. Die Leute könnten auch live dabei sein, und sehen, wie so etwas entsteht. Und wir wollen eine Art offene Bühne veranstalten. Gänshirt: Oder auch Poetry-Slams. Prinzipiell ging es allen im Verein darum, für Vieles eine Plattform zu bieten, weil es genau daran oft scheitert. Ein wichtiger Grund, das zu machen, ist aber auch, dass die Leute den Arsch von der Couch bekommen und nicht vor dem Fernseher sitzen. Hummel: Und es ist auch unser eigener kleiner Schritt gegen das Clubsterben, das hier im Südwesten gerade stattfindet.

Wird das Rockcafé auch abseits vom derzeitigen Freitag- und Samstagabend geöffnet sein?

Hummel: Da die meisten von uns 40 Stunden die Woche arbeiten, wird das schwierig. Auf dem Plan steht auf jeden Fall, auch Workshops anzubieten. In Lahr gibt es zum Beispiel einen Kollegen, der bietet Cajon-Bau an. Den könnte man mal herholen. Es muss aber gut geplant sein, weil alles nebenher läuft.

Wächst der Verein schon?

Gänshirt: Da gibt es schon großen Zuspruch. Wir wollen natürlich auch ein Publikum bekommen, das sich für die Vereinstätigkeit interessiert und nicht nur am Abend wegen der Musik kommt. Wir sind letztlich in allem, was wir machen, davon abhängig, wie viele aktive Mitglieder sich einbringen.

Wie finanzieren Sie den Betrieb?

Fehrenbach: Die Miete vom Rockcafé finanzieren wir aus dem Barbetrieb. Die Mitgliedsbeiträge werden ausschließlich für die Vereinszwecke genutzt, etwa für Workshops, wo wir dann sagen: Wir haben jetzt Geld zusammen und finanzieren dafür beispielsweise das Material. So geben wir dann auch etwas von dem Geld zurück.

Sie sind altersmäßig eine junge Gruppe. Wird jetzt auch das Publikum im Rockcafé jünger?

Hummel: Das Schöne im Rockcafé ist doch: Ich kann zu jeder Zeit in den Laden reinkommen und da ist immer ein gemischtes Publikum. Vor Kurzem war einer hier, der hat seinen 88. Geburtstag mit zwei Freunden gefeiert. Es spielt keine Rolle, wie alt jemand ist. Und ich glaube, das macht auch den Charme und das Flair des Ladens aus. Das wollen wir beibehalten.

Übers Musikprogramm kann man ja auch ein bisschen steuern, wer kommt. Was ist da geplant?

Hummel: Klar, der Laden heißt Rockcafé, das verbinden die meisten Leute mit Rock. Wir haben uns aber zum Ziel gesetzt, auch Künstlern eine Bühne zu bieten, die sonst nirgends eine bekommen. Ich bin ja ein eingefleischter "Metalhead", aber warum nicht bei uns mal einen Techno-Abend machen, bei dem Regionale Techno- und Elektro-DJs kommen können? Oder warum nicht einen Hip-Hop-Act holen? Da wollen wir frischen Wind reinkriegen. Gänshirt: Wo es sich noch eingrooven muss, ist, dass wir eben Pacht zahlen müssen. Dementsprechend haben wir uns geeinigt, dass wir den Freitag mit freiem Eintritt und "Hut", der auch sein Stammpublikum hat, beibehalten wollen. An den Samstagen werden wir bei Veranstaltungen, die vielleicht mehr Aufwand bedeuten, auch mal Eintritt verlangen. Hummel: Wir haben vorhin über verschiedene Generationen geredet. Was für uns aber auch ein Thema ist: Verschiedene Gesellschaftsschichten zusammenbringen. Das ist auch ein Grund warum wir gesagt haben: freitags ist der Eintritt frei. Wenn ich beispielsweise Hartz IV beziehe und jeden Cent dreimal umdrehen muss, kann ich hier unter Menschen kommen und etwas erleben, das vielleicht auch mal ein bisschen dem Herzen gut tut. Gänshirt: Es gab auch schon mehrere Bands, gerade Künstler, die normalerweise auf größeren Bühnen spielen, die ihre Hutgage zum großen Teil gespendet haben. So was motiviert uns natürlich und wir merken dann wieder, dass es sich lohnt, in Vorleistung zu gehen und den Mut aufzubringen, so etwas zu machen. Josie Giedemann: Auch Gäste nehmen die Fördermitgliedschaften wahr. Wenn man sie darauf anspricht, sind sie meistens interessiert und sitzen dann im Rockcafé mit Kugelschreiber und füllen die Beitrittserklärung aus.

In Ettenheim passiert kulturell ja gerade Einiges. Tritt man da auch in Konkurrenz?

Hummel: Das sehen wir nicht so. Wir haben doch alle dasselbe Ziel: dass die Leute aufstehen, rausgehen, aufeinander zugehen, was miteinander machen. Dafür sind wir da! Mario Fehrenbach: Wir denken eigentlich eher über Kooperationen nach. Gänshirt: Bei unserem Eröffnungsfest hat zum Beispiel der Fußballverein Altdorf gegrillt. Die haben dann was verdient und wir waren entlastet. Solche Kooperationen wollen wir öfters machen und da kann man über die Vereinskultur einiges erreichen. Hummel: So sind wir als Vorstand auch dran, mit anderen Vereinen Kontakte aufzubauen, beispielsweise mit dem Stud in Offenburg. Die haben vor einiger Zeit ein Mischpult von uns bekommen. Man hilft einander halt. Es geht darum, miteinander Dinge aufzubauen.  Die Fragen stellt Tina Thiel